Geesthacht. Familie Pietzko aus Geesthacht ist seit 13 Monaten in ihrem rosa Oldtimer „Heidi“ unterwegs. Wie eine Weltreise geplant wird.

Familie Pietzko aus Geesthacht hat Anfang 2022 ihr Reihenhaus und fast alle Habseligkeiten verkauft und ist seit über einem Jahr auf Weltreise. Vor Januar 2024 wollen sie nicht zurück sein. Dafür haben die Erwachsenen Elternzeit genommen. Seitdem ist ein zum Expeditionsmobil umgebauter rosa Oldtimer namens „Heidi“ das Zuhause von Jonas und Jessica (beide 35) und ihren Kindern Jano (9) und Jana (2).

Ältester Reiseteilnehmer ist aber der allradbetriebene Mercedes-Rundhauber mit dem Baujahr 1978. Bei ihrer Weltreise mit „Heidi“ haben sie schon zwölf Länder bereist und viele Abenteuer erlebt. Den Aufenthalt im Sultanat Oman haben sie inzwischen bis zum 8. April verlängert.

Von Geesthacht aus auf Weltreise mit „Heidi“

Doch wie kam es überhaupt dazu, dass sich die Pietzkos zur Weltreise entschlossen haben und welche Hürden mussten sie vorab aus dem Weg räumen? „Es war ein schleichender Prozess und es gab mehrere Beweggründe“, sagt Jessica Pietzko.

Immer wieder Ärger machte das Reihenhaus im Gorch-Fock-Weg, an dem es viel zu tun gab. Ihr Mann hatte in Folge der Arbeiten schon zwei Bandscheibenvorfälle und zehn Kilo abgenommen. Dazu kam die Belastung durch die schwere Neurodermitis von Sohn Jano, die viele Arztbesuche nach sich zog. Kurzum: Die Pietzkos waren mit der Gesamtsituation unzufrieden.

Wie eine Weltreise geplant wird

Eine Entscheidung darüber, was einem wirklich wichtig im Leben ist, steht meist am Anfang. Die Pietzkos entschieden sich für eine Auszeit als Familie. Hernach galt es die Elternzeit, die Krankenschwester Jessica nach der Geburt von Tochter Jana genommen hatte, auf drei Jahre zu verlängern.

Weniger begeistert war Hamburg Wasser, der Arbeitgeber von Bautechniker Jonas Pietzko, als von seinen Plänen berichtete. Letztlich sind die deutschen Gesetze aber eindeutig. „Dass wir drei Jahre, zwar unentgeltlich, in Elternzeit gehen können und danach in den Job zurückkehren können, darum beneiden uns ganz viele Weltreise-Familie aus anderen Ländern, die wir getroffen haben“, sagt Jessica Pietzko.

Jessica, Jana, Jano und Jonas Pietzko auf dem Dach von „Heidi“.
Jessica, Jana, Jano und Jonas Pietzko auf dem Dach von „Heidi“. © Jessica Pietzko | Jessica Pietzko

Die Makler kamen derweil „undercover“ zu ihnen nach Hause, um den Verkauf des Reihenhauses in die Wege zu leiten. Schließlich sollten die benachbarten Verwandten noch nichts mitbekommen. Der Hausverkauf lief am leichtesten. Über 200 Anfragen gingen ein, 25 Bewerber kamen zum Besichtigungstermin. Am Ende bekamen die Pietzko zudem noch deutlich mehr Geld als erhofft.

Bis auf zehn Kartons, die bei Jessicas Mutter auf dem Dachboden eingelagert sind, verkauften sie ihren kompletten Hausrat bei Ebay oder Straßenflohmärkten. Der Rest wurde verschenkt. In der Zwischenzeit wohnten sie für zwei Monate Übergangsweise in einer WG in Reinbek.

Lkw-Führerschein in Rekordzeit

Zu klären waren immer noch ein Berg Dinge. Nach dem Kauf ihres Expeditionsmobils „Heidi“ musste Jonas Pietzko in aller Eile einen Lkw-Führerschein machen. Das dauert in der Regel zwischen drei und vier Monaten. „Ich habe anderthalb“, eröffnete Jonas den verdutzten Unternehmern.

Bei der VBZ in Geesthacht stieß er schließlich auf Verständnis und zog es im Akkord durch. Gleichzeitig bauten sie bei „Heidi“ noch eine Standheizung und eine Waschmaschine ein. Letztere war wichtig, weil Jano wegen seiner Neurodermitis nur bestimmte Waschmittel verträgt.

Über Reiseblogs oder Instagram-Berichte – sie selbst sind über „DieJotsundHeidi“ zu finden – von anderen Weltreisenden holten sich wichtige Tipps ein, etwa was bei den jeweiligen Grenzübergangen zu beachten sind.

Über Österreich und Italien ging es für sie nach Albanien, Griechenland, Bulgarien und die Türkei sowie weiter nach Israel, Jordanien, Saudi-Arabien, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate, bis sie schließlich im Oman ankamen.

Einfach Technik: „Heidi“ hat kein Hightec.
Einfach Technik: „Heidi“ hat kein Hightec. © Jessica Pietzko | Jessica Pietzko

Die weiteren Dinge rattert Jessica Pietzko nur so herunter: „Welche Versicherungen wollen wir behalten, welche optimieren, müssen wir Geld mitnehmen, wechseln wir vor Ort Geld, wo gibt es noch Wechselstuben, wo sind Krisengebiete. Den Nachsendeantrag bei der Post stellen, die kommt jetzt zu meiner Mama, das Auto abmelden und verkaufen. Tja, und den Rest haben wir einfach ein Stück auf uns zukommen lassen.“

Häufige Reaktion: „Wie mutig ihr seid!“

Eine häufige Reaktion auf ihre dreijährige Weltreise-Pläne lautete: „Wie mutig ihr seid! Das wäre nichts für uns“, berichtet Jessica Pietzko. „Ich frage mich immer, woher man das weiß, ohne es probiert zu haben. Klar, ist erstmal das Haus weg. Wir hatten aber nie Angst, keine Wohnung bei der Rückkehr zu bekommen. Es wird sich schon was ergeben.“

Zur Verabschiedung gab es eine kleine Feier mit den Nachbarn und der Familie. „Das war ganz süß. Wir haben Bilder und Briefe bekommen, dass wir sie bloß nicht vergessen sollen. Es flossen viele Tränen, vor allem bei meiner Mama. Wir dagegen waren voller Vorfreude, dass es losgeht“, sagt Jessica Pietzko.

Der letzte Schritt in Deutschland war schließlich ein Besuch im Geesthachter Rathaus, um Jano vom Aufenthalt in Deutschland abzumelden. Ansonsten wäre er weiter schulpflichtig gewesen und eine Beurlaubung von der Schulbehörde ist nur schwierig zu bekommen. Die Pietzkos unterrichten ihren Sohn jetzt anhand von mitgenommenen Materialien selbst – und bereuen nicht, den Schritt gewagt zu haben.

Wer selber eine Weltreise plant: Unter dem Stichwort „Weltreise mit Kindern“ gibt es diverse Tipps zur Planung, zu den Kosten und Erfahrungsberichte. Zum Beispiel bei flipflopblog.de, wo die Hamburgerin Dagmar Gumnior von ihrer 13-monatigen Weltreise mit Mann und zwei Zwillingskinderpaaren berichtet.