Geesthacht. Schon Napoleon soll in dem Traditionsgasthof an der B5 eingekehrt sein. Mehrere Interessenten sprangen ab. Wie es weitergehen soll.
Die Situation ist ernst: Wird das Forsthaus Grüner Jäger zur Ruine? Die Sorgen sind berechtigt, denn der Versuch, Käufer für den traditionsrecihen Geesthachter Gasthof in einem Waldstück an der Bundesstraße 5 (B5) nach Lauenburg zu finden, wurde jetzt gestoppt. An Interessenten habe es nicht gemangelt, berichtet Isabel Maass. Die Probleme lägen woanders.
Die Maklerin von der Firma Evernest Urban Real Estate hatte vor einem Jahr begonnen, für das Anwesen im Auftrag der Eigentümergemeinschaft Interessenten zu suchen. Sechs seien es gewesen. „Diese Anzahl für ein solches Objekt ist beachtlich. Sogar in Berlin sind potenzielle Käufer auf die Annonce mit dem Angebot aufmerksam geworden“, berichtet Isabel Maass.
Forsthaus Grüner Jäger: Traditionsgasthof auf riesigem Grundstück
„Herzlich willkommen in dieser außergewöhnlichen Immobilie. Das Grundstück beeindruckt durch seine beachtliche Größe von zirka 19.057 m², ein Highlight ist das Restaurant auf dem Grundstück, das durch seine Lage und den Charme des Gebäudes zu einem wahren Blickfang wird“, beginnt der Werbetext, der Investoren den Mund wässrig machen sollte. Hervorgehoben werden die Wohnfläche von zirka 531 qm, 20 Zimmer, Bar und uriger Kamin, Sichtbalken aus Holz sowie der großzügige Kaffeegarten und große Parkplatz. Preisvorstellung: 2.490.000 Euro.
Nun zeigt sich: Die Absichten der Interessenten, was man auf dem Grundstück entwickeln könnte, deckten sich nicht mit dem, was der Nutzungsplan der Stadt hergibt, schildert Isabel Maass die verzwickte Situation. Das Grundstück ist als Sondergebiet Hotel ausgewiesen. Auf einen reinen Hotel- und Restaurantbetrieb, darauf wolle aber niemand mehr setzen, beschreibt die Maklerin die Schwierigkeiten. Ein Grund sei der erhebliche Fachkräftemangel in der Gastronomie. Sie verweist auf ein ähnliches Objekt, das sie vor zwei Jahren verkauft hatte. Der neue Eigentümer habe bis heute keinen Koch gefunden.
Forsthaus Grüner Jäger hatte zur Seniorenresidenz werden sollen
So scheiterte ein Verkauf letztendlich daran, dass die potenziellen Käufer argwöhnten, ihre Projekte entweder nicht realisieren zu können – oder wenn doch, dann erst nach verwaltungsrechtlichen Vorgängen, die kompliziert und langwierig zu werden drohten. Eine Seniorenresidenz, ähnlich dem Augustinum in Aumühle, ein orientalischer Teegarten und ein Veranstaltungssaal waren einige der Ideen, berichtet Isabel Maass.
Alle Pläne wären mit Bauvorhaben auf dem Grundstück verbunden. „Grundsätzlich werden auch bauliche Erweiterungen seitens der Stadt mit geprüft und gestattet, allerdings muss im Rahmen der Prüfung auch das Landeswaldgesetz berücksichtigt werden. Dieses schreibt aktuell einen Regelabstand von baulichen Anlagen zum Wald von 30 Metern vor und stellt speziell bei diesem Objekt einen Investor und Planer vor Herausforderungen“, heißt es dazu auf Anfrage vonseiten Stadt.
