Börnsen/Escheburg/Geesthacht. Bislang waren vor allem Anlieger gegen Reaktivierung der Bahnstrecke Bergedorf-Geesthacht. Doch es gibt weitere kritische Stimmen.
Der mögliche Bahnanschluss von Geesthacht an Bergedorf hat nicht nur Fürsprecher. Gegner finden sich vor allem in den Häusern entlang der Strecke. So wie Frank Schmidt. Der Börnsener gründete die Facebook-Gruppe „Nein zur Reaktivierung der Bahnstrecke Bergedorf-Geesthacht“. Sie erfreut sich wachsender Beliebtheit. Vor einem halben Jahr hatte sie 100 Mitglieder, nun sind es 249.
Und es sollen noch mehr werden. Für Dienstag, 5. Dezember, ist ein Informationsabend im Escheburger Gemeindesaal am Hofweg 2 geplant. Beginn ist um 19 Uhr. Angesprochen sind alle Interessierten. Auch die Befürworter der Aufnahme des regelmäßigen Personenverkehrs. Eine Anmeldung per E-Mail an gegen.bahn.reaktivierung@gmail.com ist erforderlich.
Bahnschluss für Geesthacht: Kritiker bekommen Unterstützung
Derweil bekommen die Gegner einer Reaktivierung der Bahnstrecke nun auch Unterstützung aus Reihen der örtlichen Politik. So tritt am 5. Dezember mit Rüdiger Tonn ein Urgestein der Geesthachter Parteienlandschaft als Redner an. Er stehe dort in Absprache als Vertreter der Geesthachter FDP, erklärt Tonn. Gegen den Vorwurf, quasi als „Verräter“ eine für Geesthacht wichtige Entwicklung blockieren zu wollen, verwehrt er sich.
„Ich habe meine Meinung zur Bahnanbindung immer gesagt und klargemacht, dass ich sehr skeptisch bin. Es gäbe nur einen Vorteil: Wenn sie durchgängig bis Hamburg wäre“, so Tonn: „Nur bis Bergedorf nützt uns das gar nichts. Ich höre immer wieder Stimmen aus der Oberstadt: ,Das bringt uns ja keinen Zeitvorteil‘. So ganz sind alle Geesthachter also nicht dafür“.
Bei den Voruntersuchungen zur Bahnanbindung steht auch eine Verbindung von Geesthacht an den Hamburger Hauptbahnhof ohne Umweg über den Bergedorfer Bahnhof auf dem Papier. Das Thema ist aber vorerst vom Tisch. Der Hauptbahnhof ist komplett ausgelastet.
Tonn: „Verhältnis stimmt nicht, Geld besser in ÖPNV mit Bussen stecken“
Die Machbarkeitsstudie hatte als Fahrzeit von Geesthacht zum Bahnhof Bergedorf 23 Minuten ausgewiesen. Ein Schnellbus schafft die ähnliche Strecke ab Stadtgrenze über die Autobahn 25 laut Fahrplan in 20 Minuten. Der Bus hält allerdings nicht in Börnsen und Escheburg.
„Man muss ja nicht paar Hundert Millionen Euro in eine Bahn hineinstecken, die noch nicht einmal schneller als der Bus sein wird“, erklärt Rüdiger Tonn. „Ich habe grundsätzlich keine Probleme mit der Eisenbahn. Es geht nur um diese Strecke. Das Verhältnis stimmt nicht, man sollte das Geld besser in den ÖPNV mit Bussen stecken“, sagt er.
Auch die CDU Escheburg-Vossmoor bezieht Stellung
Auch die CDU Escheburg-Vossmoor wird Stellung beziehen. Redner wird wohl Benjamin Hubert sein. „Der Ausbau des ÖPNV ist zwar richtig, aber wir sind nicht überzeugt von der aktuellen Planung“, sagt er. „Mit den Kosten werden sie lange nicht hinkommen“. Benjamin Hubert befürchtet „ein Fass ohne Boden“. Sollte die Reaktivierung aber doch beschlossen werden, gelte es für die CDU, „das beste für die Anwohner herauszuschlagen“.
„Mir ist keine Partei in Escheburg bekannt, die Pro-Bahn ist“, sagt Benjamin Hubert. Überfraktionell aber fange man erst ganz langsam an, darüber zu diskutieren. Er habe den Verkehrsminister eingeladen, mal eine Fahrt mit der Dampflok Karoline mitzumachen, um selbst zu sehen, wie nah einige Häuser an der Trasse seien. „Er sagte, er wolle dem nachkommen“, berichtet Benjamin Hubert.
Landwirt berichtet von den Sorgen seines Berufsstandes mit der Strecke
Als dritter am Rednerpult dabei: Landwirt Markus Meyer, ansässiges Mitglied des Bauernverbandes Schleswig-Holstein. Er spreche nicht nur für sich, sondern werde auch die Sorgen der anderen Landwirte entlang der Strecke mitteilen, sagt er. Das betreffe das Überqueren der Gleise mit landwirtschaftlichem Gerät. Frank Schmidt nennt in dieser Sache einen ähnlich gelagerten Punkt: Die Wache für die Escheburger Feuerwehr wird beim Speckenweg neu gebaut. Im Falle eines Einsatzes müssten die Rettungskräfte stets die Gleise überqueren.
In der im Jahr 2020 vorgelegten Machbarkeitsstudie wird bei der Variante zum Bergedorfer Bahnhof mit Herstellungskosten von 73,3 Millionen Euro und jährlichen Betriebskosten in Höhe von 17,1 Millionen Euro gerechnet. Eine teurere Variante inklusive Durchbindung zum Hauptbahnhof und einer Brücke über den Weidenbaumsweg schlug mit Baukosten von 102,9 Millionen Euro und Betriebskosten in Höhe von 20,3 Euro Millionen zu Buche. Diese Summen dürften nicht zu halten sein.
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Nur wenn der volkswirtschaftliche Nutzen die Kosten übersteigt, ist eine Förderung von 90 Prozent durch den Bund möglich. Planer Lukas Knipping betonte stets, dass man sich in einer Phase der Vorplanung befände. Solange handele es sich nur um eine Projektidee. Diese Phase soll in 2024 abgeschlossen werden.