Geesthacht. Familie Pietzko aus Geesthacht geht wieder auf Tour. Doch statt in den heißen Süden lockt es das Heidi-Team Richtung Polarkreis.

Wie reagieren Kinder, die noch nie einen richtigen Winter erlebt haben, auf Schnee? Genauer: auf Unmengen von Dauerschnee, auf Eis, auf Temperaturen von -20 Grad und nur drei Stunden Helligkeit am Tag? FamiliePietzko wird es in Kürze wissen. Das „Heidi-Team“ aus Geesthacht, bekannt geworden durch die Abenteuerreise mit dem rosa Wohnmobil bis in den Oman, startet am 1. Weihnachtstag zu einer neuen Tour.

„Wir wollten mal genau das Gegenteil von der letzten Reise machen“, erklärt Jonas Pietzko das Vorhaben. „Und ich möchte unbedingt mal die Nordlichter sehen“, verrät Jessica Pietzko. Ergo geht es für die Familie mit dem Faible für außergewöhnliche Reisen nun mitten im Winter in den hohen Norden bis an den Polarkreis in Finnland.

Familie Pietzko startet am 1. Weihnachtstag zu einer neuen Abenteuerreise

Einen Erstkontakt zwischen Kleinkind und Kälte hatte es vor drei Wochen beim winterlichen Kurzbesuch gegeben, und der verlief vielversprechend. „Jana hatte den ersten Schnee ihres Lebens gesehen“, berichtet Jessica Pietzko. Die Zweijährige sei schier „ausgeflippt“. „,Mama, was ist das?‘, wollte sie wissen“, erzählt die Mutter. Kurzerhand wurde der 80 Jahre alte Familienschlitten reaktiviert und auf der benachbarten Traberbahn für Pferde am Schäferstrift hinter einen Trecker gespannt, um ein paar Runden zu drehen.

Viertklässler Jano kannte das Schlittenfahren bereits – nur anders. Jonas Pietzko hatte ihn auf einer Schale sitzend durch den Wüstensand gezogen. Der Schneespaß auf der Pferdebahn hielt indes nicht allzu lange an. Unter dem Gewicht von Jonas Pietzko ging der betagte Schlitten schließlich zu Bruch. Das dürfte mutmaßlich der erste und wohl einzige Schlittenunfall in Geesthacht gewesen sein in diesem Jahr.

Oldtimer Heidi hält Winterschlaf im warmen Schuppen - der Diesel könnte einfrieren

Jonas und Jessica Pietzko aus Geesthacht waren mit ihren Kinder Jano und Jana in einem rosa Mercedes Rundhauber 1113 namens Heidi seit Februar 2022 auf Weltreise, die sie bis in den Oman führte.
Jonas und Jessica Pietzko aus Geesthacht waren mit ihren Kinder Jano und Jana in einem rosa Mercedes Rundhauber 1113 namens Heidi seit Februar 2022 auf Weltreise, die sie bis in den Oman führte. © Jessica Pietzko | Jessica Pietzko

Für die Reise bis nach Finnland wurde umgehend ein neuer Schlitten bestellt, Lieferfrist eine Woche. Schlitten sind mangels Schnee mittlerweile wenig nachgefragt in Deutschlands nördlichen Breiten. Außerdem war ein neues Auto fällig. Oldtimer „Heidi“ hält Winterschlaf in einem warmen Schuppen. Und so soll es auch bleiben. „,Heidi ist ein Sommerkind“, weiß Jessica Pietzko.

Der 44 Jahre alte Mercedes Rundhauber läuft mit Diesel, und der könnte bei den extremen Minusgraden einfrieren. „Vor zwei Wochen waren es dort schon mal -20 Grad, aktuell sind es -8 bis -10 Grad“, sagt Jonas Pietzko. „Das ist dort eine angenehme Temperatur, die Luft ist trocken. Unangenehm wird es laut Bekannten erst ab -30 Grad.“

Verkauf von Heidi steht noch aus – zwei Familien haben Interesse

Der beabsichtigte Verkauf von „Heidi“ hat noch nicht stattgefunden. Zwei Familien zeigen weiterhin Interesse. Die einen warten auf einen Geldsegen aus einem Hausverkauf, die andere Familie will erst im Mai aktiv werden. So bliebe noch Zeit für eine Abschiedstour mit Heidi im April, die von den Pietzkos in der Tat überlegt wird.

Angetreten wird die Tour mit einem neuen Wagen, der im Oktober in Hannover extra für dieses Vorhaben gekauft wurde. Ein gebrauchter Mazda CX 9, Baujahr 2010, angetrieben von einem 3,7 Liter V6 Motor mit 273 PS und Allrad-Antrieb, ausgerüstet mit je einem 70-Liter-Tank für Benzin und einem für Gas. Verbrauch: 25 Liter. „Dementsprechend hangelt sich die Route von Gasstation zu Gasstation“, erklärt Jonas Pietzko.

