Geesthacht. Vorgeschmack auf den Bahnanschluss nach Hamburg: Die Eisenbahn GmbH will kommendes Jahr die Stadt mit modernem Triebwagen ansteuern.
Die historische Dampflok Karoline bricht regelmäßig zu ihren Sonderfahrten auf, ansonsten machen sich Züge mit Personenverkehr rar auf der Bahnstrecke zwischen Geesthacht und Bergedorf. Der reguläre Betrieb für Fahrgäste wurde im Oktober 1953 eingestellt, die bisher letzte Möglichkeit für einen Zustieg in einen modernen Triebwagen gab es im Juli 2016. Die AKN Eisenbahn GmbH war für Sonderfahrten zu Gast anlässlich des 800-jährigen Stadtjubiläums.
2024 erlebt dieses Ereignis ein Comeback. Erneut feiert Geesthacht – dieses Mal 100 Jahre Stadtrecht–, und wiederum fährt AKN mit einem Triebwagen vor. Die Planungen laufen. Das Unternehmen aus Kaltenkirchen lässt sich auf Nachfrage noch keine Details und Termine entlocken, aber fest steht die Absicht, die Fahrten im ersten Halbjahr durchzuführen.
Comeback für die AKN in Geesthacht: 2024 hält wieder ein Triebwagen am Bahnsteig
Eingebunden in die Geesthachter Feierlichkeiten Mitte Juni sind auch Stadtbarkasse Piep (Baujahr 1925) und Dampflok Karoline (Baujahr 1945). Die Stadtsatzung datiert vom 13. Juni 1924, die Termine zur Feier sind in den Tagen rund um dieses Datum vorgesehen. Dass es dann zum Treffen von alter unter neuer Technik kommt, will Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze nicht verneinen. „Das könnte denkbar sein“, sagt er zurückhaltend auf Nachfrage.
„Wir sind im Austausch, dass wir etwas machen werden. Ich gehe davon aus, es wird im Zeitraum Frühjahr bis Sommer sein“, erklärt Olaf Schulze. Und: Die Züge werden dann nicht nur zum Bestaunen die Reise nach Geesthacht antreten. „Wir wollen dann auch mit Personen fahren“, sagt Olaf Schulze.
An den Bahnsteigen in Börnsen und Escheburg durfte nicht gehalten werden
Im Jahr 2016 hatten die Geesthachter Ortsgruppen der Umweltverbände BUND und Nabu die Sonderfahrten organisiert. Die Kosten für den angemieteten Triebwagen vom Typ LINT54 hatten die Stadt und der Verkehrsdienstleister NAH.SH übernommen. Die Fahrten zwischen Krümmel, dem Freizeitbad, Geesthacht und Bergedorf-Süd waren für Mitreisende kostenlos.
Anders als Dampflok Karoline durfte der Triebwagen damals wegen fehlender Podeste an den alten Bahnhöfen in Escheburg und Börnsen nicht halten. In Bergedorf-Süd dagegen wurden Einstiegshilfen montiert.
Hohe Symbolkraft für den angestrebten Bahnanschluss nach Bergedorf
„So kann sich jeder ein Bild davon machen, wie eine künftige Bahnverbindung zwischen Geesthacht und Bergedorf funktioniert“, sagte damals Gerhard Boll vom BUND, einer der Organisatoren. Der Verkehrsexperte der Geesthachter Grünen war damals bei jeder Fahrt dabei und ist immer noch einer der engagiertesten Verfechter für den Bahnanschluss von Geesthacht nach Hamburg. Mit den neuen Fahrten hätten die damaligen Organisatoren diesmal aber nichts zu tun, sagt Gerhard Boll.
Natürlich hat das Vorfahren des AKN-Zuges auch hohe Symbolkraft für den angestrebten Bahnanschluss von Geesthacht nach Bergedorf. Bisher ist es der einzige feststehende Termin, der dafür im kommenden Jahr Werbung machen wird, sagt Olaf Schulze. Das Projekt befindet sich immer noch in der Stufe der vom Land Schleswig-Holstein beauftragten Vorplanung, die erst im Laufe des Jahres angeschlossen sein soll.
Besuch des Wirtschaftsministers im Rathaus hatte sich gelohnt
„Wir müssen das Jahr abwarten. Es gibt im Moment ja nichts Neues“, erklärt Olaf Schulze. Deshalb seien zunächst keine weiteren Treffen geplant mit Gästen wie zum Beispiel Claus Ruhe Madsen im April. Schleswig-Holsteins Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus war auf Einladung von Olaf Schulze ins Rathaus gekommen. Ein Besuch, der sich gelohnt hatte. Es war damals das erste Mal, dass ein Spitzenpolitiker der Landesregierung so unmissverständlich klar den Willen zum Anschluss bestätigte.
