„Ich kann mit unterschiedlichen Regelungen in den Ländern sehr gut leben.“ Im Bundestag formieren sich die Nichtraucher.
Hamburg/Berlin. Der Volksentscheid in Bayern zugunsten eines weit reichenden Rauchverbots soll nach dem Willen des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) keine Konsequenzen für den Nichtraucherschutz in anderen Bundesländern haben. „Die Notwendigkeit eines bundeseinheitlichen Rauchverbots nach bayerischem Vorbild kann ich nicht erkennen“, sagte Müller dem Hamburger Abendblatt (Mittwochausgabe). „Deutschland ist ein Bundesstaat. Ich kann mit unterschiedlichen Regelungen in den Ländern sehr gut leben.“
Für das Saarland stelle sich die Frage einer Verschärfung ohnehin nicht, da die saarländische Regelung mit der strengen bayerischen vergleichbar sei, sagte Müller. „Unsere Vorschrift, die auf Betreiben der Grünen nach französischem Vorbild entstanden ist, wird allerdings gerade vom Landesverfassungsgericht überprüft. Jetzt müssen wir abwarten, was dabei herauskommt.“
In Zukunft würden die Regeln für den Nichtraucherschutz auch ohne Referenden immer strenger werden, glaubt der CDU-Politiker. „Grundsätzlich ist die Verschärfung des Rauchverbots eine Entwicklung, die sich nicht aufhalten lassen wird. Man muss sich nur anschauen, über welche strengen Richtlinien die Europäische Union in dieser Frage nachdenkt.“
Die neue Debatte ist eine alte. Schon vor vier Jahren gab es heiße Diskussionen darüber, wie der Qualm aus Gaststätten verbannt werden kann. Möglich wäre eine Regelung über die Arbeitsstättenverordnung, über das Arbeitsschutzgesetz oder über die Abwehr allgemeingefährlicher Krankheiten per Grundgesetz. Gegen ein Verbot über das Arbeitsrecht gab es damals Bedenken. Ein Rauchstopp über das Arbeitschutzgesetz galt als unverhältnismäßig, bei der Arbeitsstättenverordnung wäre es ein Eingriff in Rechte der Raucher oder aber der Arbeitgeber.
Also sollte dem Qualmen über das Grundgesetz ein Ende gemacht werden. Die Bundesregierung machte jedoch einen Rückzieher. Innen- und Justizministerium hatten rechtliche Bedenken, denn es gehe nur um eine mittelbare, nicht um eine unmittelbare Gefahr.
Lothar Binding ist wieder ganz in seinem Element. Der Heidelberger SPD-Bundestagsabgeordnete will mit seiner Kollegin Carola Reimann erneut eine Initiative für eine Bundesregelung anschieben – über alle Fraktionen hinweg. Der Volksentscheid in Bayern gibt ihnen Rückenwind. Binding will gleich zwei Probleme damit verbinden: Das Defizit im Gesundheitssystem könnte nach seiner Ansicht teilweise auch über ein striktes Rauchverbot gelöst werden. „Würden wir weniger rauchen, würden wir auch weniger passiv rauchen und im Gesundheitswesen einige Milliarden sparen“, sagte er in der ARD.
Eine andere Möglichkeit wäre, den Flickenteppich der Rauchverbote in den Ländern zu beenden. Das ist jedoch trotz des Verfassungsgerichtsurteils gescheitert. Die Karlsruher Richter hatten vor rund zwei Jahren das Qualmverbot in kleinen Kneipen wegen einer Ungleichbehandlung gekippt, aber auch ein striktes Rauchverbot für machbar gehalten. In den meisten Ländern ist blauer Dunst in kleinen Kneipen oder in Nebenräumen erlaubt. Auch wenn Nordrhein-Westfalen eine schärfere Regelung prüft: Die meisten Länder wollen an dem festhalten, was sie haben.
Die niedersächsische Gesundheitsministerin Aygül Özkan (CDU) will nicht an dem Gesetz rütteln: „Es schützt die Nichtraucher, ohne die Raucher zu diskriminieren.“ Die Mehrheit der Bundesbürger will ohnehin Ausnahmen für die kleinen Kneipen.
In Bayern ist nach dem Volksentscheid für ein Rauchverbot ohne jede Ausnahme von der „Befriedung“, die sich die CSU erhofft hatte, nichts zu spüren. Die Christsozialen waren im Wahlkampf zu dem Volksentscheid völlig abgetaucht, weil sie in den vergangenen Jahren mit ihrem Zick-Zack-Kurs in Sachen Rauchverbot nur Minuspunkte eingesammelt hatten.