Sellin. Wo der Fährmann seine Kunden noch herüberrudert und ein Jagdschloss von Karl Friedrich Schinkel lockt.

Sellin ist dank seiner reizvollen Bäderarchitektur und der spektakulären Lage an der Steilküste einer der beliebtesten Urlaubsorte neben Binz auf Rügen. Im Sommer kommen Sonnenanbeter und Badelustige am feinsandigen Strand von Sellin voll auf ihre Kosten. In der kühleren Jahreszeit lockt der kilometerlange Strand zu ausgedehnten Spaziergängen nach Baabe oder Binz.

Seine Blütezeit hatte Sellin in den Goldenen 1920er-Jahren. Davon zeugt die mehrmals erneuerte Seebrücke, deren erste Variante im Jahr 1906 erbaut wurde. Sie ragt fast 400 Meter aufs Meer hinaus und ist beliebtes Ausflugs- und Fotomotiv. Über die ,,Himmelsleiter“ ist das schmucke Bauwerk zu Fuß zu erreichen. Bequemer geht’s mit dem Schrägaufzug zum Strand. Sellin bietet alles, was zu einem modernen Ostseebad gehört. Kleine Geschäfte und Cafés an der Hauptstraße laden zum Bummeln und Verweilen ein. Wer es im Urlaub etwas ruhiger angehen möchte als im trubeligen Binz, der ist bei der ,,kleinen Schwester“ Sellin bestens aufgehoben. Die Dörfer Altensien, Neuensien, Seedorf und Moritzdorf auf der Boddenseite im Mönchgut gehören ebenfalls dazu und sind einen Abstecher wert.

Der Spaziergang

Wo Ausflugsdampfer im Sommer Kurs auf die Insel Vilm nehmen, ist im Herbst, im Winter und im Frühling der Ausgangspunkt für eine leichte Wanderung von Moritzdorf nach Seedorf und zurück. Etwa zwei Stunden (6,5 Kilometer) dauert die Runde durch die verträumte Natur in Mönchgut. Vom Hafen bringt uns der Fährmann mit seinem winzigen Ruderboot ans andere Ufer. Hinter reetgedeckten Häusern erhebt sich die Moritzburg. Ein Pfad führt wie verwunschen auf Holzplanken durch das Schilf am Wasser entlang und gibt immer wieder Blicke auf die Weite der Having frei. Bergauf geht es in den Wald. Pilzsammler kommen im Herbst auf ihre Kosten.

In der Ferne sehen wir Schloss Granitz. Im malerischen Seedorf kehren wir im Gasthof Drei Linden ein und stärken uns mit ehrlich zubereitetem frischen Fisch vom Fischer. Hinter Seedorfs Hafen biegen wir in Neuensien ab und durchstreifen ein Wäldchen und hügelige Felder. Am höchsten Punkt schauen wir noch einmal auf den Neuensiener und den Selliner See. Dann geht’s zurück nach Moritzdorf, wo wir unseren Fährmann herbeibimmeln. Eine reizvolle Wanderung zu jeder Jahreszeit.

Touristen spazieren über die Seebrücke des Ostseebades Binz.
Touristen spazieren über die Seebrücke des Ostseebades Binz. © dpa

Das Kulturerlebnis

Weithin sichtbar überragt der vom Baumeister Karl Friedrich Schinkel entworfene Mittelturm Jagdschloss Granitz auf dem bewaldeten Tempelberg im Südosten der Insel. Einst trafen sich hier fürstliche Gäste zur Jagdsaison. Heute kommen jedes Jahr rund 150.000 Besucher aus aller Welt, um die Trophäensammlung, den Marmorprunk und die historisch ausgestatteten Salons in dem vom Berliner Architekten Johann Gottfried Steinmeyer entworfenen Bauwerk zu bestaunen.

