Geesthacht. Die Ermordung des US-Präsidenten, die Dönitz-Affäre in Geesthacht und das „Wunder von Lengede“ bestimmen 1963 die Schlagzeilen.

Der Mord an US-Präsident John F. Kennedy erschüttert die westliche Welt, auch in Deutschland sind die Menschen in tiefe Trauer gestürzt. Überall im Land wird auf Halbmast geflaggt. Der Lauenburger Jürgen Plagemann (heute 87) fühlt besondere persönliche Betroffenheit. Erst wenige Monate zuvor hatte er dem Hoffnungsträger einer ganzen Generation noch im Garten des Weißen Hauses die Hand geschüttelt. Anlässlich eines Empfangs des deutschen Ruder-Achters, dessen Mitglied Plagemann ist.

„Was mich bei Kennedy faszinierte: Er kannte sich aus, wusste unsere Namen und redete uns mit dem Vornamen an“, erinnerte sich Plagemann in einem früheren Gespräch mit unserer Redaktion an den passionierten Ruder-Fan. Derweil sorgt der Besuch des ehemaligen Großadmirals und Hitler-Nachfolgers Karl Dönitz am Geesthachter Gymnasium für einen Skandal – und eine Tragödie: Nachdem die Weltpresse die „Dönitz-Affäre“ aufgegriffen hat, wählt Schuldirektor Georg Rühsen den Freitod.

150 Jahre bz: Mord an John F. Kennedy erschüttert die Region

In unserer Serie zu 150 Jahren Bergedorfer Zeitung geht es diesmal um das Jahr 1963. Das beginnt mit eisiger Kälte. Zwölf Schwäne sind auf der Elbe bei Kirchwerder eingefroren, berichtet die bz in der ersten Ausgabe des Jahres am 2. Januar. Nachdem der Dezember 1962 mit einer Durchschnittstemperatur von 1,8 Grad Celsius der kälteste Monat in Schleswig-Holstein seit 1927 gewesen war (Dezember 2023: 4,1 Grad), ist die Elbe zugefroren. Der Krümmeler Fährmann macht aus der Not eine Tugend und hat eine Eisbahn über den Fluss angelegt. Die Benutzung kostet die Hälfte des Fährtarifs. Die Beifahrer müssen allerdings aussteigen. „Der maximale Achsdruck liegt bei 750 Kilogramm“, schreibt unsere Zeitung am 8. Januar. Erst am 30. Januar ist die Elbe wieder eisfrei.

Der damalige Schülersprecher Uwe Barschel schüttelt Karl Dönitz nach dem Vortrag die Hand.
Der damalige Schülersprecher Uwe Barschel schüttelt Karl Dönitz nach dem Vortrag die Hand. © unbekannt

Anfang Februar beginnt vor dem Hamburger Landgericht der Prozess zum tragischen Unfall einer S-Bahn am 6. Oktober 1961 mit 28 Toten und fast 100 Verletzten, die auf dem Weg nach Bergedorf am Berliner Tor mit einem Arbeitszug kollidiert war. Verantworten für das größte S-Bahn-Unglück in Hamburg müssen sich der Fahrdienstleiter sowie der Mitarbeiter, der für diese Aufgabe am Berliner Tor eingesetzt war. Letzterer wird nach drei Verhandlungstagen freigesprochen, sein Vorgesetzter erhält wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung eine Strafe von einem Jahr Gefängnis.

Affäre um Auftritt von Großadmiral a. D. Karl Dönitz in Geesthacht

Bereits am 22. Januar besucht der von Adolf Hitler in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkriegs zu seinem Nachfolger bestimmte Großadmiral a. D. Karl Dönitz das Geesthachter Gymnasium, welches erst 1968 den Namen Otto-Hahn-Gymnasium bekommen wird. Der damalige Schülersprecher Uwe Barschel, späterer CDU-Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, hatte den in Aumühle lebenden Dönitz eingeladen. Schüler der oberen Jahrgänge diskutierten seinerzeit regelmäßig mit Politikern, Gewerkschaftern oder Offizieren.

Karl Dönitz (r.) beim Handschlag mit Adolf Hitler im Juni 1942.
Karl Dönitz (r.) beim Handschlag mit Adolf Hitler im Juni 1942. © picture alliance/AP Images | Uncredited

Für die siebte Fragestunde hatte Geschichtslehrer Heinrich Kock, ein früherer Oberleutnant und Träger des Eisernen Kreuzes, den in den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen zu zehn Jahren Gefängnis verurteilten Dönitz als Gast vorgeschlagen. Das euphorische Lob unseres damaligen Redakteurs Karl Mührl, der auf einer Sonderseite Dönitz‘ Ausführungen „als Geschichtsunterricht in höchster Vollendung“ bezeichnet, löst einen Sturm der Entrüstung aus. „Genauso, wie er im Krieg seine U-Boot-Soldaten begeisterte und zu höchsten Leistungen anspornte, zog er auch diese Jugend schnell in seinen Bann“, schreibt Mührl.

