Ursula von der Leyen warnt vor Altersarmut bei Normalverdienern mit Brutto-Verdienst von 2500 Euro. FDP gegen Zuschussrente.
Berlin/München. Die Debatte über drohende Altersarmut durch die Senkung des Rentenniveaus bis 2030 ist neu entbrannt. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnt vor einer umfassenden Altersarmut künftiger Rentner. Die Ministerin will mit einer Zuschussrente dagegen vorgehen. Der Koalitionspartner FDP lehnt diese jedoch ab. Auch die Sozialdemokraten und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) halten nichts von einer Zuschussrente.
Nach Berechnungen des Arbeitsministeriums droht ab 2030 Arbeitnehmern, die weniger als 2.500 brutto im Monat verdienen und 35 Jahre Vollzeit gearbeitet haben, eine Rente unterhalb des Grundsicherungsbetrags von 688 Euro, wie aus einem Schreiben von der Leyens an die Mitglieder der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion hervorgeht.
Diese Menschen müssten „mit dem Tag des Renteneintritts den Gang zum Sozialamt antreten“, wenn sie keine weitere zusätzliche Vorsorge betrieben hätten, unterstrich die Ministerin in dem Brief an junge Abgeordnete. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes haben 36 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten im Jahr 2010 weniger als 2.500 Euro brutto verdient.
Laut Arbeitsministerium sehen die Zahlen nur geringfügig besser aus, wenn eine längere Lebensarbeitszeit zugrunde gelegt wird. Bei 40 Jahren Beitragszahlung müsse der Arbeitnehmer konstant mindestens 2.200 Euro im Monat verdienen, um auf einen Rentenanspruch in Höhe der Grundsicherung zu kommen. Grund für das steigende Altersarmutsrisiko sei die Senkung des Rentenniveaus bis 2030 von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent.
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Die Einführung einer Zuschussrente, wie sie von der Leyen will, stößt indes bei der FDP weiter auf Ablehnung. „Dazu gibt es keine Vereinbarung im Koalitionsvertrag“, sagte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende und rentenpolitische Sprecher der Fraktion, Heinrich Kolb, erklärte, eine solche Zuschussrente würde die Rentenkasse überfordern.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf von der Leyen unterdessen Versagen bei der Bekämpfung der drohenden Altersarmut vor. Altersarmut könne nur mit allgemeinverbindlichen Tarifverträgen und einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn abgewendet werden. „Dafür sollte sich Frau von der Leyen einsetzen, anstatt für eine Zuschussrente für ganz wenige“, sagte Nahles der „Bild“-Zeitung (Montagsausgabe).
Das DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärte, die Zahlen des Ministeriums zeigten, dass die Senkung des Rentenniveaus unverantwortlich sei. Selbst Durchschnittsverdiener drohten künftig in Altersarmut abzurutschen. Eine solche Welle von Altersarmut könne weder durch eine Zuschussrente noch durch private Vorsorge aufgefangen werden.
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn wandte sich gegen eine Zuschussrente, mit der die junge Generation zur Kasse gebeten werde. „Statt einer Zuschussrente wäre eine steuerfinanzierte Grundrente ehrlicher. Und darüber hinaus sollte jeder zusätzlich vorsorgen“, sagte der 32-jährige Abgeordnete der „Bild“-Zeitung (Montagsausgabe).
Arbeitsministerin von der Leyen plant, kleine Renten auf bis zu 850 Euro im Monat aufzustocken, sofern die Arbeitnehmer auch privat vorgesorgt und mindestens 30 Jahre lang Rentenbeiträge entrichtet haben. Von der Leyen wollte die Entscheidung darüber ursprünglich mit der am Mittwoch vom Kabinett gebilligten Senkung des Rentenbeitrags verknüpfen. Auf Druck der FDP wurde die Gesetzgebung jedoch wieder entkoppelt.