Hier ist der Strand großes Theater, ein Spaziergang ein Ausflug in die Geschichte. Teil 1 unserer neuen Serie zu Nord- und Ostsee.

Natürlich sind 24 Stunden viel zu wenig für Amrum, die Schönheit im Schatten von Sylt, der selbst ernannten „Königin der Nordsee“. Wer klug ist, bucht gleich seinen ganzen Urlaub auf dem Eiland, das auf gut 20 Quadratkilometern mehr zu bieten hat als manch andere Insel auf 2000 Quadratkilometern: weite Dünenlandschaften, dichte Wälder, pittoreske Friesendörfer, vergängliche Wasserwelten, faszinierendes Watt. Und dann ist da noch die zehn Quadratkilometer große Sandbank Kniepsand, die sich an Amrum schmiegt und der Insel einen Traumstrand schenkt. Sand, so weit das Auge reicht, Strandleben für das Partyvolk und Einsamkeit für den Naturgenießer zugleich. Langweilig wird es auf Amrum nie.

Wenn man es geschickt anstellt, lässt sich auch ein Tag auf Amrum genießen – gerade in der Hauptsaison ermöglicht ein dicht getakteter Fahrplan sogar Stippvisiten auf der Insel mit dem Traumstrand. Allerdings sind die Reisenden mindestens 90 Minuten, mitunter sogar 120 Minuten unterwegs. Aber wer die Überfahrt nicht scheut, sondern als Kreuzfahrt genießt, wird schon die Anreise als Teil des Kurzurlaubs verbuchen.

Die MS „Adler-Express“ am Anleger Wittdün.
Die MS „Adler-Express“ am Anleger Wittdün. © picture alliance / Michael Narten

So legen die ersten Fähren ab Dagebüll um 5 Uhr morgens ab (am Wochenende erst um 7.15 Uhr, die letzte Fähre verlässt Wittdün um 17.25 beziehungsweise 18.15 Uhr. Wer im Spätsommer startet, kann die erste Fähre um 7.15 Uhr buchen. Eine attraktive wie günstige Alternative bieten bis Ende Oktober die Adler-Schiffe ab Nordstrand durch die Halligwelt. Hier reisen Fußgänger um 9.15 Uhr ab und um 18.05 Uhr ab Wittdün zurück. Mit dem Bus kann man sich auf der Insel pro­blemlos fortbewegen.

Ausflug nach Amrum: Der (Strand-)Spaziergang

Amrums Zauber ist nicht allein der Strand, sondern der Weg dahin durch die Dünen. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, sollte an der Aussichtsdüne „A Siatler“ südlich von Norddorf (Bushaltestelle) beginnen – schon kurz hinter dem Minigolfplatz geht es auf 32 Meter über Normalhöhennull. Weil die Düne nah am Ort liegt, fällt der Blick über ein kilometerweites Dünenmeer gen Westen und auf Sylt Richtung Norden. Gerade am Abend, wenn die Sonne untergeht, eröffnet sich ein spektakuläres Panorama. Der Weg zum Meer ist kurzweilig, auch weil ein Dünenlehrpfad Flora und Fauna erklärt. Nach eineinhalb Kilometern trifft der Wanderer auf den Kniepsand und gelangt nach einem weiteren Kilometer entlang der Dünen schließlich an den Norddorfer Strand. Von hier ist es nur noch knapp ein Kilometer in den Ort.

Das Kulturerlebnis

Eine Insel ist keine Großstadt – der Strand ist großes Theater, das Wasser große Oper. Aber eine Wanderung verspricht eine Reise in die Vergangenheit. Sie beginnt an der Vogelkoje (Bushaltestelle zwischen Nebel und Norddorf) und führt über einen abwechslungsreichen Weg zum kleinen Quermarkenfeuer von 1906. Die Vogelkoje, versteckt im Inselwald gelegen, erzählt vom harten Leben der Insulaner, bei dem Enten den kargen Speiseplan aufbesserten. Hinter dem Wäldchen berichten eingelassene Markierungen auf dem Bohlenweg von der bewegten Inselgeschichte, von „Groten Mandränken“. Ein liebevoll wieder errichtetes Langhaus erinnert an das Leben in der Eisenzeit, die Dünenlandschaft ist zeitlos schön. Und der Strand am Leuchtturm entlohnt für alle Mühen – ein auch für kleine Kinder extrem kurzweiliger Weg.

Die St.-Clemens-Kirche im Dorf Nebel mit markantem weißen Turm wird von einem Friedhof umgeben.
Die St.-Clemens-Kirche im Dorf Nebel mit markantem weißen Turm wird von einem Friedhof umgeben. © picture alliance / Michael Narten

Das perfekte Essen

Amrum überzeugt durch ein gutes gas­tronomisches Angebot – weil es nur wenige Tagestouristen und viele Dauerbesucher gibt, gilt es, einen Ruf zu erkochen: Ob in Norddorf oder in Nebel (unbedingt mal die friesischen Tapas im Hal Mei am Watt probieren) findet sich gute Küche zu angemessenen Preisen. Ein Besuch der Insel ohne einen Abstecher ins Café Schult aber ist kein Inselbesuch: Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bewirtschaftet die Familie das Café im Herzen von Norddorf. Morgens bilden sich lange Schlangen für grandiose Brötchen. Ein Augenschmaus sind die (Friesen-)Torten, im Sommer sind die Obsttorten zu empfehlen.

Das besondere Erlebnis auf Amrum

Amrum hat mehrere Leuchttürme. Das 42 Meter hohe Leuchtfeuer in klassischem Rot-Weiß liegt nördlich von Wittdün und gehört zu den höchsten an der Nordseeküste. 297 Stufen führen vom Fuß der Düne auf die Aussichtsplattform, von der sich ein prächtiges Panorama auf Amrum, die Nachbarinseln und die Nordsee erschließt. Ein Leuchtturm der Kneipenkultur liegt einige Hundert Meter südlich an der Hauptstraße. Früher hieß sie „Zum Leuchtturm“, heute ist der inoffizielle Name „Blaue Maus“ längst offiziell. Eine großartige Auswahl von Whiskeys, Rum und Longdrinks erfreut den passionierten Trinker, die Inneneinrichtung ist frei von Chichi und urgemütlich. Es ist einer dieser Orte, die immer seltener werden.

Die Übernachtung

Seit 128 Jahren ist das Hotel Hüttmann, das Heinrich Hüttmann aus Altona einst im alten Schulhaus in Norddorf auf Amrum begründete, das Haus am Platz. Die Tradition ist lebendig geblieben, ohne dass das Hüttmann stehen geblieben wäre: Inzwischen gehören mehrere Gebäude zum Viersternehotel: Dort finden sich klassische Einzel- und Doppelzimmer genauso wie Ferienwohnungen. In der Gesundheitsoase können Urlauber in den Saunen entspannen. Bistro und Restaurant stehen Nicht-Hotelgästen offen.