Auf seiner Reise durch Indien wirbt der oberste Niedersachse beim „grünen Maharadscha“ für bessere Kooperation in Sachen Windenergie.

Chennai. Für David McAllister gibt es zweifelsohne schlechtere Orte als Indien. Wo auch immer der oberste Niedersachse auftaucht, scheint die Welt in Ordnung: Menschen lachen ihn an, sind des Lobes, wollen sich mit ihm fotografieren lassen, malen ihm rote Punkte auf die Stirn und hängen ihm duftende Blumenkränze um. McAllister ist als deutscher Politiker ein Promi – auch wenn ihn nur wenige mit Namen kennen. Kritik, böse Worte und auch die Debatte um die Rolle der niedersächsischen CDU bei der Wolfsburger Stadtwerke-Affäre scheint mindestens so weit weg wie McAllisters Heimatstadt Bad Bederkesa von Neu Delhi. Angesprochen auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gibt McAllister sich gelassen. Die Wahrheit werde bald ans Licht kommen, erklärt er, und Sorgen um die CDU mache er sich keine.

Aber das ist Nebensache. McAllisters Aufmerksamkeit gilt jetzt dem quirligen Subkontinent, wo Kühe heilig sind und anscheinend niemand ohne permanentes Hupen Auto oder Motorrad fahren kann. „Hier in Indien ist wirklich alles anders, aber toll“, sagt er sichtlich begeistert am Dienstag in Chennai. Genau wie seine erste Stippvisite ins ferne China wenige Tage nach seiner Wahl hat der 39-Jährige auch diese Indienreise von seinem Vorgänger Christian Wulff geerbt.

Das Wirtschaftszentrum an der Ostküste ist dabei nur die erste Station auf seiner einwöchigen Indientour – auch die Hauptstadt Neu Delhi und das Volkswagenwerk in Pune will er noch besuchen. Doch es gibt auch viele Parallelen zu Deutschland. Das merken die Mitglieder seiner 50-köpfigen Delegation mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medien, das merkt McAllister. So etwa wenige Minuten zuvor beim Besuch des Windradherstellers RRB Energy.

„Niedersachsen ist Deutschlands Windenergieland Nummer eins und es ist gut zu sehen, wie sich die erneuerbaren Energien auch in Indien entwickeln“, sagt McAllister in allerbestem Englisch. Natürlich hat sein Besuch einen wirtschaftlichen Grund: Wenn es nach dem Willen McAllisters geht, soll Niedersachsen künftig auch bei der Windenergie ein möglichst großes Stück vom indischen Kuchen abbekommen. Denn wirtschaftlicher Aufschwung braucht neben guten Ideen vor allen Dingen eins: Energie aus der Steckdose. Kein Wunder, dass McAllister da auf eine stärkere Kooperation drängt.

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Genau wie Deutschland setzt Indien derzeit auf einen Energiemix aus Atomkraft sowie fossilen und erneuerbaren Energien. Im Gegensatz zu Deutschland ist die Kernenergie in Indien aber kein Grund für Aufregungen und Sorgen. Auch die in Deutschland höchst umstrittene Endlagerfrage für Atommüll macht da keine Ausnahme. Wo genau sein Land die atomaren Abfälle lagere, wisse er nicht, erklärt sein Gastgeber, der Multi-Millionär und Visionär Rakesh Bakshi, auf McAllisters Frage. Es scheint, als sei inmitten des Wachstums kein Platz für störende Fragen zur Entsorgung.

Bakshi ist nicht nur einer der erfolgreichsten Rum- und Bierbarone des Landes, sondern auch Gründer und Inhaber eines der größten Windradherstellers auf dem Subkontinent. Aber, fügt der Mann, den hier alle nur den „grünen Maharadscha“ nennen, schnell mit einem Lächeln hinzu, Atomenergie sei ja ohnehin keine Bedrohung, weder für die Menschen noch für die Windenergie. Beide könnten problemlos nebeneinander existieren, dessen ist er sich sicher, darüber hinaus könne Indien aber noch viel von Deutschland lernen.

Bei so viel zur Schau gestellter Leichtigkeit muss sogar McAllister stutzen. Denn, das weiß auch McAllister, die Frage der Lagerung vom Atommüll ist nicht nur für Niedersachsen eine Schlüsselfrage.