„Jetzt haben wir uns mit Hamburg verständigt und gesagt, ,wir legen uns fest’. Sonst kommen wir von einer Ausschusssitzung in die nächste, um zu diskutieren. Und jetzt wissen wir wie, und es muss jetzt umgesetzt werden“, bekräftigte Claus Ruhe Madsen vor einem halben Jahr. Gleich im Mai zog Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks nach.
Geesthachts Bürgermeister Schulze will zunächst abzuwarten, was das Jahr bringt
Er gastierte auf Einladung der Grünen im Krügerschen Haus und sagte als erster Politiker aus der Hansestadt vor den Gästen ebenfalls Ja zum Bahnanschluss. Im Oktober dann sprach sich die Hamburger Bürgerschaft offiziell für die Reaktivierung der Bahntrasse für den Personenverkehr aus gefolgt vom Landtag in Kiel, ebenfalls noch im Oktober.
Jetzt gelte es, abzuwarten, plädiert Olaf Schulze. Die Kosten/Nutzung-Abwägung, das komme alles erst nach Abschluss der Vorplanung. Genau wie die weitere Detailplanung, etwa, was in Sachen Lärmschutz für Anwohner entlang der Strecke zu tun sei. Laut der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2020 soll die Bahn mit 80 Kilometern pro Stunde fahren können.
Einige AKN-Vertreter waren überrascht von den Pendlerzahlen
„Da müsse man gucken, was nötig ist. Wir können zurzeit überhaupt nicht sagen, wie laut die Züge überhaupt werden“, meinte Olaf Schulze. Die ersten Züge dürften frühestens in den 2030er-, möglicherweise erst in den 2040er-Jahren fahren. Er trat zudem Ideen entgegen, die Strecke in Bergedorf-Süd von Geesthacht aus in einem Sackbahnhof enden zu lassen.
Am 2. November konnte Olaf Schulze hochrangige Vertreter der AKN in Geesthacht begrüßen. Die AKN als gemeinsames Eisenbahninfrastrukturunternehmen ist bei der Planung federführend. Ziel der Vorplanung ist, dass der volkswirtschaftliche Nutzen höher ist als die Kosten, nur dann fördert der Bund die Maßnahme mit bis zu 90 Prozent der Summe. „Einige waren da schon überrascht, als wir die Pendlerzahl vorstellten“, erzählt Olaf Schulze. Mit Stand 31. Dezember wurden 10.571 Auspendler aus Geesthacht ermittelt, 8395 Einpendler bei 5952 Pendlern, die innerorts unterwegs sind. Macht insgesamt täglich 24.918 Pendler.
Die Summen aus der Machbarkeitsstudie dürften sich überholt haben
Die sollen, sofern sie auf die Bahn umsteigen, dereinst von Geesthacht aus in etwa 23 Minuten die Lohbrügger Seite des Bergedorfer Bahnhofes zum Umsteigen erreichen. Sollte es zur Durchbindung an den Hauptbahnhof kommen, werden dafür 30 Minuten angesetzt. Die Machbarkeitsstudie erwartet 7500 Fahrgäste – 60 Prozent würden zum Hauptbahnhof wollen.
In der Studie wird bei der 14 Kilometer langen Variante zum Bergedorfer Bahnhof mit Herstellungskosten von 73,3 Millionen Euro und jährlichen Betriebskosten in Höhe von 17,1 Millionen Euro ausgegangen. Eine Variante mit Durchbindung zum Hamburger Hauptbahnhof und einer Brücke über den Weidenbaumsweg schlug zum Zeitpunkt der Planung mit 102,9 Millionen Euro und Betriebskosten in Höhe von 20,3 Euro Millionen zu Buche. Diese Summen dürften mittlerweile nicht mehr zu halten sein.
- Pegel der Elbe steigt: Was rollt da auf Lauenburgs Altstadt zu?
- Es läuft am Stauwehr: Fische können endlich wieder Treppe steigen
- Wie Geesthacht den Kampf gegen den Flächenfraß aufnehmen will
Während sich die bahnanschlussfreundliche Bergedorfer, Escheburger und Geesthachter CDU mittlerweile in einem Arbeitskreis überkommunal austauschen, sei auf Verwaltungsseite zwischen Bergedorfer und Geesthachter Rathaus bisher kein Schulterschluss vollzogen, berichtet Olaf Schulze. Auch der Austausch mit der AKN über den Fortgang der Planungen erfolge unregelmäßig, je nach Lage. So etwas wie einen regelmäßigen runden Tisch gebe es nicht. „Wir sind schon froh, dass wir bei der Planung vorverlegt wurden. Es war mal angedacht, uns auf 2027 oder 2028 zu schieben“, sagt Olaf Schulze.