Geesthacht. Nach zehn Jahren gab es mal wieder einen Vorstoß für einen Neubau des Geesthachter Amtsgebäudes. Was der Bürgermeister dazu sagt.
Das Geesthachter Rathaus – wie lange hält es den Attacken noch stand? Im Hauptausschuss gab es jetzt einen weiteren Vorstoß, das ungeliebte Gebäude aus dem Jahr 1972 vom Erdboden zu tilgen. Diesmal schwangen die Bürger für Geesthacht die Abrissbirne, stellten einen Antrag „zur konzeptionellen Planung eines Neubaus“. Für den Antrag hob dann zwar nur Christoph Hinrichs für die BfG bei der Abstimmung die Hand, er stieß aber trotzdem auf einige Sympathien. Vor allem beim Bürgermeister. Der Abriss – er ist nur verschoben, nicht aufgehoben.
Die BfG hatten im Antrag schwere Geschütze aufgefahren. Demzufolge ist das Rathaus eine wahre Bruchbude. „Wir sitzen hier in einem Haus, das gebaut wurde, als es das Wort Energiekrise noch nicht gab“, sagte Hinrichs, der den Antrag erläuterte. „Energetisch eher ein Albtraum als ein Vorzeigestück.“ Klimatisierung der Räume, Heizleistungen, Gebäude- und Raumstruktur – alles nicht zeitgemäß, Geesthacht verfüge über eine effiziente Verwaltung in einem ineffizienten Gebäude. „Es wird mal Zeit, sich über einen Neubau des Rathauses Gedanken zu machen. Darum dieser Prüfauftrag“, erklärte Hinrichs.
Schulbaupläne retten Geesthachts Rathaus vor dem Abriss
Bei Bürgermeister Olaf Schulze kam das grundsätzlich gut an. „Vielen Dank für den Antrag. Natürlich haben Sie recht, wir haben Platzmangel, es ist energetisch nicht mehr vernünftig, die Fenster sind alt. Im Sommer herrscht drinnen Hitze, im Winter ist es kalt. Ich kann Ihnen nur danken“, sagte er an Hinrichs gewandt. Einen Neubau findet er nur am jetzigen Standort sinnvoll.
So weit, so gut. Dann aber kam Olaf Schulze darauf zu sprechen, was für ihn die Achillesferse des Projektes ist. Die BfG setzt bei der Prüfarbeit auf die hauseigenen Fachkräfte innerhalb der Verwaltung. „Und da fängt es bei mir an, problematisch zu werden“, sagte der Bürgermeister, der bekräftigte, einen Neubau ebenfalls gut zu finden. „Wir schaffen es nicht mit den eigenen Fachkräften. Es sei denn, wir einigen uns darauf, dass andere Dinge nach hinten geschoben werden.“
Stadtverwaltung hat keine Kapazitäten – viele Großprojekte stehen an
Er zählte auf, was an Projekten anliegt. „Wir haben gerade beschlossen, dass wir ein großes Schulbauprogramm durchführen wollen, das heißt, die nächsten zehn Jahre werden wir alle Schulen angehen und umplanen“, rief er ins Gedächtnis. Hinzu kämen Vorhaben wie die neue Feuerwache in Grünhof-Tesperhude, das Seniorenzentrum, Volkshochschule und Stadtbücherei. „Meine Hochbauabteilung hat sich gerade neu gefunden, wir wären damit überfordert.“
Dem schlossen sich die Fraktionen im Wesentlichen an. Während der CDU laut Björn Reuter auch ein Ausbau oder eine Sanierung reichen würde, hatten die anderen einen Neubau durchaus im Blick. Im Kern der Ablehnung des BfG-Antrages immer wieder: der nötige Schulbau.
Bürgermeister will auf die Politik zukommen, wenn Verwaltung wieder Luft hat
„Auch wir sehen keine personellen Kapazitäten, um einen Neubau des Rathauses zu planen, wir müssen die anderen Sachen erst mal abarbeiten“, merkte Max Hansen für die Grünen an. „Das Schulbauprojekt wird die Stadt erhebliche finanzielle Mittel kosten. Wir sehen jetzt noch nicht den Spielraum, um in ein neues Rathaus zu investieren“, sagte Muammer Kazanci (SPD), der es gut fand, dass man „dieses Thema mal auf die Tagesordnung setzte“.