Eine architektonische Meisterleistung ist die einmalige, von feinen Ornamenten durchbrochene Wendeltreppe aus Eisenkunstguss im Schinkel-Turm, über die Schwindelfreie zum Aussichtspunkt in 144 Meter Höhe gelangen. Klassische Konzerte im Marmorsaal, Mondscheinwanderungen durch die Granitz, Eheschließungen – all das ist im und an einem der meistbesuchten Museen Mecklenburg-Vorpommerns möglich.

Das perfekte Essen

Kenner schätzen für den besonderen Anlass die feine norddeutsche Küche von Ralf Haug im Badeort Binz. Der gebürtige Schwarzwälder begeistert mit seinen Kochkünsten im Restaurant ,,Freustil“ und gilt auf seinem Fachgebiet als einer der Besten der Insel. Das Feinschmecker-Magazin „Fallstaff“ bezeichnet Haugs Gourmet-Kreationen als alle Sinne ansprechendes Genusskino mit nordischem Touch und großer Produktliebe.

Das ,,Freustil‘‘ verströmt mit seiner hellen, freundlich-verspielten Innenarchitektur einen Hauch von Skandinavien. Der Küchenchef bietet seine kulinarische Reise über die Insel in sechs kleinen Gängen für 66 Euro an. Gleich nebenan betreibt Haug den Ableger ,,Canteen‘‘ im Bistro-Stil, perfekt für einen Snack nach dem Strandspaziergang und ein Glas Wein. Das täglich wechselnde Captainsdinner in drei Gängen ist für 19 Euro zu haben. (Im Hotel Vier Jahreszeiten, Zeppelinstraße 8, 18609 Binz, Mi–So 12–15 und 18–24 Uhr, Tel. 938393/504 44).

Uhrturm, Brunnen und Promenade in Binz am späten Abend.
Uhrturm, Brunnen und Promenade in Binz am späten Abend. © picture alliance

Das besondere Erlebnis

Aufgelockert mit kindgerechten Erlebnis- und Spielstationen schlängelt sich der Baumwipfelpfad 1250 Meter durch einen naturnahen Buchenwald im Naturerbe-Zentrum Rügen im Ostseebad Binz. Am Ende geht es hinauf zum Aussichtsturm ,,Adlershorst“. Vom Gipfel der kühnen Holzkonstruktion genießen Besucher in 40 Meter Höhe eine atemberaubende Aussicht über weite Teile der Insel Rügen, den Kleinen Jasmunder Bodden und die Ostsee.

Aus der Vogelperspektive erkennt man die Zusammenhänge und gewinnt noch mal einen neuen Blick auf Deutschlands größte Insel. Mit etwas Glück lassen sich hier Seeadler im Gleitflug beobachten. Am Fuße des Pfades finden Besucher ein toll gemachtes, modernes Umweltinformationszentrum mit interaktiven Erlebnis- und Experimentierstellen für kleine und große Naturfreunde. Zur Stärkung geht’s danach ins Restaurant. Ein gut sortierter Souvenirshop darf natürlich nicht fehlen. Der Baumwipfelpfad ist barrierefrei und ganzjährig geöffnet.

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Die Übernachtung

Die Sehnsucht nach Meer, blauem Himmel und unendlicher Weite erfüllt sich im Hotel Seeschloss im Ostseebad Sellin. Vorausgesetzt, man hat ein Zimmer mit Seeblick gebucht oder sitzt in der Sauna. Das Nichtraucher-Hotel liegt perfekt in der ersten Reihe an der Steilküste oberhalb des weißen Badestrandes mit der berühmten Seebrücke.

Das privat geführte Haus von 1908 wurde vor Kurzem umfangreich modernisiert und erweitert. Hotelchefin Katharina Brombach und ihrem Team gelingt es offenbar immer wieder, ihrem Haus am Meer ein freundliches und sehr persönliches Flair zu verleihen – was sich in den vielen sehr positiven Bewertungen ihrer Gäste widerspiegelt. In der Nebensaison zahlen zwei Personen im Doppelzimmer ab 100 Euro pro Nacht mit Frühstück. Zu anderen Zeiten kann der Aufenthalt deutlich teurer werden.

Das neue Magazin

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