Geesthacht. Politik diskutiert Lösungsmöglichkeiten. Viele Ideen werden angerissen, einige wieder verworfen. Aber wie geht es nun weiter?
Auf dem Wohnmobilstellplatz in Geesthacht sei es zur Straße hin zu laut, besagt das Lärmgutachten, das die Stadt in Auftrag gegeben hatte. Gezwungenermaßen, weil im Zuge von angestrebten baulichen Veränderungen aufgefallen war, dass keines existiert, aber notwendig ist. Für Geesthacht bietet sich nun die Wahl zwischen zwei Übeln. Entweder, auf die vom zu hohen Lärmpegel belasteten Stellflächen zu verzichten und damit auf Einnahmen, oder eine teure Lärmschutzwand zu errichten, bei der es Jahre dauert, bis sie sich durch Einnahmen amortisiert.
Im Ausschuss für Stadt- und Verkehrsplanung wurde das Thema jetzt beraten. Überraschend ergab sich ein neuer, hoffnungsvoller Ansatz: Was, wenn die Messung nicht wirklich aussagekräftig ist? Weil die Dezibelzahlen zu einem Zeitpunkt ermittelt wurden, der von der Verkehrsbelastung her gar nicht typisch ist für die Elbuferstraße?
Wohnmobilstellplatz Geesthacht: Gutachten befindet Platz als zu laut
Der Gedanke: Ein Grund für die gemessenen hohen Zahlen könnte sein, dass wegen des am 14. Februar abgerutschten Elbhanges in Lauenburg und den damit verbundenen Sperrungen bis hin zur dortigen Elbbrücke viel mehr Fahrzeuge als üblich am Stellplatz vorbeifuhren. So abwegig war die Idee nicht, denn das Büro Lärmkontor GmbH wurde von der Stadt mit der Erstellung des Gutachtens erst im Februar 2024 beauftragt.
Die Verwaltung konnte im Ausschuss nicht über das Datum der Messungen aufklären, versprach, sich die Akten noch einmal vorzuknöpfen. Doch nach Anfrage unserer Zeitung gibt es nun Klarheit: Das Abrutschen des Elbhanges hat nichts mit der Lautstärke am Wohnmobilstellplatz zu tun. So wurden dem Schallgutachter Daten aus einer von der Stadt beauftragten videogestützten Verkehrszählung vom 11. Mai 2023 zur Verfügung gestellt. Der Zähler stand etwas östlich versetzt zum Wohnmobilstellplatz an der Elbuferstraße.
Der meiste Verkehr fährt Richtung Grünhof-Tesperhude
Gezählt wurden von 0 Uhr bis 23.59 Uhr 2851 Fahrzeuge in Richtung Osten und 3159 Fahrzeuge in Richtung Westen, insgesamt 6010 Fahrzeuge. 1200 Fahrzeuge waren zwischen 8 und 12 Uhr unterwegs, zwischen 20 und 0 Uhr waren es noch 462 Fahrzeuge.
Die Verwaltung teilte weiter mit, dass zur Errichtung einer zwei Meter hohen Lärmschutzwand zur Straße ein Angebot einer Firma eingegangen sei. Die Wand müsse 25 Dezibel absorbieren können. Die Kosten lägen bei etwa 72.000 Euro. Hinzu kämen Ausgaben für Leistungen wie Bodengutachten oder die Kampfmittelfreigabe.
Der Wegfall von acht Stellplätzen würde 12.000 Euro Einnahmeverlust bedeuten
Dem entgegen stehen für die 16 Stellplätze Einnahmen aus den vergangenen acht Monaten in Höhe von 14.400 Euro. Bezogen auf das gesamte Jahr und die Hauptsaison rechnet die Verwaltung mit möglichen Einnahmen in Höhe von bis zu 30.000 Euro, etwa 1500 Euro je Stellplatz. Die Gebühr liegt bei 7 Euro am Tag.
Der Wegfall der von Straßenlärm beeinflussten acht Stellplätze – nur die am Elbufer wären nicht betroffen – würde einen Verlust von jährlich etwa 12.000 Euro bedeuten. „Das entspricht bis zu 40 bis 50 Prozent des Gesamtumsatzes im Jahr. Und jährlich einem Sechstel der Kosten der Lärmschutzwand“, rechnete die Verwaltung vor.
Ein Tempolimit als Alternative zu einer Mauer scheidet aus
Die Einführung eines Tempolimits von 30 km/h vor der Adresse „Alter Schiffsanleger 777“ als Alternative zur Minderung der Lärmbelastung statt einer Lärmschutzwand scheidet aus. So etwas sei bei Kreisstraßen nur in Ausnahmen möglich, zum Beispiel bei anliegenden besonderen sozialen Einrichtungen, teilte die Verwaltung mit.
Es gibt weitere Möglichkeiten, die geprüft wurden. So könnte der Platz gesplittet werden, angezeigt durch die Aufstellung von Schildern. Für die acht Plätze direkt am Wasser würde sich nichts ändern, aber der andere Bereich wäre zum Parkplatz degradiert.
Zweiklassengesellschaft auf dem Platz dürfte für Ärger sorgen
Das Übernachten wäre dann zwar weiterhin zumindest einmalig gestattet. Aber bereits die Aufstellung von Campingstühlen bedürfe hier einer zusätzlichen Genehmigung. Verstöße könnten Bußgeld kosten. So eine Zweiklassengesellschaft dürfte zu Ärger führen.
Auf der einen Seite übernachteten die Wohnmobilisten dann mit allem Komfort, nur eine Fahrzeuglänge weiter müsste der, der auf der falschen Seite auf dem Parkplatz stehend auch nur seine Sonnenmarkise ausführe, bei einer Kontrolle mit einer Strafzahlung rechnen.
Juristische Folgen beim weiteren Abwarten befürchtet
Und es gibt noch eine Option, die erörtert wurde. Sie lautet schlicht: Füße stillhalten, gar nichts machen. Auch keine gute Idee, urteilte die Stadtverwaltung. „Durch das angeforderte Gutachten sind wir uns der Schallproblematik schriftlich bewusst geworden“, heißt es hierzu.
„Es ist daher wahrscheinlich, dass die Flächennutzungsplan-Änderung keine Genehmigung erhält, wenn wir die Auflagen ignorieren. Möglicherweise hätte die Nichterfüllung der Auflage auch juristische Folgen oder die Schließung des Platzes für Wohnfahrzeuge zum Resultat.“ Der Versuch, durch einen externen Planer beim Innenministerium eine Ausnahme für den Platz zu erwirken, sei nicht geglückt.
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Wohnmobilstellplatz ist de facto nur ein Parkplatz mit Zusatzzeichen
Das Schicksal des Stellplatzes wird noch eine weitere Runde im Ausschuss drehen. Vorerst darf er erhalten bleiben, weil das Verfahren zur B-Plan-Aufstellung läuft. Grundsätzlich gefährdet sei der Stellplatzstandort nicht, heißt es von der Stadtverwaltung. Gemäß Flächennutzungsplan handele es sich um einen Parkplatz mit Zusatzzeichen 1010-67 für Wohnmobile. Er unterliege aufgrund der Anzahl der möglichen aufzustellenden Wohnmobile dennoch der Campingplatzverordnung.
Und von dieser seien begrenzte Abweichungen möglich. Der Bau von zusätzlichen Gebäuden für sanitäre Einrichtungen seien nicht erforderlich. Ein grundsätzliches Verbot zur Ausweisung eines Wohnmobilstellplatzes an diesem Standort sei aus der Landesverordnung über Camping- und Wochenendplätze nicht zu entnehmen.