„Dafür stehen wir aktuell nicht bereit. Dafür sind die Zeiten momentan nicht da“, ergänzte SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Burmeister. „Solange Container bei unseren Kitas und Schulen stehen, solange haben wir andere Sachen im Fokus.“ Olaf Schulze schlug einen Kompromiss vor. „Wenn wir wieder ein bisschen Luft und Kapazitäten haben, dann würde ich wahrscheinlich schon auf Sie zukommen. Und dann würde mich das freuen, wenn die Unterstützung in der Ratsversammlung groß ist, wenn wir bauliche Veränderungen vornehmen wollen.“ Fortsetzung folgt.
Etwa 570 Personen arbeiten für die Stadtverwaltung. Nicht alle haben den Arbeitsplatz im Rathaus. Dazu gehören auch Beschäftigte der städtischen Kitas, des Bauhofs oder Reinigungskräfte. Im Rathaus selbst finden etwa 170 Personen Platz. Das reicht nicht mehr, seit dem vergangenen Jahr sind zehn Mitarbeiter der Personalabteilung und vier Beschäftigte aus dem Fachdienst Soziales in einer von den Stadtwerken angemieteten Außenstelle untergebracht.
Der bisher letzte Vorstoß in Sachen Rathausneubau – getragen von der CDU – war vor zehn Jahren im Februar 2014 vom Tisch. Für ein neues Rathaus „mit mittleren baulichen Standards“ wurde die Summe von 15 Millionen Euro errechnet. Das war vielen zu viel.
Kurzlebige Idee: Stadtverwaltung sollte in Kaufhaus Nessler einziehen
Ein halbes Jahr später im Oktober gab es dann die Idee, in freie Räume im vierten Obergeschoss des Kaufhauses Nessler einzuziehen, nachdem klar wurde, dass allein die Sanierung für die Wasser- und Abwasserleitungen im Rathaus etwa 630.000 Euro verschlingen würden. Das Rathaus sollte für Parkplätze und Wohnbebauung abgerissen werden. Der Plan wurde schnell wieder fallengelassen.
Die Geschichte der Geesthachter Rathäuser beginnt 1922, kurz vor der Ernennung zur Stadt 1924. Zunächst wurde von der Verwaltung das Gebäude mit dem Kino Hoffmann angepachtet, in den 1930er Jahren schließlich mitsamt dem Grundstück gekauft.
Vorne Rathaus, hinten Kino – ehemaliges Hotelgebäude wurde 1922 gepachtet
Dieses Haus wurde in den Jahren nach dem ersten großen Stadtbrand 1887 errichtet und beherbergte zunächst das Hotel Geesthachter Hof. Baufällig geworden wich es 1971 dem Neubau des jetzigen Haupthauses, der am 4. Juli 1972 eingeweiht wurde. Er fügte sich in ein Ensemble mit Gebäuden ein, die ab 1958 das Vorgänger-Rathaus erweitert hatten.
Der gesamte Komplex mit 6500 Quadratmetern Nutzfläche besteht derzeit aus dem Hauptgebäude mit Zwischentrakt (Baujahr 1971) und Ratssaal (Baujahr 1972), dem Klinkerbau (Baujahr 1958), Fraktionsräumen in einem Nebengebäude (Baujahr 1995) und dem Bürgerbüro (2003 angebaut).
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In den Jahren vor Geesthachts Stadtwerdung unter Bergedorfer Landesherrschaft dürfte es üblich gewesen sein, sich bei Bedarf in den großen Sälen von Gastwirtschaften zu treffen oder im Hause des Amtsvogtes. Eine Vermutung von Helmut Knust vom Heimatbund und Geschichtsverein ist, dass im Gebäude mit der Kriminalpolizei vor der Anpachtung auch ein Verwaltungssitz untergebracht war. Dieses Gebäude brannte beim zweiten großen Stadtbrand 1928 nieder. Es stand dort, wo heute der Hachede-Park angelegt ist.