Geesthacht. Udo Sill vom Toom-Markt legte sich bei einem Redner-Wettbewerb für den Einzelhandel ins Zeug. Seine Thesen für mehr Schlagkraft.
Vier Minuten können sehr lang sein - oder sehr kurz. Je nachdem, ob man beim Zahnarzt behandelt wird oder etwas Wichtiges zu sagen hat. Wie zum Beispiel zum Einzelhandel. Und die Stoppuhr unerbittlich tickt. Das erlebte Geschäftsführer Udo Sill vom Geesthachter Toom-Markt. Er nahm an einem Speaker Slam teil. Einer Veranstaltung, bei dem sich – ähnlich wie beim bekannteren Poetry Slam – Redner mit Fachvorträgen in der Gunst einer Jury zu überbieten versuchen.
Nur: Bei diesem Slam wird nach 240 Sekunden das Mikrofon abgeschaltet. Auch mitten im Satz. „Wenn du immer auf die Uhr guckst, kommst du raus“, sagt Udo Sill. Er hat seinen Text zu Hause vorgeschrieben, bis er passte. Mal war er mit zwei Minuten zu kurz, dann wieder mit sechs Minuten zu lang. Dann aber, als er andere Redner gehört hatte, warf er kurzerhand das Konzept über den Haufen und redete nach Bauchgefühl über den Einzelhandel. Und es funktionierte.
Toom-Geschäftsführer Udo Sill über den stationären Einzelhandel
Udo Sill ist erfahren damit, vor Gruppen Vorträge zu halten. 120 Zuhörer waren es diesmal, eine bunt gemischte Versammlung aus verschiedensten Berufen bis hin zu Kieferchirurgen. Fast alle sprachen über ein Thema aus ihrem Fachgebiet. „Ich habe über 30 Jahre Berufserfahrung und immer wieder Reden gehalten. Im Baumarkt, wenn wir Mitarbeiterbesprechungen haben, in der Handwerkskammer oder in der Runde mit anderen Geschäftsführern“, sagt Sill.
Aber diesmal habe er die Nacht vorher „nicht ganz so gut geschlafen“. Udo Sill hatte sich angemeldet, um mal etwas Neues zu erleben. „Das war die Herausforderung, der wollte ich mich einfach stellen, das Konzept in vier Minuten zu erzählen. Es war eine gute Erfahrung. Aber es ist noch zu frisch, um zu sagen, im nächsten Jahr meldetest du dich wieder an.“
Die Frage ist: „Finde ich ein gutes Konzept für mein Geschäft?“
Udo Sill hielt ein flammendes Plädoyer über ein Thema, das ihm besonders am Herzen liegt: Wie der stationäre Einzelhandel gegen die Macht des Onlinehandels erfolgreich bestehen kann. „Die haben alle Angst vor dem Onlinehandel, der mache alles kaputt, höre ich oft. Das ist in Wirklichkeit nicht so. Die Frage ist: Finde ich ein gutes Konzept für mein Geschäft? Sodass der Kunde statt zum Onlinehändler zu surfen zu mir in den Laden kommt?“ Das ist Udo Sills Überzeugung.
Außer dem Baumarkt an der Düneberger Straße betreibt er als zweites geschäftliches Standbein noch die Udo Sill Consulting, eine Beratung für Unternehmer und Führungskräfte. Insofern machte er beim Speaker Slam auch Werbung in eigener Sache. „Am Ende habe ich sinngemäß gesagt: Der Onlinehandel ist nicht dein Feind. Wenn du Unterstützung brauchst, dann melde dich bei mir. Wir machen dein Geschäft gemeinsam erfolgreich.“
Zwei sehr einfache Grundlagen ließen sich schnell umsetzen
Dafür sieht er einige Hebel. Zwei sehr einfache Grundlagen ließen sich mit wenig Mühe umgehend umsetzen. Sie beziehen sich auf den äußeren Eindruck, den das Geschäft macht. „Viele kleben ihr Schaufenster zu mit Plakaten zu Veranstaltungen, die Öffnungszeiten sind handgeschrieben auf einem Zettel an die Tür geklebt, das wirkt unprofessionell“, kritisiert Udo Sill. Oder aber der Dreck vom Nachbarn weht vorbei und wird liegengelassen.
„Die zweite Geschichte ist: Schaffe ich ein Erlebnis für meine Kunden?“, fragt er. Denn auch der Onlinehandel hat seine unbefriedigenden Tücken. „Wenn wir uns im Onlinehandel zum Beispiel Hosen bestellen, dann nehmen wir drei Stück in verschiedenen Größen, in der Hoffnung, dass eine davon passen wird. Und am Ende schicken wir sie doch alle wieder zurück, weil keine so richtig gepasst hat“, sagt er.
Gefordert sei, ein Kauferlebnis für den Kunden zu schaffen
Das wäre ein Ansatz für den Laden vor Ort – wenn diese Chancen nur besser genutzt würden. „Wenn im Geschäft jemand ist, der sich um mich kümmert, der mich freundlich begrüßt, der mir auch Bestätigung gibt – ,das sieht gut aus‘ –, das macht ja das Kauferlebnis für mich als Kunden aus“, meint Udo Sill.
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Die Wirklichkeit aber sehe oft genug anders aus. „Viele kriegen das nicht auf die Reihe. Die Verkäufer spielen am Handy, die kriegen kein ,Guten Tag‘ heraus, oder sie kümmern sich nicht um dich. Da wirst du stehengelassen irgendwo im Laden. Das ist ja das, was man erlebt. Man sucht etwas, findet es nicht so richtig, wird erschlagen von der Vielfalt und geht am Ende wieder“. Der Ansatz für Verbesserung hier ist für ihn: „Mein Grundsatz ist der Mitarbeiter an sich, das kommt in vielen Läden zu kurz. Fühlt er sich wohl? Dann kümmert er sich auch um die Kunden.“