Schwarzenbek. Noch vor zwei Jahren Optimismus. Doch nun ist endgültig Schluss. Warum Uwe Krützmann das Traditionsgeschäft schließen wird.
„Hoppla, wir sind 140 Jahre alt und seit 1882 ein Stück Schwarzenbek“, frohlockte Schuhhändler Uwe Krützmann noch vor zwei Jahren und feierte eines der langjährigsten Firmenjubiläen im Einzelhandel in der Europastadt. Nur das Herrenmodegeschäft Tiedemann auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist mit 175 Jahren noch älter. Doch im Sommer gehen im Schuhhaus Krützmann, das seinen Sitz seit den 1930er-Jahren an der Lauenburger Straße 13 hat, die Lichter aus.
Uwe Krützmann schließt das Schuhgeschäft in Schwarzenbek
„Der Entschluss ist einige Zeit gereift. Meine Tochter hat ein gutes Jobangebot bekommen. Ich werde demnächst 66 und möchte meinen Ruhestand nach 42 Jahren Schuhhandel genießen“, sagte der Einzelhändler. Er hat viele Jahre auch im Vorstand der Wirtschaftlichen Vereinigung (WVS) mitgewirkt und war bis 2020 deren Vorsitzender. Für sein Engagement als Kaufmann wurde Uwe Krützmann im Jahr 2005 mit dem Wirtschaftspreis der WVS ausgezeichnet. Verdient gemacht hat er sich unter anderem als Interessenvertreter der Einzelhändler in dem Wirtschaftsverein. Er hat zahlreiche verkaufsoffene Sonntage sowie das Weinfest organisiert und so auch zahlreiche auswärtige Besucher in das Herz der Europastadt geholt.
Mit dem Niedergang der Lauenburger Straße, die massiv unter einem Mangel an Laufkundschaft und zudem unter der Schließung des Kaufhauses CML zum Jahreswechsel leidet, habe der Entschluss nichts zu tun. Es fehle schlicht und ergreifend ein Nachfolger. Das Ehepaar Marika und Uwe Krützmann hat das Geschäft seit 2018 gemeinsam mit Tochter Sandra Schmidt-Kuhlmann geführt. Nun hat die Juniorchefin allerdings ein interessantes Jobangebot in der Verwaltung des UKSH in Lübeck bekommen. „Sie wohnt in Stockelsdorf. Die Anfahrt war immer sehr weit. Ich habe ihr zugeraten, das Angebot anzunehmen“, sagt Uwe Krützmann. Denn auch die Krützmanns können vom Ladengeschäft allein in einer schwieriger werdenden Zeit nicht leben. Schon seit mehreren Jahren ist der Online-Schuhhandel neben der großen Stammkundschaft ein wichtiges Standbein für den alteingesessenen Betrieb geworden.
Schuhhändler will mehr Zeit für Frau und Hobbys haben
Mit dem Rückzug von Sandra Schmidt-Kuhlmann war’s das dann aber auch mit der Firmennachfolge. „Ich habe viele Interessen, komme im Augenblick aber nicht einmal dazu, ein Buch zu lesen. Jetzt ist es Zeit für die Rente und ich möchte auch mehr Zeit mit meiner Frau verbringen“, so Krützmann weiter. Er führt das Geschäft an der Lauenburger Straße 13 in vierter Generation. Im Schaufenster informiert er mit Plakaten über die Schließung im Sommer. „Wir haben noch die Ware für den Frühling und den Sommer bekommen. Alles wird mit 25 Prozent Rabatt verkauft. Wenn das Lager geräumt ist, schließen wir die Tür ab. Das dürfte im Juli oder August der Fall sein“, sagt der Einzelhändler aus Leidenschaft.
