Nach Altmaier zweifelt nun auch Wirtschaftsminister Rösler an der geplanten Umsetzung und will gegebenenfalls “nachsteuern“.
Berlin. Auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition wachsen die Zweifel am Zeitplan für die Energiewende. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mahnte, der Umbau der Energieversorgung müsse mit Augenmaß geschehen. „Die Zeitachse und die Ziele für die Energiewende stehen. Aber wir müssen nachsteuern, wenn Jobs und unsere Wettbewerbsfähigkeit bedroht sein sollten“, sagte Rösler der "Bild"-Zeitung . "Oberste Priorität" habe für ihn die Bezahlbarkeit von Strom für Verbraucher und Unternehmen.
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Damit rückt nach Umweltminister Peter Altmaier das zweite Kabinettsmitglied angesichts zahlreicher Probleme bei der Umsetzung der Energiewende vom gesteckten Zeitplan ab. Altmaier hatte am Wochenende erklärt, er zweifele daran, ob der Stromverbrauch wie angestrebt tatsächlich um zehn Prozent bis 2020 gesenkt werden könne.
Die Bundesregierung hatte unter dem Eindruck der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima im Frühjahr 2011 die Energiewende mit einem Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie bis 2022 beschlossen. Zuvor hatte sie noch voll auf Atomkraft gesetzt und den von Rot-Grün mit der Energiewirtschaft bereits besiegelten Atomausstieg zurückgenommen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel stärkte ihrem Umweltminister den Rücken. Die Einhaltung der Versprechen Umweltfreundlichkeit, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit sei „kein ganz leichter Pfad“, sagte sie auf dem Petersberger Klimadialog, der am Montag und Dienstag in Berlin stattfand. Merkel fügte hinzu, es sei richtig, „dass unser Umweltminister das sehr gut durchdenkt“.
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) forderte eine Trendwende beim Stromsparen. „Energieeffizienz 'Made in Germany' kann wieder weltweit Spitzenreiter werden, dazu ist aber ein couragierter und ambitionierter politischer Gestaltungswille erforderlich“, sagte der geschäftsführende Vorstand des Verbands, Christian Noll, am Dienstag in Berlin. Noch seien die Effizienzziele zu schaffen.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) forderte ein dauerhaftes Expertengremium für die Energiewende. Um die Reform erfolgreich umzusetzen, „muss sie losgelöst von Regierungswechseln begleitet werden“, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck, der „Bild“-Zeitung. Ein Gremium wie der Rat der Wirtschaftsweisen in der Wirtschaftspolitik wäre deutlich mehr als eine Monitoringstelle. „So ein Rat kann gezielt helfen, dass Projekt zu stemmen und die Kosten im Rahmen zu halten. Dies wäre im Interesse der Bürger, der Branche und der Politik“, sagte Reck.
Mit Material von dpa/dapd