Geesthacht. Die sieben Schulen in der Stadt werden saniert und erweitert. Die VHS braucht einen Neubau. Warum das alles nötig ist.

Die Schulen in Geesthacht – die Stadt steuert auf 35.000 Einwohner zu – sind bei dem Wachstum nicht mitgekommen. Inzwischen platzen sie aus allen Nähten. Das hat auch die Lokalpolitik verstanden. Gemeinsam wird nun zum großen Schlag ausgeholt. Der Bildungsausschuss hat in einer richtungsweisenden Sitzung, zu der auch alle Mitglieder der Ratsversammlung eingeladen waren, einstimmig beschlossen, dass kurzfristig im großen Stil in die Schulen investiert wird.

Das ist das Ergebnis eines neuen Schulentwicklungsplanes, den die Projektgruppe „Biregio“ aus Bonn zusammen mit den Kommunalpolitikern, Vertretern der Schulen und der Verwaltung erstellt und dabei bereits Priorisierungen vorgenommen hat. Allein für Sanierung sowie An- und Neubauten an den sieben Schulen wird eine Summe genannt, die vorläufig auf grob 30,05 Millionen Euro geschätzt wird. Ein etwaiger Preisanstieg im Baukostensektor wurde mit 25 Prozent eingepreist.

Bürgermeister rechnet mit 40 bis 50 Millionen – mindestens

Doch damit wird man nicht auskommen, wie Bürgermeister Olaf Schulze betont. Er geht von „mindestens 40 bis 50 Millionen Euro“ aus. Bereits geplante energetische Sanierungen und ein durch die Maßnahmen erforderlicher Neubau der Volkshochschule müssten mitgezählt werden. Dass die Stadt bereits zwölf Millionen Euro in den 2021 übergebenen Erweiterungsbau der Bertha-von-Suttner-Schule bezahlt hat, wurde bei der Summe derweil ausgeklammert.

Schülerzahlen steigen seit 2019 sprunghaft an

Schon bei der genannten Summe von 30 Millionen sei die CDU-Ortsvorsitzende Nicole Voss wie viele ihrer Kollegen auch „schockiert“ gewesen. Dennoch und obwohl der Kommunalwahlkampf bevorsteht einigten sich alle Fraktionen auf einen Schulfrieden. „Die Stadt ist in absehbarer Not“, sagte Marcus Worm (Grüne).

Wolf Krämer-Mandeau (Biregio) hat den Schulentwicklungsplan in Geesthacht präsentiert.
Wolf Krämer-Mandeau (Biregio) hat den Schulentwicklungsplan in Geesthacht präsentiert. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Das zeigt schon ein Blick auf die Schülerzahlen. In Geesthacht gibt es vier Grundschulen (Buntenskamp, Silberberg, Oberstadt, Waldschule), zwei Gemeinschaftsschulen (Bertha-von-Suttner, Alfred-Nobel) und das Otto-Hahn-Gymnasium. Zwischen dem Schuljahr 2019/2020 und dem aktuellen gibt es einen starken Anstieg.

So wurden am Silberberg 2019/20 „nur“ 400 Kinder beschult, inzwischen sind es 511. An der Waldschule gab es einen Zuwachs von 105 auf 125, an der Grundschule in der Oberstadt stieg die Zahl von 328 auf 398. Das OHG unterricht mittlerweile 934 Schüler (vorher 791) und die BVS 784 Schüler (vorher 668). Lediglich an der ANS (788 zu 797) sowie am Buntenskamp (257 zu 269) gab es einen leichten Rückgang. Das liegt daran, dass die Schulen ihre Kapazitätsgrenze bereits erreicht haben und zudem Schüler mit besonderem Förderbedarf doppelt gezählt werden.

Schulplaner: „Sie investieren in die Zukunft der Stadt“

Bis 2026/27 gehen die Schulentwicklungsplaner von „Biregio“ bei den Grundschülern von einem weiteren Anstieg pro Jahrgang von derzeit 1080 Kindern auf etwa 1400 aus. Als einen Grund für den Anstieg führt Wolf Krämer-Mandeau von „Biregio“ an „dass Geesthacht auf einer Welle des Erfolgs schwimmt“. Die Stadt sei attraktiv für Zuzüge von jungen Menschen, die mehr Kinder bekommen, als Ältere. Dies liege nicht nur an den neuen Wohngebieten, sondern auch in einem Sterbeüberschuss in der Stadt durch den Wohnraum frei wird, den die Jüngeren beziehen.

