Geesthacht. Riftec gehört zu den innovativsten Unternehmen in der Stadt. Jetzt rüstet es sich für einen der größten Aufträge in seiner Geschichte.

Eine zu Wochenbeginn frisch mit Stahlbeton aufgefüllte, t-förmige Fläche am Rand der Werkhalle deutet große Dinge an für die Riftec GmbH. Das Unternehmen an der Geesthachter Mercatorstraße baut ein großes CNC-Bearbeitungszentrum in der Fertigungshalle auf, am Donnerstag werden die ersten Teile für die 35 Tonnen schwere Maschine geliefert. Sie ist nötig, um laut Geschäftsführer Axel Meyer „einen der größten Aufträge der Firmengeschichte“ zu bewältigen.

Die Firma ist Markt- und Technologieführer in der Technik des Rührreibschweißens und wird Bodenplatten für Eisenbahnwaggons für die Firma Stadler Rail AG anfertigen, einem der größten Unternehmen in der Schweiz, das weltweit zu den größten zehn Herstellern von Schienenfahrzeugen zählt. „Es sind sehr große Bauteile, sehr dickwandig und schwer“, berichtet Axel Meyer.

Geesthacht: Riftec baut Bodenplatten für Eisenbahnwaggons von Stadler

Ein von der Stadler Rail AG für die Schweizerische Bundesbahn gebauter Zug fährt in einen Bahnhof ein. Das Unternehmen, das Riftec mit einem Auftrag bedachte, gehört zu den weltweit größten Schienenfahrzeugherstellern.
Ein von der Stadler Rail AG für die Schweizerische Bundesbahn gebauter Zug fährt in einen Bahnhof ein. Das Unternehmen, das Riftec mit einem Auftrag bedachte, gehört zu den weltweit größten Schienenfahrzeugherstellern. © Stadler Rail AG | Stadler Rail AG

Das in Geesthacht gefertigte Endstück wiegt bei Auslieferung 1,5 Tonnen, es muss so kompakt sein, weil es tragende Teile des Waggons umfasst. Neun Teile werden hierfür zusammengeschweißt, von denen einige mehrere Hundert Kilo auf die Waage bringen. Zwischendurch und am Ende der Produktion kommt die CNC-Station für computergesteuerte Fräsarbeiten zum Einsatz.

Sie schafft Werkstücke bis drei Metern Länge und 1,5 Meter Breite. Weil die Maschine sechsachsig ist, können die Stücke von sechs Seiten bearbeitet werden. Sie muss genau ausgerichtet werden und exakt waagerecht stehen. Die neue Anlage ist keine Neuanschaffung, sondern stammt aus einer Verlagerung innerhalb der HAI-Gruppe mit Sitz in Österreich, zu der Riftec seit 2013 gehört. Sie wird dieser Tage vor Ort abgebaut, der Wiederaufbau in Geesthacht dauert mehrere Wochen. Die erste Auslieferung von Bodenplatten ist im September vorgesehen.

Rührreibschweißen erste Wahl beim Verbinden von Aluminiumplatten

So geht Rührreibschweißen: Ein Stichel fährt an den Kanten der zusammengepressten Platten entlang und sorgt für Reibungshitze. Wegen des gleichzeitig ausgeübten Drucks werden die Platten zusammengefügt.
So geht Rührreibschweißen: Ein Stichel fährt an den Kanten der zusammengepressten Platten entlang und sorgt für Reibungshitze. Wegen des gleichzeitig ausgeübten Drucks werden die Platten zusammengefügt. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Beim Rührreibschweißen fährt ein rotierender Stichel die Kanten zwischen den Platten entlang, die gegeneinander eingespannt sind. So werden unterschiedliche Materialien mittels Reibwärme und Druck miteinander verbunden. Die Umdrehungsgeschwindigkeit des Stichels liegt je nach Material, das zusammengefügt wird, bei 100 bis 3500 Umdrehungen in der Minute, auch der Druck variiert je nach Härte des Materials.

Die erreichte Temperatur liegt bei rund 550 Grad und immer unter dem Schmelzpunkt der Werkstoffe. Für das Zusammenfügen von Aluminium gilt die Technik als eine der besten Möglichkeiten. Eine wulstige Schweißnaht gibt es bei dem Verfahren nicht, das Endprodukt bleibt so gut wie eben.