„Dönitz Affäre“: Bergedorfer Zeitung schreibt eine Klarstellung

Die Kieler Landesregierung muss daraufhin Fragen beantworten, warum ein Kriegsverbrecher ungefiltert über sein verzerrtes Geschichtsbild referieren durfte. „Die Zeit“, „Spiegel“, „Le Monde“, „Times“ und andere berichten. Die DDR-Zeitung „Neues Deutschland“ wittert faschistische Umtriebe. Im britischen Unterhaus gibt es in der Folge sogar eine Anfrage zur „Dönitz-Affäre“.

Die Mohnhof-Kreuzung vor der 1963 anstehenden Umgestaltung.
Die Mohnhof-Kreuzung vor der 1963 anstehenden Umgestaltung. © bz | Egon Klebe

Am 9. Februar sieht sich die bz genötigt, eine Klarstellung „In eigener Sache“ zu bringen: Die Mehrheit der Redaktion habe die Fragestunde von vornherein für verfehlt gehalten und bedauert die Instinktlosigkeit der Schulleitung. Der positive Bericht Mührls resultiere aus seiner Zeit bei der U-Bootwaffe, wo er Dönitz als korrekten, untadeligen Vorgesetzten kennengelernt habe. Dennoch bedauere es auch Mührl, dass er entgegen seiner sonstigen Art keine Kritik geäußert habe.

Druck zu groß: Geesthachter Schuldirektor begeht Selbstmord

Der damalige Rektor Georg Rühsen ist dem öffentlichen Druck nicht gewachsen. Nach einem langen Gespräch mit einem Vertreter aus dem Kultusministerium, das später etwaige anstehende Disziplinarmaßnahmen zurückweist, schreibt Rühsen seiner Frau einen Abschiedsbrief: „Liebe Lonny, nimm es mir nicht übel. Ich gehe in den Tod.“ Auf dem Weg zur Elbe wird er am 8. Februar das letzte Mal lebend gesehen. Vermutlich stürzte er sich am Geesthachter Stauwehr in die Fluten. Seine Leiche wird erst am 25. April 1963 am Obergeorgswerder Deich gefunden. Heinrich Kock unterrichtet derweil noch bis 1973 am Gymnasium, und Karl Mührl wird später Chefredakteur der Bergedorfer Zeitung (1968–75).

Ein schweres Verbrechen erschüttert am 26. März Geesthacht: Der 19-jährige Ewald Flohr tötet seine 77-jährige Vermieterin Martha Richter, weil er kein Geld für die Unterkunft hat. Noch ist es mit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte in der Zeitung nicht weit her, das ändert sich aber ab der Jahresmitte. Danach werden zumindest die Nachnamen abgekürzt.

Ein Büchener bricht im VW-Bulli zur Weltreise auf

Im Jahr 1963 bringt die bz regelmäßig ganzseitige Berichte einer Weltreise, zu der der Büchener Helmut Erdmann mit seinen Freunden Wolfgang Stölting und Siegfried Schweighöfer aus Hittfeld (Landkreis Harburg) in einem buntbemalten VW-Bulli aufgebrochen sind. Zu Jahresbeginn haben sie Anatolien erreicht, fahren später ins syrische Homs. Im April treffen sie in Indien ein, Ende Juni bestaunen sie die Bergwelt des Himalayas beim Nanga Parbat. Weltreisen sind damals noch eine absolute Ausnahme.

Jeder achte Bergedorfer fährt derweil damals mittlerweile ein Kraftfahrzeug. Folge: „Das schwere Ackerpferd ist kaum noch gefragt“, titelt unsere Redaktion. Während die bz am 24. Oktober schreibt, „die Tuberkulose hat ihren Schrecken verloren“, weil es eine Impfung dagegen gibt, sorgt der Ausbruch von Pocken in Stockholm (17. Mai) für Alarmbereitschaft und Vorsichtsmaßnahmen in Hamburg und Schleswig-Holstein.

Wird Atommüll eines Tages auf den Mond geschossen?

