Fraktionschefin Birgit Homburger sagte dem Hamburger Abendblatt: Das Steuerrecht soll vereinfacht, die Mitte der Gesellschaft entlastet werden.
Hamburg/Berlin. Gegen den Widerstand aus der Union beharrt die FDP angesichts der besser werdenden Wirtschaftsdaten auf Steuerentlastungen und Vereinfachungen . „Solide Haushaltspolitik und gerechte Steuerpolitik sind zwei Seiten derselben Medaille. Es bleibt nach wie vor das Ziel der FDP, das Steuerrecht grundlegend zu vereinfachen und die Mitte noch in dieser Legislaturperiode zu entlasten“, sagte die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, dem Hamburger Abendblatt (Dienstagausgabe).
„Die Vereinfachungen will die FDP im Herbst auf den Weg bringen. Die nötigen Spielräume für die Entlastung der Mitte werden wir uns durch eine kluge Haushaltspolitik erarbeiten. Sollte dies schneller möglich sein als erwartet, ist das eine gute Nachricht für die Steuerzahler in diesem Land.“
Angesichts des unerwartet starken Wirtschaftswachstums im zweiten Quartal hatte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle am Wochenende erneut Steuerentlastungen ins Spiel gebracht.
Auch aus der Opposition wird eine Lockerung des Sparkurses mit Verbesserungen für Geringverdiener gefordert. Das sind die Argumente für und gegen Steuersenkungen:
Pro Steuersenkungen: Die gute Konjunktur wird dem Fiskus in diesem wie im nächsten Jahr nach Expertenschätzungen zusätzliche Steuergelder von jeweils über zehn Milliarden Euro in die Kassen spülen. Das werde die Haushaltslage des Staates kräftig entspannen und so das Kern-Argument für eine harte Sparpolitik entkräften. Der überaus starke deutsche Aufschwung ist aber maßgeblich vom Export getrieben. Aus dem Ausland jedoch kommen inzwischen mehr und mehr Warnzeichen. Dies gilt vor allem für die Wirtschaftsentwicklung in den USA, aber auch andernorts, etwa in Japan. Deutschland sollte sich daher vom Export unabhängiger machen und stärker auf die Nachfrage im Inland setzen.
Ein Schlüsselinstrument dazu könnten wiederum Steuersenkungen sein, die den deutschen Aufschwung absichern könnten. Je nachdem, wo ansetzt wird, sei es bei den privaten Haushalten, sei es bei den Unternehmen, könnten Konsum oder auch Investitionen im Inland kräftige Impulse erhalten. Zudem würde ein solcher Kurs Deutschland von der Anklagebank einer internationalen Diskussion nehmen, in der den Ländern mit hohen Ausfuhrüberschüssen – wie Deutschland – vorgeworfen wird, vor allem auf Kosten anderer seinen Wohlstand zu sichern.
Contra Steuersenkungen: Ungeachtet der guten Konjunkturentwicklung ist Deutschland weiterhin mit über 1700 Milliarden Euro verschuldet: eine immense Last für künftige Generationen. Allein das mache einen dauerhaften Sparkurs jenseits konjunktureller Schwankungen notwendig, sagen Gegner von Steuererleichterungen. Zudem vernebeln konjunkturelle Ausschläge die Tatsache, dass sich zwischen Einnahmen und Ausgaben des Staates ein grundsätzliches Ungleichgewicht herausgebildet hat. Seit Jahrzehnten wird, egal ob in Krisenzeiten oder in Boomzeiten, mehr ausgegeben als eingenommen. In diesem Jahr, in dem Wirtschaftsminister Rainer Brüderle mit einem „Aufschwung XL“ und Forscher mit einem Wachstum um bis zu drei Prozent rechnen, sind es vermutlich immer noch über 60 Milliarden Euro. Damit ist Deutschland immer noch ein weites Stück davon entfernt, auch nur an einen Schuldenabbau zu denken.
Um dieses Problem anzugehen und das Thema Schuldenabbau nicht ganz aus dem Blick zu verlieren, hat sich Deutschland eine Schuldenbremse ins Grundgesetz geschrieben. Die allerdings orientiert sich eben nicht an dem Auf- und Ab der staatlichen Einnahmen und Ausgaben. Vielmehr ist sie am Abbau der strukturellen Fehlbeträge in den Haushalten von Bund und Ländern orientiert, also denen in „normalen“ Zeiten. Aus Sicht der Schuldenbremse gibt es daher derzeit keine größeren Spielräume.