Geesthacht. Wärmepumpe, Photovoltaik und Dämmung – wer eine alte Immobilie auf neusten Stand bringen will, muss viel investieren. Eine Rechnung.

Irgendwo kräht ein Hahn. Kaum ein Auto ist zu hören. Das ist der Soundtrack der Siedlergemeinschaft Heinrichshof in Geesthacht, zumindest in ihrem Kerngebiet nördlich der Schleife der B404. Wer hier lebt, weiß das. Andere kommen nur selten vorbei. Die Errichtung der ersten Wohnhäuser als „Kleinsiedlung am Marksweg“ ab 1936 bildet zusammen mit der HEW-Siedlung von 1933 die Keimzelle für die spätere Bebauung in der Oberstadt. Nach dem Krieg folgten mehrere Erweiterungen, 2001 wurden etwas weiter südlich in der Straße Auf dem Heinrichshof Häuser in Öko-Bauweise errichtet.

Doch es liegt ein Schatten über dieser Idylle. Er nennt sich Energieeffizienzgesetz. Wer durch die Sträßchen mit den alten Siedlungshäusern schlendert, stellt fest: Ein Viertel wie gemacht für aktuelle Themen wie Wärmepumpen, Photovoltaik, Heizungstausch und Dämmung. Investieren in neue Technologien – oder noch warten? Lohnen sich Investitionen überhaupt noch? Hat „Siedlung“ eine Zukunft? Unsicherheit ist eingezogen unter den Dächern. Auch wenn hin und wieder der Hahn kräht – was die Stunde wirklich geschlagen hat, weiß kaum jemand.

Energetische Sanierung älterer Häuser ist für viele ein Kostenschock

Das war auch auf der Jahresversammlung der Siedlergemeinschaft zu spüren. Finanzexpertin und Vereinsmitglied Sabrina Wienströer hatte mal unter die Lupe genommen, was es etwa koste, wolle man mit seiner Immobilie Schritt halten mit den angestrebten Neuerungen auf dem Energiesektor und der Dämmung. Es läppert sich.

Am Eichweg ist einer der ältesten Siedlungsteile. Ruhig und beschaulich geht es zu, die Straße liegt wie ausgestorben da.
Am Eichweg ist einer der ältesten Siedlungsteile. Ruhig und beschaulich geht es zu, die Straße liegt wie ausgestorben da. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Einige der 30 anwesenden Siedler machten nach dem Vortrag von Sabrina Wienströer „dicke Backen“, berichtet Theodor Hesse, der Vorsitzende der „Siedlergemeinschaft Heinrichshof im Verband Wohneigentum Siedlerbund Schleswig-Holstein e.V.“, so die vollständige Bezeichnung. Sie mag Zahlen, sagt Sabrina Wienströer über sich selbst. Die stoßen vielen auf.

Finanzexpertin rechnet vor, was fürs Haus anfällt, um es energetisch auf Höhe der Zeit zu halten

Die Kosten also wären: Dach dämmen und neu eindecken circa 35.000 Euro, Solarthermie auf dem Dach 14.000 Euro, Austausch der Fenster und Türen 20.000 Euro, Dämmung der Kellerdecke 10.000 Euro, Photovoltaik auf dem Dach 20.000 Euro, Außenwanddämmung 50.000 Euro, Austausch der Heizung gegen eine Wärmepumpe plus Optimierung 30.000 Euro. Macht zusammen 179.000 Euro.

„Und das ist berechnet für ein Haus aus den 90er-Jahren“, sagt Sabrina Wienströer. „Für unsere älteren Häuser kann man da eine Schippe drauflegen“. So habe eine Bekannte ein Angebot für ein neues Dach bekommen in Höhe von 50.000 Euro. „Die Kommunen haben für den Wärmeplan eine Frist bis spätestens zum Jahr 2028. Und wir werden jetzt schon verrückt gemacht“, sagt sie.

Brennende Frage: Wird die Solaranlage zur Pflicht fürs neue Dach?

So ist es eine weitere Frage, ob bei einem neuen Dach die Installation einer Solaranlage für Wohnhäuser zur Pflicht wird. „Das wird kommen“, glaubt Sabrina Wienströer. Bisher wird ein Muss hierfür je nach Bundesland unterschiedlich gehandhabt. In Schleswig-Holstein ließ der Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen offen, ob die Vorgaben für Gewerbebauten auch für Wohngebäude gilt.

Wer könne, sollte prüfen, was er schon machen könne, um kostengünstig zu bleiben. „Denn wenn wir alle auf einmal anfangen, wird für viele keine Handwerker zu bekommen sein.“ Und die Preise würden allein deswegen steigen. „Älteren würde ich raten: ,Sitzt es aus.‘ Nicht stressen lassen mit einem dann nötigen, großen Kredit‘“, sagt Sabrina Wienströer.

Energieexpertin bekommt viel Zuspruch von den Geesthachtern

Am Ende freute sich Sabrina Wienströer im Gasthof Warncke in Grünhof über das Feedback: „Es hieß: Toll, dass man jetzt einen Ansprechpartner für diese Dinge vor Ort hat‘“, sagt sie. Ehrengast auf der Veranstaltung war der Siedlerbund-Kreisvorsitzende Bert Müller, „und das ist nicht selbstverständlich“, meint Theodor Hesse. Immerhin sind die Geesthachter mit gut 150 Mitgliedern die größte Gruppe im Kreisgebiet.

Theodor Hesse macht stets Akquise in den Neubaugebieten, hat auch die Häuslebauer im gerade entstehenden Finkenweg Nord im Focus. Seine Argumente für einen Eintritt in den Verein: Unter anderem gibt es freie Gartenfachberatungen, die eigene Zeitschrift mit Themen rund ums Haus und Garten und Prozente beim Hagebaumarkt in Schwarzenbek und Wentorf. Der Jahresbeitrag liegt bei 42 Euro. „Das sind im Schnitt 3,50 im Monat“, sagt Theodor Hesse. „Bei uns bleiben 75 Cent im Monat, der Rest geht an den Kreis- und Landesverband“.

Siedlerfrauen in Geesthacht gründen eine neue Frauengruppe

Ein Vereinsheim gibt es nicht. Das sollte mal am Heinrichshofweg entstehen, dort war früher eine Schafswiese, doch die Finanzen reichten nicht aus. Nun stehen dort Mehrfamilienhäuser. Mit den Bewohnern aus der Hans-Mayer-Siedlung wird eine Gemeinschaft gebildet. Sie entstand ab 1949, gilt ähnlich gelagert ebenfalls als Dorf in der Stadt.

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Die Siedlerfrauen haben gerade eine neue Frauengruppe unter Leitung von Ivonne Hoffmann gegründet. Man will zusammen essen, ins Kino, zum Bowling. Zurzeit nehmen acht Frauen teil, „sie könnte noch Zulauf gebrauchen“, sagt Theodor Hesse. Früher gab es mehr gesellschaftliche Aktivitäten, heute ist immerhin noch die Tagesfahrt geblieben. Am 9. Juni soll es diesmal zur Fünf-Seen-Ausfahrt nach Plön gehen mit einem Besuch der Gärten und der Hausmesse auf Gut Stockseehof.