Die beliebtesten Vornamen sind Sabine und Torsten, wie eine Auswertung im April ergibt. Optiker Bode macht Werbung für „unsichtbare Augengläser“ (gemeint sind Kontaktlinsen), und „Hochhäusern gehört die Zukunft“ lautet der Tenor der Ausstellung „plan60“ über künftige städtebauliche Konzeptionen im Bergedorfer Lichtwark-Haus im März. Im September beklagt sich indes ein Anwohner eines Einfamilienhauses in der Reinbeker Straße Auf dem großen Ruhm, dass neben seinem Grundstück ein achtgeschossiges Hochhaus entsteht – mit 1,40 Meter Abstand zur Grenze.

Bergedorfer Jungs haben im Winter 1963 einen Riesen-Schneemann gebaut.
Bergedorfer Jungs haben im Winter 1963 einen Riesen-Schneemann gebaut. © bz | Egon Klebe

Auch die Atomschifffahrt, die damals noch mit nur zwei „f“ geschrieben wurde, stehe vor einer großen Zukunft. „Wird Atommüll eines Tages auf den Mond geschossen?“, fragt die bz am 1. Oktober, als eine Sammelstelle für Atommüll bei der Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt (GKSS, heute Helmholtz-Zentrum) eröffnet wird. Als unsere Zeitung im November die Leser zu Namensvorschlägen für das atomar-betriebene Forschungsschiff aufruft, gibt es Hunderte Zuschriften. Vorschläge wie Atomatik, Urania oder Kernbeißer finden jedoch keinen Anklang. 1968 wird das Schiff schließlich wie das Gymnasium „Otto Hahn“ getauft.

Nach Flutkatastrophe: Deicherneuerung in Vier- und Marschlanden

Nach der verheerenden Flutkatastrophe von 1962 beginnen in den Vier- und Marschlanden die Arbeiten an einem neuen Elbdeich zwischen Oortkatenweg und Tatenberger Schleuse. Die Baugenossenschaft Bergedorf-Bille baut eine neue Siedlung am Wiesnerring, in Reinbek entstehen Wohnungen am Schaumannskamp, und der Geesthachter Bauverein baut in der Oberstadt die heutigen Vonovia-Blocks. Mietpreis: 2,02 D-Mark/m2.

Beim Bille-Bad wird am 14. Juni Richtfest gefeiert. In Geesthacht erfolgt die Grundsteinlegung für ein Alten- und Pflegeheim am Schiffbauerweg. Heute ist das Katzberg-Heim in die Jahre gekommen. Die Stadt wartet sehnlichst darauf, dass der Neubau in der Hafencity bezugsfertig ist. Am 9. November 1963 wird die inzwischen bereits wieder entwidmete St. Petri-Kirche nach dreijähriger Bauzeit eingeweiht. Der 50 Meter hohe Kirchturm auf dem Spakenberg ist der höchste Punkt im südlichen Teil des Kreises Herzogtum Lauenburg. Am 28. Oktober bezieht die Volksbank in Geesthacht den Neubau in der Rathausstraße.

800 Bundeswehrsoldaten suchen nach vermissten Vierjährigen

Das Rieck-Haus in Curslack feiert seinen 300. Geburtstag. Das „Lui“ in Bergedorf, einst Privatschule, inzwischen Gymnasium, besteht an Ostern 1963 seit 75 Jahren. Und Reinbek feiert sein 725-jähriges Bestehen, die bz bringt aus diesem Anlass am 26. Juni 16 Sonderseiten. Die Fußballer der TSV Reinbek steigen im Mai in die Verbandsliga auf. „Das ist unser Beitrag zur 725-Jahr-Feier“, sagt Obmann Münchow. Die erste Tischtennis-Sachsenwaldmeisterschaft des TSV Schwarzenbek ist noch kein Erfolg. Nur drei von zwölf eingeladenen Clubs machen mit. In diesem Jahr steigt die 51. Auflage der Sachsenwaldmeisterschaften.

So auf dem Boden liegend haben Astrid Gwidalksi und Eugen Juhre (beide 4 aus Schwarzenbek) die Nacht in einem unfertigen Haus verbracht. Sie hatten sich versehentlich eingesperrt.
So auf dem Boden liegend haben Astrid Gwidalksi und Eugen Juhre (beide 4 aus Schwarzenbek) die Nacht in einem unfertigen Haus verbracht. Sie hatten sich versehentlich eingesperrt. © bz | Egon Klebe

Am 27. Mai beginnt eine riesige Suchaktion im Heimatgebiet, nachdem zwei vierjährige Kinder – Astrid Gwidalksi und Eugen Juhre – verschwunden sind. Auch 800 Bundeswehrsoldaten aus Wentorf beteiligen sich daran. Die Geschichte endet nach einer Nacht mit einem Happy End: Die Kinder waren vor einem Gewitter in ein unfertiges Haus gegenüber dem Elternhaus geflohen und hatten sich hinter einer schweren Tür ohne Griff eingesperrt.