Eine Schwierigkeit: Der Abstand von 30 Metern zum Waldrand
„Im Einvernehmen mit der Bauaufsichtsbehörde und Forstbehörde können auch Unterschreitungen des vorgeschriebenen Abstands zugelassen werden, hierfür bedarf es jedoch bei jedem Bauvorhaben einer Einzelfallprüfung, die von mehreren Faktoren abhängig ist“, informiert die Stadtverwaltung.
„Kann der Waldabstand nicht eingehalten werden oder wird seitens der Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Forstbehörde eine Unterschreitung nicht gestattet, besteht noch die Möglichkeit, einen Antrag auf Umwandlung des Waldes zu stellen, der dann von der Forstbehörde und Naturschutzbehörde geprüft wird“.
Schon Napoleon Bonaparte soll in dem Gasthof übernachtet haben
Eine für Schleswig-Holstein spezifische Schwierigkeit gibt es hierbei allerdings zu bedenken. Weil das nördlichste Bundesland im deutschlandweiten Vergleich unterdurchschnittlich wenig Waldflächen aufweise, müsse für eine Waldumwandlung ein besonderes Interesse vorliegen, das über das allgemeine – zum Beispiel wirtschaftliche – Interesse hinausgehe, erklärt das Bauamt.
Isabel Maass zeigte sich enttäuscht von der Entwicklung, für sie ist der Verkauf eine Herzensangelegenheit. Sie stammt aus Krümmel, kennt den Grünen Jäger seit Kindesbeinen. Die Maklerin wirft der Stadtverwaltung vor, sich nicht genug ins Zeug zu legen für den Erhalt von Geesthachts ältestem Haus. Denn eines ist klar: Weiterer Leerstand ist nicht gut für das alte Gemäuer von 1650. Schon Frankreichs Kaiser Napoleon Bonaparte soll im Grünen Jäger 1812 im Vorfeld des Russland-Feldzugs übernachtet haben.
Abriss möglich: Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz
Damit sich kein Schimmel bildet, wurde den Winter über geheizt. Seit vier Jahren, seit dem Frühjahr 2020, ist der Betrieb eingestellt. Dass irgendwann ein Abriss drohen könnte, ist nicht ausgeschlossen. Trotz des Alters besteht kein Denkmalschutz. Umbauten und Veränderungen über die Jahrzehnte können den Wert für die Denkmalschutzbehörde mindern.
„Selbstverständlich hat die Stadt ein Interesse, das Objekt zu erhalten und steht neuen Ideen keinesfalls im Wege“, verteidigt sich die Stadtverwaltung und verweist auf ein Treffen mit Maklerin und drei Investoren am 26. September vor Ort. Anwesend waren zudem Vertreter der Landesforst- und der Geesthachter Bauaufsichtsbehörde, „um die aktuelle Waldgrenze festzustellen und Erweiterungsmöglichkeiten zu prüfen“.
Erweiterungsmöglichkeiten im nordwestlichen Bereich zünden nicht
Bei einer Nutzungsänderung prüft die Stadt, „inwieweit der Bestandschutz erlischt und neue gesetzliche Anforderungen einzuhalten sind“, heißt es von der Verwaltung. „Im südlichen Bereich des Grundstückes, direkt an der Waldgrenze, stellt sich ein Neubau aufgrund des Landeswaldgesetzes als schwierig beziehungsweise nicht machbar dar. Es bestehen jedoch durchaus Erweiterungsmöglichkeiten im nordwestlichen Bereich des Grundstückes“, erklärt Claus Martin Rathjen, Leiter des Geesthachter Fachdienstes Bauordnung, der bei dem Vorort-Termin anwesend war.
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Diese Fläche aber zündete nicht bei den Investoren. So steht Isabel Maass am Ende mit leeren Händen da. Die Maklerin hofft, dass sich das Schicksal des ältesten Hauses im Umfeld der Feiern zu 100 Jahre Geesthachter Stadtrecht doch noch zum Guten wenden wird. Denn ihre Suche geht weiter, nun soll ein Pächter gefunden werden.