Das Gebäude an der Lauenburger Straße gehört der Familie Krützmann ebenso wie das Nachbarhaus, in dem Makler Engel & Völckers sein Schwarzenbeker Büro hat. „Was mit den Räumen passiert, weiß ich noch nicht. Ich suche einen Einzelhändler oder Dienstleister als Mieter, der zu Schwarzenbek passt. Aktuell gibt es Interessenten aber noch keine konkreten Gespräche“, sagt der 65-Jährige. Er werde aber sehr genau prüfen, an wen er vermietet und den Laden gegebenenfalls einige Zeit leer stehen lassen. Ein weiterer Euroshop komme für ihn als Mieter nicht in Frage, weil das der Innenstadt nicht gut tue.
Nachmieter für 150 Quadratmeter Ladenfläche gesucht
Der Laden ist nach mehreren Umbauten nur noch 150 Quadratmeter groß, ein Teil der Verkaufsfläche musste zwei Wohnungen weichen. Außerdem gibt es noch einen Keller, der aktuell als Schuhlager dient. Das Ehepaar Krützmann selbst wohnt direkt über dem Geschäft, der Eingang liegt seitlich neben dem Verkaufsraum mit eigenem Treppenhaus und kann vom Laden abgetrennt werden. „Es wird bestimmt komisch, morgens nicht mehr runterzugehen und Schuhe zu verkaufen. Aber meine Frau wird mir irgendwann schon sagen, wann ich den Laden das letzte Mal absperren soll“, erzählt der Inhaber schmunzelnd.
In den sozialen Netzwerken wird die Schließung bereits intensiv diskutiert. Viele der älteren Bewohner der Stadt haben ihre ersten Schuhe bei Krützmann bekommen und erinnern sich auch noch gerne an das elektronische Schaukelpferd, das vor der Tür stand und die schönen „Lurchi“- Bilderbücher, die es zum Paar neuer Schuhe gleich mit dazu gab. Klar ist: Für die Schwarzenbeker ist Krützmann eine Institution.
Ururgroßvater fertigte seit 1882 derbe Schuhe für Bauern an
Denn das Geschäft hat seinen Sitz seit 1882 in Schwarzenbek. Damals war Schwarzenbek ein Dorf mit 800 Einwohnern an einem Eisenbahnknotenpunkt. Schuhmachermeister Franz Krützmann ließ sich in dem Dorfflecken nieder und gründete seinen Betrieb. Er war der Ururgroßvater von Uwe Krützmann und er fertigte robuste Schuhe, die die Landbevölkerung benötigte. Und wenn ein Schuh kaputtging, wurde er repariert – natürlich von Franz Krützmann in seiner Werkstatt an der Meiereistraße. Neben der Fertigung neuer Schuhe war das das Kerngeschäft der Krützmanns bis zur Einführung industriell gefertigter Schuhe kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs.
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Eigentlich wollte Uwe Krützmann gar nicht in das Geschäft seiner Familie einsteigen. „Ich mache alles, nur kein Schuhhaus“, hatte er seinem Vater in den 1970er-Jahren noch gesagt. Doch sein älterer, mittlerweile verstorbener Bruder, der Familientradition entsprechend Franz genannt, wurde Steuerberater. Deshalb musste Uwe Krützmann ran, um den damals schon traditionsreichen Schuhhandel weiterzuführen.
Der Schwarzenbeker lernte den Schuhhandel von der Pike auf bei einem Händler in Hamburg. Dann übernahm er das Geschäft von seinem Vater, der natürlich auch Franz hieß. Ursprünglich hatten die Krützmanns von der Firmengründung im Jahr 1882 bis in die 1930er-Jahre ihre Werkstatt mit dem Schuhverkauf an der Meiereistraße direkt neben der Meierei, wo heute der Festsaal liegt. Um 1930 wollte die Meierei expandieren und kaufte den Krützmanns daher das Gebäude ab.
Mit dem Rückzug von Krützmann bleiben in der Europastadt noch zwei Schuhanbieter: Gleich nebenan gibt es eine Filiale von Armbruster. Im Lupuspark gibt es noch das K + K-Schuhcenter.