Kaum eine Woche ohne einen tödlichen Verkehrsunfall

In Geesthacht beginnt der Bau der Straßenbrücke über das Elbwehr (Eröffnung 1966). Die Sicherheit im Straßenverkehr lässt derweil weiter zu wünschen übrig. Es vergeht praktisch keine Woche, in der nicht über einen tödlichen Verkehrsunfall berichtet wird.

Besonders schlimm ist ein Zusammenstoß zweier Pkw auf der Bundesstraße zwischen Dassendorf und Brunstorf, wo es auch heute noch häufiger kracht, bei dem am 12. August 1963 vier Menschen sterben. „Zurück blieb das Grauen“, steht über der Sonderseite in der bz. Für die „Todeskreuzung von Bergedorf“ an Justus-Brinckmann-Straße und August-Bebel-Straße fordern Anwohner Vorfahrt für die Justus-Brickmann-Straße. Es gibt so viele Verkehrstote, dass es der bz eine Meldung wert ist, dass der Monat Oktober der erste im Polizeibezirk Geesthacht war, in dem es keinen Verkehrstoten gab.

Maximilian Schell und Ex-Kaiserin Soraya in Lohbrügge

Der Ausbau der Straßen schreitet 1963 voran. Mit der 963 Meter langen Brücke über den Fehmarnsund wird am 2. Mai das größte Verkehrsprojekt der Nachkriegszeit fertig. In Hamburg wird die Norderelbbrücke (A1) für den Verkehr freigegeben. Am 13. Juni macht die bz einen Streckentest. Ergebnis für die Fahrt mit dem Auto vom Bergedorfer zum Hamburger Hauptbahnhof: Die fünf Kilometer längere „Brückenroute“ ist in Spitzenzeiten mit 25 Minuten um 13 Minuten schneller, als die „normale“ Route über die B5. Mit der S-Bahn dauert es 20 Minuten.

Persiens Ex-Kaiserin Soraya und Maximilian Schell, verfolgt von Paparazzi, bei einem Besuch in Lohbrügge.
Persiens Ex-Kaiserin Soraya und Maximilian Schell, verfolgt von Paparazzi, bei einem Besuch in Lohbrügge. © bz | Egon Klebe

Im März kommt es zu Demonstrationen und Protesten der Bergedorfer Jugend, weil der beliebte Jugendheim-Leiter im Lichtwarkhaus, Karl-Heinz Kühnemund, nach Billstedt versetzt wird.

Promis werden auch schon damals von Paparazzi gejagt, wie Schauspieler Maximilian Schell und die mit ihm liierte Ex-Kaiserin Soraya von Persien am 4. Mai bei einem Besuch in Lohbrügge erfahren. Schell trifft dort privat den renommierten Kultur-Journalisten Jost Nolte („Welt der Literatur“), der sein Handwerk in der 50er-Jahren bei der Bergedorfer Zeitung gelernt hatte. Der Besuch gerät allerdings in die Schlagzeilen, weil Fotografen vom Treffen erfahren und in Lohbrügge zur Hetzjagd auf die prominenten Persönlichkeiten ansetzen. Schell fühlt sich genötigt – und unsere Zeitung berufen zu erklären, dass ja nur „ein Familenfoto“ entstehen sollte anstatt gehetzter Bilder.

Jost Nolte startete seine journalistische Laufbahn Mitte der 50er-Jahre als Kino-Kritiker bei der Bergedorfer Zeitung – das Foto entstand im Hansa-Lichtspielhaus am Brink in Bergedorf. Später baute er als Leiter des Kultur-Ressorts der Zeitung „Die Welt“ die renommierte Beilage „Welt der Literatur“ auf. Sie gilt bis heute als Meilenstein.
Jost Nolte startete seine journalistische Laufbahn Mitte der 50er-Jahre als Kino-Kritiker bei der Bergedorfer Zeitung – das Foto entstand im Hansa-Lichtspielhaus am Brink in Bergedorf. Später baute er als Leiter des Kultur-Ressorts der Zeitung „Die Welt“ die renommierte Beilage „Welt der Literatur“ auf. Sie gilt bis heute als Meilenstein. © Jost Nolte | unbek.