Silberbergschule auf sechs Züge erweitern

Zudem ist die Geburtenquote in Schleswig-Holstein zwischen 2011 und 2021 von 1,39 auf 1,56 Kinder pro Frau im geburtsfähigen Alter gestiegen. „Ein sehr erheblicher Wert“, so Krämer-Mandeau. Weiterer Aspekt: Geesthacht ist wieder attraktiv für Schüler aus dem Umland. Inzwischen kommt ein gutes Drittel der Schüler nicht aus Geesthacht. „Mit den Millionen investieren sie in die Zukunft der Stadt und binden langfristig Kaufkraft“, sagte der Schulentwicklungsplaner im Ausschuss.

Blick auf den Verkehrsübungsplatz der Silberbergschule (im Hintergrund): Für die Errichtung von Containern für Schulklassen wurden Bäume gefällt.
Blick auf den Verkehrsübungsplatz der Silberbergschule (im Hintergrund): Für die Errichtung von Containern für Schulklassen wurden Bäume gefällt. © Privat | Privat

Bei ihrer in mehreren Workshop-Runden erstellten Prioritätsliste steht die Silberbergschule an erster Stelle. Die Not ist hier so groß, übergangsweise Container auf dem Fahrradübungsplatz errichtet werden, die zum neuen Schuljahr genutzt werden können. Um Platz für diese zu schaffen, wurden bereits einige Bäume auf dem Verkehrsübungsplatz gefällt.

In die dauerhafte Sanierung sollen rund zwölf Millionen Euro investiert werden. Damit soll die aktuelle Fünfzügigkeit (fünf Klassen pro Jahrgang) auf sechs Züge erweitert werden. Dafür sollen 875 Quadratmeter neugebaut werden. An Stelle der Baracke hinter der Sporthalle soll mehrstöckig neu gebaut werden.

Neubau am Otto-Hahn-Gymnasium für neun Klassen

Auch das Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) auf Platz zwei der Liste bekommt einen 675 Quadratmeter großen Neubau mit Aufzug im hinteren Schulhofbereich an der Bahnlinie. Dieser soll Platz für neun Klassen bieten. Zudem soll die Hausmeisterwohnung umgebaut werden. Hierfür sind vorläufig zwölf Millionen Euro veranschlagt. Durch diese Maßnahmen sollen die Zügigkeit von sechs auf sieben steigen.

Auch das Otto-Hahn-Gymnasium soll einen Anbau erhalten.
Auch das Otto-Hahn-Gymnasium soll einen Anbau erhalten. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

An der Buntenskampschule (Buka, Platz drei) ist der Raum so begrenzt, dass fortan die benachbarte Volkshochschule von der Grundschule mitgenutzt werden soll. Erster Schritt ist die Verlegung der Mensa ins VHS-Dachgeschoss, wodurch in der Buka zwei Klassenräume frei werden. Später ist angedacht, dass die Volkshochschule eventuell in Verbindung mit der angrenzenden Bücherei einen gemeinsamen Neubau auf dem Grundstück erhält. Für die Ertüchtigung der Schule sind 2,9 Millionen Euro veranschlagt. Die Kosten des etwaigen VHS-Neubaus wurden nicht beziffert.

Verwaltung steigt in konkrete Planungen ein

An der Grundschule in der Oberstadt (GidO, Platz vier) soll für 3,75 Millionen Euro der ungenutzte „Würfel“-Bau aufgehübscht werden. Stattdessen sollen die Baracken zwischen den Gebäuden abgerissen werden. An der Alfred-Nobel-Schule (ANS, Platz fünf) gibt eine nur „kleinere Umbauten“, die immerhin noch mit 1,55 Millionen Euro angesetzt sind.

An der Bertha-von-Suttner-Schule (BVS) muss noch der naturwissenschaftliche Trakt saniert werden. Im Raum steht auch der Abriss des Schulvordachs aus optischen Gründen. Hier wurden insgesamt 3,1 Millionen Euro angesetzt. An der Waldschule in Grünhof soll für etwa 0,55 Millionen Euro die Hausmeisterwohnung zur Mensa umgebaut werden. Die Kosten sind bereits in den aktuellen Geesthachter Haushalt aufgenommen, die Umsetzung könnte noch 2023 erfolgen.

Für die übrigen Vorhaben gilt: Hier will die Stadtverwaltung die Zeit der Kommunalwahl nutzen, um nach den Sommerferien den neuen Ratsmitgliedern erste konkrete Planungen präsentieren zu können. Für Wolf Krämer-Mandeau ist Geesthacht „nach allem, was wir heute wissen“ mit dem neuen Schulentwicklungsplan „einigermaßen krisensicher“ aufgestellt.

Übrigens: Für den Neubau einer einzigen Grundschule – stand auch mal im Raum – wird mit einem Kostenrahmen kalkuliert, der in Höhe der jetzigen Maßnahmen liegt. Von fehlenden Lehrkräften einmal ganz abgesehen.