Die KKH-Allianz will einen Bonus zahlen, wenn Versicherte die digitale Krankenakte nutzen. Die Ärzte lehnen die elektronische Gesundheitskarte ab.
Hamburg. Die Krankenkassen sammeln vorsorglich Millionen von Patientenfotos ein. Die Techniker testen und testen. Und im Bundesgesundheitsministerium betet man Sätze herunter, an die nur die eingefleischten Optimisten glauben. "Die elektronische Gesundheitskarte kommt im Oktober. Sie wird schrittweise bis 2010 an alle Krankenversicherten ausgegeben." Daran glauben die Kritiker der e-Card nicht. Sie sind entweder kritische Patienten, Datenschützer oder Ärzte, die die Karte skeptisch sehen.
Jetzt oder nie ist die nüchterne Devise der Experten. Auch die Krankenkassen machen erheblichen Druck, weil sie bereits Millionen investiert haben. Und sie locken: Der Vorstandschef der KKH-Allianz, Ingo Kailuweit, sagte dem Abendblatt: "Wir würden unserem Versicherten einen Bonus geben, wenn er eine elektronische Krankheitsakte anlegen lässt. Wenn die behandelnden Ärzte wissen, was an einem Patienten alles gemacht wurde, erhöht das dessen Sicherheit und verbessert die Versorgung. Das umständliche Versenden von Krankenakten und Arztberichten entfällt." Kailuweit hält die Diskussion über die Milliardenkosten für verfehlt. "Die Gesundheitskarte hilft auch, den Missbrauch der Karte zu beenden und die Kosten erheblich zu senken. Die Karte soll sich selbst tragen."
Die Datenschutzgründe vermutet der Kassen-Chef eher bei den Ärzten, die ihre Daten nicht teilen wollen: "Bei der Gesundheitskarte geht es nicht um den gläsernen Patienten. Es geht um eine bessere Abstimmung zwischen Medizinern, Apotheken, Kassen und Patienten. Aus meiner Sicht ist die Karte die Antwort für viele Fragen, die in Zukunft auf uns zukommen."
Von den Ärzten sei aber abhängig, ob die Karte überhaupt kommt. "Wir brauchen keine Gesundheitskarte light, die nicht viel mehr kann, als die heutige Krankenversicherungskarte." Das sieht auch der Essener Gesundheitsökonom und Regierungsberater Prof. Jürgen Wasem so. Seine Schlussfolgerung aber lautet: Lieber die Karte jetzt nicht einführen. In einer derzeit geplanten abgespeckten Version stehe den relativ hohen Kosten der Einführung "nur ein sehr begrenzter Nutzen" gegenüber.
Die Nase voll haben die Privatversicherer. Der Verband PKV hat die "Notbremse" bei der elektronischen Gesundheitskarte gezogen. Verbandschef Volker Leienbach sagte, die 8,6 Millionen Privatversicherten bekämen vorerst keine elektronische Gesundheitskarte. Das Chaos um Finanzen, Nutzen und Akzeptanz ist Leienbach zu viel.