Seit die Bundesregierung nach Fukushima den Atomausstieg beschlossen hat, drehen die Energieversorger nun jeden Euro zwei Mal um.
Essen. Fukushima und die Energiewende setzen den großen Energieversorgern hart zu. Der Anteil der vier großen Stromkonzerne in Deutschland an den regenerativen Erzeugungskapazitäten liegt zum Teil noch im einstelligen Prozentbereich. Nun müssen sie Milliardensummen in die Hand nehmen, um Versäumtes nachzuholen. Einst hatten sie fette Gewinne eingefahren, doch die Zeiten sind erst einmal vorbei.
Schon vor dem GAU in Japan und dem nachfolgenden Atomausstieg in Deutschland hatten die „großen Vier“ Eon , RWE , EnBW und Vattenfall kleinere Brötchen gebacken. Das Marktumfeld mit fallenden Gewinnen aus dem Stromgeschäft, immens hohen Gas-Beschaffungspreisen und die Brennelementesteuer haben die Gewinnaussichten und Investitionsbereitschaft gesenkt.
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Vor einem Jahr hatten die vier Atomkonzerne die Steuer für Brennelemente noch mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen. Sie war immerhin der Preis für die Aussicht auf satte Gewinne durch die zunächst durchgesetzte Laufzeitverlängerung. Nachdem die Bundesregierung im Frühjahr 2011 in einer atemberaubenden Kehrtwende den Ausstieg verfügte und seitdem acht Altmeiler stillstehen, ist der Unmut bei den Versorgern groß. Denn die Regierung hielt an der Brennelementesteuer fest. Meiler früher abschalten und zusätzlich Milliarden zahlen – das ist aus Sicht der Betreiber eine doppelte Gewinnbelastung. Sie klagen gegen die Brennelementesteuer, Eon etwa wehrt sich auch juristisch gegen den Atomausstieg als solches.
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An der Energiewende kommen die großen Vier aber nicht vorbei. So betont selbst der im Sommer scheidende RWE-Chef Jürgen Großmann , der sich stets mit voller Kraft für die Atomenergie einsetzt: „An RWE wird die Energiewende sicher nicht scheitern!“ Auch wenn sie seiner Einschätzung nach 250 bis 300 Milliarden Euro kosten wird. Seine und die Position anderer Energiemanager ist klar: Sie waren nicht für den schnellen Atomausstieg und versuchen, gegenüber der Regierung Ansprüche geltend zu machen – aber den Fakt selbst akzeptieren sie.
Was tun die Unternehmen also, um die Wende hin zu einer Zukunft mit regenerativer Energie hinzubekommen, noch dazu angesichts sinkender Gewinne? Eon wird wohl für 2011 sogar ein Verlust ausweisen. Auf dem Weg in die grüne Zukunft, bauen die Versorger nun kräftig um und setzen den Rotstift an. Dabei werden auch Arbeitsplätze zuhauf abgebaut. Eon streicht 11.000 Arbeitsplätze. Bei RWE sollen 8000 Stellen wegfallen, zum Teil über den Verkauf von Gesellschaften. Denn nach dem Atomausstieg sind auch die Verkaufslisten länger geworden. RWE und Eon sind dabei, sich von Konzernteilen im zweistelligen Milliardenbereich zu trennen.
Alle sind unter Zugzwang geraten, grün zu werden. Die regenerativen Kapazitäten machten bei den Versorgern bislang zumeist weniger als 10 Prozent am gesamten Mix aus. Der Zubau dient nun auch dazu, dass die Konzerne ihre CO2-Bilanz nach dem Wegfall der Atomkraft in den Griff bekommen. Ab 2013 werden die Zertifikate teuer. Für Vattenfall kommt ein weiteres Braunkohlekraftwerk aus diesem Grund nicht infrage, obwohl Braunkohle ein Gewinnbringer ist. Ohne CO2-Speicherung sieht Vattenfall-Europe-Chef Tuomo Hatakka keine Chance für neue Kohlekraftwerke. Ein Pilotprojekt zur Speicherung an Land hat er wegen politischen Widerstandes abgesagt. Eine Möglichkeit wäre noch die Speicherung unter dem Meer.
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Hatakka will sich wie die drei Konkurrenten auf grünen Strom konzentrieren. Bei Vattenfall stehen kleine hocheffiziente KWK-Anlagen (Kraft-Wärme-Koppelung) auf dem Investitionszettel und vor allem Windkraft auf See. Auch Eon, RWE und EnBW wollen einen großen Teil ihrer Milliardeninvestitionen in Offshore-Windparks stecken. Die ersten Felder sind zwar genehmigt, doch die Probleme fangen jetzt erst an: Die Anbindungen an das Stromnetz verzögern sich und damit ganze Projekte. Tennet, der zuständige Netzbetreiber, schafft es nicht so schnell. Die Zahl der genehmigten Windparks hat sich in eineinhalb Jahren verdreifacht, und die Liste für neue Genehmigungen ist lang. Außerdem müssen die Netzgesellschaften Stromautobahnen von Nord- nach Süddeutschland bauen, wo viel Strom benötigt wird.
Ziel der Bundesregierung ist es, den Ökostromanteil bis 2050 auf 80 Prozent zu bringen. Ende vergangenen Jahres waren es erstmals 20 Prozent. Der künftige RWE-Chef Peter Terium sieht die Energiewende als Chance, auch wenn nicht alles gleich ein gutes Geschäft sei. Offshore-Windparks hält er etwa für eine reine Zukunftsinvestition. „Ist es ein gutes Geschäft? Noch nicht. Wird es ein gutes Geschäft? Ja“, sagt er. (dpa/abendblatt.de)