„Wunder von Lengede“: Elf Bergleute nach Grubenunglück gerettet

Im Juni stirbt Papst Johannes XXIII., sein Nachfolger wird Paul VI. Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) tritt im Oktober zurück. Auf ihn folgt Ludwig Erhard (CDU). Alt-Präsident Theodor Heuss (FDP) stirbt am 12. Dezember im Alter von 79 Jahren. Im Oktober dominiert das „Wunder von Lengede“ die Schlagzeilen: Elf Bergleute werden zwei Wochen nach einem Grubenunglück gerettet.

In der Welt gibt es Bestrebungen, die Spannungen zwischen Ost und West beizulegen. Die Nationale Volksarmee legt in der „Zone“ – das Wort „DDR“ gibt es im Sprachgebrauch nicht – dennoch einen Minengürtel. Westeuropa wächst derweil dank des EU-Vorläufers EWG weiter zusammen. Geesthacht und Hoogezand-Sappemeer nehmen am 29. Juni eine Städtepartnerschaft auf, die bis 2019 halten wird. In Bergedorf steigen vom 5. bis 10. Mai die europäischen Tage. Fragestellung: „Wo steht Europa?“

Bestürzung über Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy

Bei vielen der weltpolitischen Themen und den Rassenunruhen in den US-Südstaaten, wo er sich für die Gleichberechtigung der farbigen Bevölkerung einsetzt, ruhen die Hoffnungen auf dem erst vor zwei Jahren gewählten US-Präsidenten John F. Kennedy. „Er kam ganz ungezwungen über den Rasen und reichte jedem die Hand“, erinnert sich der inzwischen 87-jährige Jürgen Plagemann bis heute. Der Lauenburger Ruder-Weltmeister mit dem Achter aus 1962 trifft den ruderbegeisterten US-Präsidenten während eines Trainingslagers in den USA im Mai.

Privatpersonen haben Todesanzeigen für John F. Kennedy geschaltet.
Privatpersonen haben Todesanzeigen für John F. Kennedy geschaltet. © bz | Egon Klebe

Plagemann verfolgt, wie viele andere Deutsche, begeistert den Deutschland-Besuch Kennedys im Juni. In der bz gibt es seitenweise Berichte, eine ganze Rede wird im Wortlaut abgedruckt. Nur der berühmte Satz „Ich bin ein Berliner“ wird dabei noch nicht erwähnt. Der kommt erst zur Sprache, als in ganz Deutschland nach dem Mord am 22. November in Dallas weltweit Trauer und Bestürzung herrschen.

Woher der berühmte Satz „Ich bin ein Berliner“ stammen soll

Hätten Sie es gewusst? Den Satz soll Kennedy bereits 1961 unter vier Augen zu seinem russischen Pendant Nikita Chruschtschow gesagt haben, als dieser ihn zum Rückzug aus West-Berlin aufgefordert habe. Das schreibt die bz am 23. November. Nach Kennedys Tod trägt Deutschland Trauer. Selbst Privatpersonen schalten in Zeitungen Traueranzeigen. Nach einem Aufruf des Hamburger Senats bleiben die Tanzflächen leer. Hauni-Chef Kurt A. Körber lädt die Belegschaft an einem Sonnabend zu einer spontanen Betriebsversammlung ein. Dort ruft er die „Kennedy-Mission“ ins Leben, mit der kranken, armen und einsamen Menschen geholfen werden soll.

Ob Lee Harvey Oswald Kennedy wirklich ermordet hat und als Einzeltäter handelte, darum ranken bis heute Spekulationen. Die bz veröffentlicht bereits am 27. November, dass eine italienische Zeitung in Zweifel zieht, dass Oswald alleine gehandelt haben kann. Grund: Das von ihm verwendete italienische Carcano-Gewehr könne technisch gar nicht drei Schüsse in fünf Sekunden abgeben, wie Filmaufnahmen des Mordes zeigen. Pro Schuss benötige man zum Durchladen und Zielen zehn Sekunden. Jeder zweite US-Amerikaner glaube zudem an eine Verschwörung.

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Jürgen Plagemann ist derweil einfach nur traurig. Zumal JFK bereits ein zweites Treffen mit dem Deutschland-Achter bei oder nach den Olympischen Spielen von Tokio 1964 in Aussicht gestellt hatte, zu dem es nicht mehr kommen sollte. Plagemann gewinnt in Tokio die Silbermedaille. Das Jahr 1963 endet in der Region derweil, wie es begonnen hatte: kalt. Am 14. Dezember fallen über Nacht 25 Zentimeter Neuschnee.