Drei Stunden Tageslicht – auf dem Dach sorgt eine Leiste für Extrabeleuchtung

Ans Heck des Mazda hat Jonas Pietzko einen Kasten mit einer Outdoorküche gebaut. Außerdem sind die Schneesocken für die Reifen hier verstaut.
Ans Heck des Mazda hat Jonas Pietzko einen Kasten mit einer Outdoorküche gebaut. Außerdem sind die Schneesocken für die Reifen hier verstaut. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Wie schon bei Heidi hat der passionierte Bastler Jonas Pietzko wieder Hand angelegt. Als selbstgebautes Extra prangt für die Sicherheit eine Lichtleiste auf dem Dach über die gesamte Fahrzeugbreite. „Das Tageslicht dauert dort zurzeit gerade einmal drei Stunden an, dann ist es wieder dunkel“, erklärt Jonas Pietzko den Aufwand.

Das Heck ziert ein silberfarbener Kasten, das ist eine Outdoorküche mit Gasbrenner und Kartuschen. Außerdem lagern die Schneesocken für die Reifen hier drin. Sie halten zwar nur etwa 40 Kilometer, und ein Paar kostet 45 Euro. Schneeketten allerdings sind teurer (180 Euro), könnten reißen und dann den Radkasten zerstören. „Die Gefahr, dass man rutscht, ist wegen der Fahrt über die feste Schneedecke auch geringer als hier“, sagt Jonas Pietzko.

In Stockholm wird in einem Tiny House übernachtet

Gestartet wird am 1. Weihnachtstag um 2.30 Uhr. Eher ging nicht wegen Weihnachtsbesuchen – und Jano hat am Heiligabend sogar noch eine Aufführung in der Düneberger Christuskirche. Mit der Fähre wird übergesetzt ins dänische Rödby, über die Öresund-Brücke wird Schweden erreicht.

In Stockholm steht die erste Übernachtung in einem Tiny House an. In den Mazda hat Jonas Pietzko zwar auch zwei Betten eingebaut, aber die sind nur für die Kinder gedacht für den Schlaf zwischendurch. Weiter geht es dann 600 Kilometer weiter Richtung Norden durch Uppsala „mitten rein ins schwedische Nichts“, freut sich Jonas Pietzko.

Winterträume vom Iglu-Bau und gefrorenen Seifenblasen

Erstes Ziel am 27. Dezember ist eine Hütte in Lansjärv mit Holzsauna und Kamin. „Eine Woche im Nirgendwo auf 400 Metern Höhe“, sagt Jessica Pietzko. Das Areal gehört zu einem Rentieraufzuchtsgebiet. Zu erwarten ist, dass hin und wieder die eine oder andere Herde durch den Garten läuft. Zudem gibt es Schnee satt. Bautechniker Jonas Pietzko hat sich bereits schlau gemacht, wie man ein Iglu baut, Sohn Jano will unbedingt Eisangeln ausprobieren, und Jessica Pietzko packt Pustefix-Seifenschaum ein, um die Kinder mit eingefrorenen Seifenblasen zu überraschen.

Das zweite Ziel der Reise liegt dann am 3. Januar noch einmal 300 Kilometer weiter nördlich am Polarkreis in Finnland. Rovaniemi ist eine als Dorf des Weihnachtsmannes weltbekannt gewordene Ortschaft. Diese Kultstätte wollen sich Jonas und Jessica Pietzko nicht entgehen lassen. Dabei sind weder Jona noch Jana im Glauben an den Weihnachtsmann aufgewachsen.

Schulhofprügelei wegen des Glaubens an den Weihnachtsmann

„Ich selbst habe bis zur 2. Klasse an ihn geglaubt und mich sogar auf dem Schulhof geprügelt, als eine Mitschülerin sagte, den gebe es gar nicht“, erinnert sich Jessica Pietzko. Sie sei dann enttäuscht gewesen, von den Eltern belogen worden zu sein. Den eigenen Kindern wollte sie das ersparen. Sie glaubt, hier gute Chance für die Sichtung von Polarlichtern zu haben. Eine App für entsprechende Benachrichtigungen hat sie sich aufs Handy geladen.

Am 7. Januar will Familie Pietzko zurück in Geesthacht sein. Schließlich muss Jano wieder zur Schule. Die Rückfahrt bietet noch ein Highlight. Der Storsjön See verwandelt sich regelmäßig im Winter bei entsprechender Eisdicke in eine riesige Eisstraße. „Noch ist er allerdings nicht freigegeben“, hat Jonas Pietzko bereits ermittelt.

Die Buchstaben auf dem Nummernschild erinnern an gute Freunde

Ein Part der Vorgänger-Reise ist im Nummernschild verewigt. Hinter dem RZ rangiert als Zusatz KS. „Die Buchstaben stehen für Königreich Saudi-Arabien“, erklärt Jonas Pietzko. Es ist eine Sympathiebekundung. Die beiden haben auf der Durchfahrt dort gute Freunde gewonnen. Einer von ihnen war vor Kurzem in Frankfurt, hatte dort die gesamte fünfte Etage eines Hotels gemietet.

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Ehrensache, dass die Pietzkos zum Wiedersehen eingeladen waren. Die haben ihrerseits in Skandinavien ebenfalls einen Freundschaftsdienst zu leisten. „Eine Freundin in Saudi-Arabien hatte mich gebeten, dass ich ihren Namen dort in den Schnee schreibe“, erzählt Jessica Pietzko. An sie müsse sie immer denken, wenn in Geesthacht schlechtes Wetter sei. „,Lächle doch, wir freuen uns hier immer, wenn es regnet‘, habe sie ihr geraten“, berichtet Jessica Pietzko.