Die gesetzliche Rente reicht vielen im Alter nicht aus. Doch wie berechnet man richtig, wie viel Geld im Ruhestand nötig ist? Ziel ist es, eine Rentenlücke zu vermeiden. Ob eine solche Lücke droht, sollte jeder individuell prüfen.
Berlin. Für Theo Pischke ist die Lage klar. „Die meisten gesetzlich Versicherten werden eine Versorgungslücke haben“, sagt der Rentenexperte der Stiftung Warentest. Gemeint ist damit die Differenz zwischen der gesetzlichen Rente und dem Betrag, den Verbraucher für ihren Lebensstandard im Ruhestand brauchen. Grund dafür ist die Bevölkerungsentwicklung. Die Erwerbstätigen müssen in Zukunft für immer mehr Rentner aufkommen. Dadurch sinkt das Rentenniveau stetig.
Wer 2012 in den Ruhestand geht, kann voraussichtlich mit einer Rente von rund 1270 Euro rechnen. Dies gilt aber nur, wenn er in den alten Bundesländern bei einem durchschnittlichen Jahresverdienst von etwa 32 400 Euro 45 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat. In den neuen Bundesländern liegt die Durchschnittsrente etwas darunter. Wer weniger verdient hat, bekommt weniger gesetzliche Rente. Wer durchschnittlich verdient hat, aber kürzer eingezahlt hat, bekommt ebenfalls eine kleinere Rente.
Der Durchschnittsrentner erhält in diesem Jahr gut 47 Prozent seines bisherigen Bruttogehalts. 2030 wird die Durchschnittsrente bereits auf 40 Prozent des letzten Bruttoeinkommens geschrumpft sein. So sagt es der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung voraus. „Die meisten Rentner werden demnach in 30 Jahren nicht einmal die 40 Prozent erreichen, weil sie unterdurchschnittlich verdient haben oder keine 45 Beitragsjahre zusammenbekommen und deshalb nicht den vollen Rentenanspruch haben“, sagt Pischke. Martin Reißig vom Bundesverband der Rentenberater sagt deshalb voraus: „Die staatliche Rente wird zukünftig nur noch eine Grundversorgung sein.“
Damit es nicht bei der Grundversorgung bleibt, müssen die meisten zusätzlich sparen. Wie viel noch fehlt, erfährt man durch die Berechnung der persönlichen Rentenlücke. Ausgangspunkt für die Kalkulation ist die zu erwartende gesetzliche Rente. Die Deutsche Rentenversicherung verschickt dazu jährlich eine Renteninformation an die Versicherten. Aus dem Formular ergibt sich die voraussichtliche Höhe der gesetzlichen Rente.
„Die Prognose liefert jedoch lediglich einen Anhaltspunkt über die zu erwartende Rente“, gibt Josephine Holzhäuser von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zu bedenken. Wenn sich in der beruflichen Situation etwas ändert, etwa durch Kindererziehungszeiten oder Arbeitslosigkeit, ändern sich auch die Rentenansprüche. „Wer bereits einige Jahre voll berufstätig war und kräftig in die Rentenkasse eingezahlt hat, dann aber plötzlich eine längere Auszeit nimmt, für den gilt die prognostizierte Rente nicht mehr in der angegebenen Höhe.“
Auf Grundlage der Hochrechnung der Deutschen Rentenversicherung kann jeder jedoch zumindest grob ermitteln, wie viel er zusätzlich benötigt. „Wer seinen gewohnten Lebensstandard im Ruhestand halten möchte, braucht etwa 80 Prozent des letzten Nettogehalts, auf 20 Prozent können die meisten verzichten“, sagt Pischke.
Der Grund: Viele Ausgaben fallen im Alter weg. So müssen Ruheständler keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rente zahlen. Berufsrelevante Ausgaben wie Fahrtkosten zur Arbeit sparen Rentner ebenfalls ein, auch mögliche Raten für einen Immobilienkredit oder Ausbildungskosten für die Kinder. Je nach Lebensweise können aber auch Kosten hinzukommen, zum Beispiel für Reisen und Hobbys. Außerdem steigen meist auch die Gesundheitskosten im Alter. „Je nach persönlicher Situation kann es daher sein, dass 80 Prozent vom letzten Nettogehalt nicht reichen“, warnt Josephine Holzhäuser.
Theo Pischke weist zudem darauf hin, dass die Deutsche Rentenversicherung bei ihrer jährlichen Rentenprognose keine Geldentwertung einberechnet. „Die Behörde verweist lediglich auf eine zu erwartende jährliche Inflationsrate von 1,5 Prozent, jeder Versicherte muss den Kaufkraftverlust seiner Rente daher selbst einplanen.“
Mit dem Auskunftsschreiben der Deutschen Rentenversicherung und dem Rentenlückenrechner der Stiftung Warentest etwa können Angestellte herausfinden, wie viel sie noch zusätzlich für den Ruhestand zurücklegen müssen. Dabei wird ebenfalls von einer jährlichen Geldentwertung von 1,5 Prozent ausgegangen. Das ist die durchschnittliche Inflationsrate der vergangenen 20 Jahre. Das heißt, eine monatliche Rente von 800 Euro ist bei entsprechendem Kaufkraftverlust in 10 Jahren nur noch etwa 680 Euro wert.
Kennt man nun die persönliche Rentenlücke, sollte man in der nötigen Höhe zusätzlich fürs Alter vorsorgen. „Sinnvoll ist immer ein Mix. Für Angestellte lohnt sich meist eine Betriebsrente in Kombination mit der staatlich geförderten Riester-Rente“, rät Reißig. Starre Vorsorgemodelle mit regelmäßiger Pflicht zur Beitragszahlung sind seiner Ansicht nach derzeit nicht zu empfehlen: „Jetzt sollte man lieber sein Geld sammeln, es zum Beipiel aufs Festgeldkonto legen, Fonds mit geringen Gebühren kaufen und warten, bis sich der Zinsmarkt wieder erholt hat. Auch der Erwerb einer Immobilie kann eine Alternative sein“.
Um eine drohende Versorgungslücke zu schließen, sollte man zeitig mit dem Sparen anfangen, rät Pischke. „Wer früh anfängt, kann schon mit kleinen Beträgen Vermögen aufbauen, denn junge Sparer profitieren erheblich vom Zinseszins“. Dabei gilt: Je näher man dem Rentenalter kommt, desto teurer wird es, die Rentenlücke zu schließen.
(dpa)