Auch in Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen könnten, nach dem Vorbild von Bayern, Volksentscheide zum Rauchverbot erfolgen.
München. Nicht einmal vier Wochen bleiben den Rauchern in Bayern, um sich von alten Gewohnheiten zu verabschieden. Wer sich bisher in der kleinen Kneipe um die Ecke zum Feierabendbier eine Zigarette anzündete, muss ab dem 1. August vom Wirt dazu vor die Tür gewiesen werden: So rasch tritt das kategorische Rauchverbot in Kraft, für das 61 Prozent der Bayern gestimmt haben. Der deutliche Erfolg beim Volksentscheid beflügelt die Hoffnung der Initiatoren, die bayerische Regelung bundesweit durchzusetzen. In Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen könnten Volksentscheide folgen, auch eine Lösung über das Arbeitsschutzgesetz wäre möglich.
Die Gallionsfigur des Volksentscheids, Sebastian Frankenberger, sieht nun die im übrigen Deutschland seit längerem erloschene Diskussion um das Rauchen durch den Erfolg in Bayern wieder neu befeuert. „Bayern wollte wirklich jetzt einen umfassenden Gesundheitsschutz“, sagt der 29-jährige Kommunalpolitiker der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP), der die Initiative für den Volksentscheid gestartet hatte. Das klare Votum müsse nun auch in anderen Bundesländern Signalwirkung haben.
Frankenberger berichtet, dass auch im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie in Berlin und Hamburg bereits vergleichbare Abstimmungen in Vorbereitung seien. Allerdings steckten diese noch in den Kinderschuhen, räumte der Passauer im Deutschlandfunk ein. Dieses noch geringe Interesse könnte wohl auch dazu führen, dass die Vision von rauchfreien Kneipen in allen Bundesländern in Deutschland nur schwerlich Realität wird.
Denn einer einheitlichen Verschärfung des Nichtraucherschutzes stehen große Hürden entgegen. Zwar kann über das Arbeitsschutzgesetz bundesweit geregelt werden, dass zum Schutz der Kellner in der Gastronomie überall Rauchen verboten wird - eine entsprechende politische Initiative dafür gibt es aber in der schwarz-gelben Bundesregierung nicht. Im Gegenteil: Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sieht sich gar nicht als zuständig an. Über seinen Sprecher ließ er erklären, dass ihm viel am Gesundheitsschutz liege - aber Regelungen in den Bundesländern seien Sache der Länder.
In den Ländern gab es bisher aber nur in Bayern solch eine intensive Diskussion über ein Verbot. Dort hatte die CSU mit Parteichef Horst Seehofer selbst die Vorlage geliefert, weil sie zunächst das bundesweit schärfste Gesetz verabschiedet hatte, um es nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit mit der FDP wieder zu kassieren. Da dies im Freistaat für breite Empörung sorgte, war der Boden für den Volksentscheid bereitet.
In den anderen Bundesländern müsste diese Stimmung zunächst erzeugt werden. Michael Efler, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie, sieht dafür gerade in Nordrhein-Westfalen hohe Hürden. Es sei „sehr, sehr schwierig“ in NRW überhaupt einen Volksentscheid auf die Beine zu stellen. So müssten vor einer Abstimmung mehr als eine Million Unterstützerunterschriften gesammelt werden.
Besser sehe es zwar in den Stadtstaaten Hamburg, Bremen oder Berlin aus, wo prinzipiell schneller ein Volksentscheid auf die Beine zu stellen sei. Allerdings seien auch hier die Hürden hoch. So müssen in Hamburg 20 Prozent aller Wahlberechtigten zustimmen. Zum Vergleich: Die 2,15 Millionen Ja-Stimmen in Bayern entsprechen wegen der geringen Wahlbeteiligung gerade Mal 22,2 Prozent der Wahlberechtigten. In Berlin liegt das Quorum sogar bei 25 Prozent, nach diesem Maßstab wäre die bayerische Initiative gescheitert.
Und noch ein anderes Problem gibt es: Es ist höchst fraglich, ob die bayerischen Wirte sich überhaupt an das neue Gesetz halten. Im Bayerischen Rundfunk kündigten gleich mehrere Betreiber kleiner Eckkneipen an, ihre Gäste weiter ungehindert rauchen zu lassen. An den Ordnungsämtern liegt es, dagegen einzuschreiten - doch die zeigten schon bei Verstößen gegen die abgeschaffte mildere Regelung wenig Interesse, sich zur Kneipenpolizei aufzuspielen.