Geesthacht. Laut einem Gutachten hat der beliebte Platz für Wohnmobile in Geesthacht in seiner jetzigen Form keine Zukunft. Was passieren müsste.
Die angedachte Aufwertung des Geesthachter Wohnmobilstellplatzes wird zur unendlichen Geschichte. Inzwischen ist sogar der Fortbestand des seit Ostern 2012 bestehenden Platzes an der Elbuferstraße in Gefahr. Denn nach einem für die Erstellung eines Bebauungsplanes (B-Plan) erforderlichen Lärmschutzgutachtens können ohne teuren Lärmschutz nur rund die Hälfte der 16 Stellplätze für Wohnmobile in Geesthacht erhalten werden. Oder die Kommunalpolitik findet noch eine kreative Lösung.
„Was ist das für ein Quatsch? So was habe ich ja noch nie gehört. Das kann eigentlich nicht sein“, sagte Rüdiger Tonn (FDP), als er von unserer Redaktion von der jüngsten Entwicklung erfuhr. Tonn, der bei der Sitzung des Stadtplanungsausschusses nicht anwesend war, ist selbst leidenschaftlicher Wohnmobilist und begrüßt die eigentlich anvisierte Lösung, mit einer Schranke die Zufahrt zum Platz mit der Adresse „Alter Schiffsanleger 777“ besser zu regeln – also zuverlässig abkassieren zu können.
Zu laut: Zukunft des Wohnmobilstellplatzes in Gefahr
Doch als die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitiker sich erstmals mit der Schranke befassten, fiel auf, dass für das Areal an der Elbe gar kein B-Plan existiert. Im Flächennutzungsplan ist es als Parkplatz vorgesehen. 2021 forderte das schleswig-holsteinische Innenministerium die Stadt daher auf, den Wohnmobilstellplatz planungsrechtlich zu legitimieren. Selbst wenn außer einer Schranke baulich nicht viel verändert werden soll.
Doch nachdem das Verfahren Ende 2021 mit einem sogenannten Aufstellungsbeschluss angestoßen wurde und die Pläne 2023 mehrfach öffentlich ausgelegt wurden, begannen die Probleme. Die Auswertung der Stellungnahmen von den Trägern öffentlicher Belange ergab im Dezember: „Der Geesthachter Wohnmobilstellplatz muss wegen seiner Stellplatzanzahl rechtlich als Campingplatz mit strengeren Immissionsrichtwerten betrachtet werden“, erläuterte Hildegard Adamofski vom Fachdienst Stadtplanung den verdutzten Mitgliedern im Stadtplanungsausschuss.
Lärmschutzwerte am Tag und in der Nacht überschritten
Das schalltechnisches Gutachten sorgte für ein böses Erwachen. Durch den Verkehr auf der Elbuferstraße werden die zulässigen Lärm-Emissionswerte für Wohngebiete, die auch für Campingplätze als temporäre Schlafstätten gelten, im Bereich des Platzes überschritten, der nicht direkt am Wasser liegt. Und zwar sowohl am Tag als auch bei Nacht. Ohne eine zwei Meter hohe Lärmschutzwand sei dieser Teil als Abstellbereich für Wohnmobile nicht geeignet.
„Ohne Lärmschutz können wir acht oder neun Plätze erhalten, oder wir nehmen einiges an Geld in die Hand“, sagte Adamofski, die jedoch noch keine Summe nennen konnte. Die Politiker rechnen mindestens mit einem höheren fünfstelligen Betrag. Alternativ müsste ein Abstellverbot für Wohnmobile im vom Lärm betroffenen Bereich festgesetzt werden.
„Dann müssten viele Plätze umgebaut werden“
„Das ist doch Wahnsinn. Dann müssten man in Schleswig-Holstein viele Plätze umbauen“, wunderte sich Rüdiger Tonn, der gerade selbst mit seinem Wohnmobil auf Tour war. „Ich stand gerade auf einem Stellplatz am Chiemsee, 50 Meter von der A8 entfernt und habe trotzdem gut geschlafen.“ Und genau das bringt den Unterschied von Campern und Wohnmobilisten auf den Punkt.
Letztere bleiben meist nur eine Nacht oder wenige Tage an einem Ort und stellen relativ wenig Ansprüche, von der Versorgung mit Wasser und Strom einmal abgesehen. In der beliebten App „Park4Night“ ist das Thema Lärm in Geesthacht zwar immer wieder ein Thema, wird aber pragmatisch gesehen.
Nutzer des Stellplatzes bewerten den Lärm pragmatisch
Wem die Kreisstraße zu laut ist, fährt schnell weiter. Andere stören sich nicht daran. „Kostengünstiger Stellplatz mit Ver- und Entsorgung und Blick auf die Elbe. Ebenerdig. Wir waren zwei Nächte dort und man kann die Gegend sehr gut mit dem Fahrrad erkunden. [...] Die Straße hat uns nicht gestört. Abends wird es ruhig“, schreibt ein User, der fünf von fünf Sternen vergab.
Ein anderer meint: „Für Personen mit einem leichten Schlaf ist der Straßenlärm möglicherweise störend.“ Andere gaben einen Punktabzug für die viel befahrene Straße direkt am Platz. Die Elbuferstraße wird im Berufsverkehr dazu genutzt, die Geesthachter Innenstadt zu umfahren. Außerhalb dieser Zeiten nimmt der Verkehr ab. Insofern verwundern die Ergebnisse des Lärmgutachtens, denn, so Adamofski: „Nachts ist es schlimmer als tagsüber.“
Sieben Euro pro Tag beträgt derzeit die Stellplatzgebühr, maximal drei Tage darf man bleiben. Als der Ticketautomat ab Ende 2022 rund ein Jahr defekt war, wurde gar nicht kassiert, weil die Stadt kein Personal dafür hatte. „Wenn wir nur einen Teil als Stellplatz für Wohnmobile ausweisen und den Rest als Parkplatz, dann kontrolliert doch auch keiner“, war dann eine Aussage im Stadtplanungsausschuss.
Beschluss zum Wohnmobilplatz erneut vertagt
Es ist davon auszugehen, dass Wohnmobilisten den Parkplatzteil trotzdem ansteuern würden. Hintergrund: Um fahrtauglich zu bleiben, dürfen sie eine Nacht auf jedem Parkplatz stehen, dann allerdings ohne Tisch und Stühle herauszustellen und mit Keilen unter den Rädern. Ein weiterer Vorschlag war, Tempo 30 auf einem Bereich der Elbuferstraße einzurichten, was in der rechtlichen Umsetzung aber Probleme mit sich bringt.
Die Kommunalpolitiker haben das Thema „Wohnmobilstellplatz“ jedenfalls ein weiteres Mal vertagt, wollen es erst intern beraten und die Kostenschätzung der Verwaltung abwarten. Eine Lärmschutzwand erachteten sie aber als zu teuer.
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Vorerst darf der Wohnmobilstellplatz in seiner jetzigen Form erhalten bleiben, weil das Verfahren zur B-Plan-Aufstellung läuft. Ewig darf eine Entscheidung aber nicht hinausgezögert werden. „Für Geesthacht ist der Wohnmobilstellplatz ein sehr wichtiger touristischer Ort“, betont die Stadtverwaltung, die aktuell davon ausgeht, dass der neue B-Plan am Jahresende Rechtskraft erlangen kann.