Riftec: Der Eisenbahnbau in Europa sorgt für volle Auftragsbücher

So sah die Grube aus, die nun mit Stahlbeton verfüllt ist. Hier wird die CNC-Station stehen, auf der Fräsarbeiten für den neuen Auftrag durchgeführt werden.
So sah die Grube aus, die nun mit Stahlbeton verfüllt ist. Hier wird die CNC-Station stehen, auf der Fräsarbeiten für den neuen Auftrag durchgeführt werden. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Inklusive der neuen Station stehen dann acht Maschinen bei Riftec in Geesthacht. Die Kunden kommen aus allen Industriebereichen. „Auf einigen sind wir bis Jahresende ausgebucht“, sagt Axel Meyer. Für einen Auftragsboom sorgt unter anderem der Eisenbahnbau in Europa. Produziert werden unter anderem Seitenwände von Zügen, Verkleidungs-, Dachschutz und Schienen für die Stromversorgung.

Der Aufschwung spiegelt sich auch in der Zahl der Mitarbeiter wider. Aktuell sind es 40, vor einem Dreivierteljahr waren es noch 33. Und es sollen noch mehr werden. Bedarf gibt es insbesondere in den Bereichen Produktionshilfe, Maschinen- und Anlagenführung sowie Zerspanungsmechanik. Alle offenen Stellen finden sich auf der Homepage www.riftec.de.

Voranschreitende E-Mobiltät in vielen Bereichen wird Kundenstamm vergrößern

Da die E-Mobilität voranschreitet und auch Bereiche erfassen wird, die bisher noch gar nicht oder zumindest nicht in großem Stil bedient werden, setzt der Geschäftsführer weiterhin auf Aufschwung. „Bei E-Mobilität haben wir immer wieder das Thema, dass die Komponenten gekühlt werden müssen, einen Kühlkanal in ein Produkt hineinzubringen und dann dichtzumachen, dass er nicht leckt“, sagt Axel Meyer. „Das ist prädestiniert für das Rührreibschweißen“.

Neben dem Markt für Autos sind zu erwarten Batterie gespeiste Baumaschinen wie klassische Bagger, Trecker und landwirtschaftliche Maschinen, Schiffe und einiges mehr. „Ich versuche immer bei den Kunden herauszukriegen, in welche Richtung geht das eigentlich? Ich bin überzeugt, dass wir die Anwendung von Elektromobilität in den nächsten Jahren in vielen, vielen Bereichen sehen werden, denen wir uns noch gar nicht so bewusst sind. Die stehen alle in den Startlöchern“, hat Axel Meyer festgestellt.

Raum für Bau einer weiteren Produktionshalle hinter der neuen Halle

Auch außerhalb der Produktionshalle findet sich ein sichtbares Zeugnis der positiven Entwicklung. Seit Mitte Januar kann die neue Leichtbauhalle auf dem Gelände genutzt werden. Sie ist 700 qm groß bei Seitenlängen von 35 mal 20 Metern. Sie dient als reine Lagerfläche. Sollte eine weitere Produktionshalle nötig werden, könnte sie im hinteren Teil des Grundstücks gebaut werden. Dort ist eine Rasenfläche, die von Anfang an für Erweiterungen vorgesehen war.

Die Sahnehaube auf der Torte der guten Nachrichten ist die Auszeichnung, die Riftec jetzt verliehen bekommen hat. Das Siegel „TOP-100-Innovator“ schmückt auf einer Stele den Eingangsbereich. Damit werden besonders innovative mittelständische Unternehmen ausgezeichnet. Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, Mentor des Wettbewerbs, wird Riftec bei der Preisverleihung am 28. Juni in Weimar persönlich gratulieren.

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„Im vergangenen Jahr, anlässlich unseres 20-jährigen Firmenjubiläums, fragten wir uns, ob wir noch immer so innovativ sind, wie wir es selbst einschätzen. Um dies zu überprüfen, entschieden wir uns zur Teilnahme am renommierten Wettbewerb TOP 100“, erklärt Axel Meyer. „Das Bauteil für Satelliten war eines der Themen, weshalb wir ausgezeichnet wurden.“ Weitere Pluspunkte seien, ein Ohr an der Forschung zu haben und das innerbetriebliche Vorschlagswesen. Gestartet ist das Unternehmen vor 20 Jahren im Technologiezentrum Gitz auf dem Gelände des Geesthachter Helmholtz-Zentrums.