19.000 Polizeibeamte sollen den Castor-Transport absichern. Umweltschützer in Hannover simulieren mit Tiefladern den Transport.

Hannover. Polizei und Atomkraftgegner rüsten sich für einen Großeinsatz und für vielfältigen Protest beim bevorstehenden Castor-Transport in das Zwischenlager Gorleben. Die Einsatzleiter der Polizei kündigten am Mittwoch in Hannover an, dass der kommende Woche erwartete Atommülltransport von rund 19.000 Polizeibeamten geschützt werde. Die Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg erklärte, für eine Großdemonstration am 26. November in Dannenberg hätten Atomkraftgegner bundesweit bereits über 170 Busse gechartert.

In der Region um Gorleben werde es "breiten Widerstand aller Altersgruppen und sozialen Schichten geben“, sagte die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek. Das Spektrum werde von Stuhlblockaden von Senioren, über "Landmaschinenschauen“ von Bauern und Laternenumzüge mit Kindern bis hin zur Großdemonstration mit mehreren 10.000 Teilnehmern reichen. Rudek erteilt Gewalt gegen Personen eine Absage: "Es gibt viele verschiedene Protestformen. Dabei ist nie ein Mensch gefährdet worden und das wird auch in Zukunft so sein“, sagte sie.

Nach Angaben der "Bäuerliche Notgemeinschaft“ werden sich zahlreiche Bauern mit Traktoren an der Großdemonstration beteiligen. 2010 habe die Polizei 600 demonstrierende Bauern gezählt. "Wir rechnen diesmal nicht mit weniger demonstrierenden Treckern“, sagte Carsten Niemann für die Notgemeinschaft. Über eventuelle Treckerblockaden würden seine Berufskollegen selbstständig entscheiden. Niemann kritisierte, dass durch den Castor-Transport die weitere Erkundung des Salzstocks Gorleben weitere Fakten für ein atomares Endlager geschaffen würden.

Polizeieinsatzleiter Friedrich Niehörster warf der BI vor, sie habe sich "nicht wirklich von Gewaltaktionen distanziert“. Überwiegend seien die Protestierenden zwar friedlich, planten Demonstrationen und Sitzblockaden. "Aber irgendwo ganz hinten haben wir eine Spinne im Netz, die etwas völlig anderes will“, warnte er. So sei das "Schottern“, dass Entfernen von Schottersteinen aus Bahngleisen, eine Straftat. Beim "Schottern“, bei Sabotage oder gewaltgeneigten Aktionen werde die Polizei nicht mehr mitgehen und anders reagieren.

Insgesamt erwarte man gegen Castor-Transport etwas weniger Aktivitäten als im vergangenem Jahr, in dem zwischen 25.000 und 50.000 Menschen demonstriert hätten, sagte Niehörster weiter. Das Potenzial an Extremisten unter den Demonstranten werde "vielleicht bei 300“ liegen. Hinzu kämen noch "eventorientierte Demonstranten“, die zu zahlreichen Aktionen bereit seien.

+++ Dossier zur Endlagersuche +++

+++ Opposition will sofortige Absage des Castor-Transports +++

Die Zahl der Polizeibeamten aus den Bundesländern, die den Transport schützen sollen, bezifferte Niehörster mit 11.000. Der Einsatzleiter Bundespolizei, Thomas Osterroth, sagte, bei der Begleitung des Bahntransportes von der deutsch-französischen Grenze bis nach Dannenberg seien 2010 über 8.000 weitere Beamte eingesetzt worden. Auch dieses Jahr würden Beamte der Bundespolizei "in ähnlicher Größenordnung zur Verfügung stehen“. Osterroth warnte vor gefährlichen Aktionen an schnell befahrenen Fernstrecken der Bahn.

Die elf Castor-Behälter mit Abfällen aus der Wiederaufarbeitung sollen am 24. November in Nordfrankreich auf die Reise gehen.

Unterdessen haben Umweltschützer mit einer Castor-Attrappe auf einem Tieflader am Mittwoch in Hannover gegen den bevorstehenden Atommülltransport nach Gorleben protestiert. Der simulierte Castor-Transport sei von Demonstranten in Strahlenschutzanzügen begleitet worden, teilten das Netzwerk Campact und die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg mit.

Andere Aktivisten hätten den Transport immer wieder mit Sitzblockaden zum Abbiegen gezwungen. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Opernplatz errichteten die Castor-Gegner ein zehn Meter hohes aufblasbares X und sammelten Unterschriften gegen ein Endlager in Gorleben. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich rund 150 Menschen an der Aktion.

Die Atomkraftgegner kritisierten, dass Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister beim Treffen mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen (beide CDU) in der vergangen Woche keinen Baustopp für Gorleben gefordert habe. "Solange Gorleben weiter eine Option bleibt, wird es keine ergebnisoffene Endlagersuche auf Augenhöhe geben“, sagte Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz. Röttgens Endlagersuchgesetz drohe zu einem "Gorleben-Durchsetzungsgesetz“ zu werden.

Die Aktion in Hannover war Teil einer demonstrativen Tour durch zehn Städte entlang der Castor-Strecke. Sie begann am 10. November in Karlsruhe und soll am 23. November vor dem Bundesumweltministerium in Berlin enden. Am 18. November wollen die Atomkraftgegner mit ihrer Castor-Attrappe in Bremen, am 19. November in Hamburg, am 20. November in Lüneburg und am 22. November in Braunschweig Station machen.

Von Max Eckart