Geesthacht. Schleswig-Holsteins Landtag folgt Hamburgischer Bürgerschaft. Bis die Pendlerstrecke reaktiviert ist, könnte es trotzdem lange dauern.
Nach der Hamburgischen Bürgerschaft hat sich auch der Landtag Schleswig-Holsteins mit der Schienenanbindung Geesthachts an die Metropole Hamburg befasst. Das Parlament fordert die Landesregierung auf, die nächsten Schritte zu tun. Neben der Frage der Finanzierung des 100-Millionen-Euro-Projektes sind dies vor allem erste konkretere Planungen und damit die Klärung wichtiger Detailfragen.
Zunächst waren die Koalitionäre CDU und Grüne sowie die SPD-Opposition mit zwei Anträgen angetreten. Zur Abstimmung im Landtag schloss sich die SPD-Fraktion dem Antrag der Regierungsparteien an. Er entspricht der Vorlage, die die Hamburgische Bürgerschaft diese Woche bereits einstimmig beschlossen hat.
Bahn nach Geesthacht: Direktverbindung nach Hamburg erst Ende der 2030er-Jahre
In zwei wichtigen Punkten herrscht Klarheit. Auch wenn in öffentlichen Diskussionen und auch Anträgen immer wieder von „Regionalverkehr“ die Rede ist: Für die Strecke Geesthacht–Bergedorf geht es nicht um eine Regionalbahn. Das Projekt soll nach der Bauordnung für Straßenbahnen realisiert werden. Der Plan: Auf der alten AKN-Strecke, auf der vor ziemlich genau 70 Jahren der letzte Personenzug fahrplanmäßig verkehrte, soll eine Art Stadtbahn Geesthacht ans Schienennetz anschließen.
Zweitens: Eine Anbindung an den Hamburger Hauptbahnhof ist gewünscht, in den kommenden zehn bis zwölf Jahren jedoch extrem unwahrscheinlich. Was Insider zunächst nur hinter vorgehaltener Hand äußerten, ist inzwischen anerkannt. Frühestens ab Mitte, eher Ende der 2030er-Jahre dürfen Geesthachter darauf hoffen, ohne Umsteigen bis zum Hamburger Hauptbahnhof
durchfahren zu können.
Bahn nach Geesthacht: Umsteigen in Bergedorf wird zunächst die Regel
Deutlich schneller kann die Verbindung nach Bergedorf auf den bestehenden Gleisen erfolgen. In Bergedorf soll die Möglichkeit geschaffen werden, niveaugleich auf einem Bahnsteig zwischen Geesthacht-Bahn und S-Bahn umzusteigen. Davor müssen diverse Fragen geklärt werden, wie auch die Landtagsabgeordneten Lukas Kilian und Andrea Tschacher (beide CDU) sowie Oliver Brandt (Grüne) aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg wissen.
„Dieser Beschluss ist der nächste Schritt auf dem Weg für eine Bahnanbindung von Geesthacht“, sagt Brandt. Er freue sich, dass sich nach Jahrzehnten endlich etwas bewege. „Unsere Landesregierung wird beauftragt, gemeinsam mit Hamburg nunmehr in die Grundlagen- und Vorplanung einzusteigen. Dabei sind auch die berechtigten Anliegen der Anwohnerinnen und Anwohner in Bezug auf Lärmschutz zu berücksichtigen.“
Bahn nach Geesthacht: Lärmschutz und Vorsorge gegen Gebäudeschäden
Hinzu kommen Befürchtungen, dass im Gründerzeitquartier Bergedorf-Süd Schäden an den alten Gebäuden auftreten könnten. Viele Häuser nördlich der Bahntrasse wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf weichem Marschboden errichtet. Andere Kritiker, auch im Kreis Herzogtum Lauenburg, wollen sich nicht damit anfreunden, dass bald eine „Bahn durch unsere Vorgärten fahren soll“.
Tatsächlich ist die Schienenstrecke aber weiterhin eine offizielle Bahntrasse. Folge: Für die Wiederaufnahme des Zugverkehrs bedarf es im Prinzip keines neuen Planfeststellungsverfahrens.
Die Planung als Straßenbahnverbindung bietet weitere Vorteile, erläutert Lukas Kilian, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Die Regeln sind weniger einschneidend gegenüber denen für eine neue Bahntrasse, die für höhere Geschwindigkeiten und schwerere Züge ausgelegt wäre. Für einen Neubau wären zudem niveaugleiche, beschrankte Bahnübergänge unzulässig.
CDU: Staus an Bahnübergängen müssen vermieden werden
Doch auch für die geplante Verbindung soll hingeschaut werden, etwa für drei von sechs Übergängen im Bezirk Bergedorf. Angesicht der hohen Verkehrsdichte auf den Straßen soll für die Überfahrten von Weidenbaumsweg/Sander Damm, Vierlandenstraße und Curslacker Heerweg nach neuen Lösungen gesucht werden, fordert der beschlossene Antrag. „Dass sich an häufig geschlossenen Schranken lange Staus von Autos und Fahrradfahrern bilden, ist nicht akzeptabel“, stellt Kilian klar. Ob Tunnel oder Brücken eine Lösung seien, müsse sich zeigen.
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Für die Direktverbindung zwischen Geesthacht und Hamburg-Hauptbahnhof müssen weitere komplexe Aufgaben bewältigt werden. So etwa der zweispurige Ausbau eines bestehenden Streckenabschnitts sowie die Stromversorgung für die „Straßenbahn“ – neben S-Bahn und Fernbahngleisen.
Im Hauptbahnhof fehlt Platz für die Geesthacht-Bahn
Dazu kommen notwendige Umbauten im Hamburger Hauptbahnhof. Als deutscher Bahnhof mit den meisten Passagieren täglich platzt der schon heute aus allen Nähten. Platz soll dadurch geschaffen werden, dass S-Bahnlinien, die bislang im Hauptbahnhof selbst halten, in einen neuen Tunnel verlegt werden. Erst danach bietet sich die Chance, Bahnen aus Geesthacht fahrplanmäßig im Hauptbahnhof halten zu lassen.
„Unser Ziel ist, dass es eine Verbindung von Geesthacht bis zum Hauptbahnhof gibt. Erst über einen Umstieg in Bergedorf, langfristig wollen wir aber eine Durchbindung. Die Gleise liegen da, nur die Anbindung an den Bergedorfer Bahnhof – beziehungsweise die Durchbindung nach Hamburg ist schwierig“, so Andrea Tschacher am Freitag im Landtag.
Angebot an Pendler, vom Auto auf die Schiene umzusteigen
Das Ziel sei, „mehr Pendlerinnen und Pendler von Autos auf die Bahn umzuleiten“ – nicht als Erziehungsmaßnahme, sondern als Angebot. Tschacher: „Nur wem ein gutes ÖPNV-Angebot zur Verfügung steht, der hat die Möglichkeit, sein Auto stehen zu lassen.“