Die Justizministerin will das Datenschutzrecht der digitalen Welt anpassen. Dies erklärte sie bei der Justizministerkonferenz in Hamburg.
Hamburg. Im Streit um den geplanten Internetdienst "Street View" hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) den Druck auf den Anbieter Google verstärkt. "Ich erwarte, dass Google seine Zusagen jetzt auch einhält. Erst wenn alle Gesichter verpixelt sind und Kfz-Kennzeichen nicht mehr erkennbar sind, darf der Service online gehen", sagte Leutheusser-Schnarrenberger dem Hamburger Abendblatt. Für den Internetdienst "Street View" filmt der Konzern Google weltweit Straßenzüge. Dabei werden auch Menschen und Fahrzeuge erfasst.
Unabhängig von Googles Zusagen werfe "Street View" eine Reihe rechtlicher Fragen auf. "Personenbezogene Bilder sollen nicht veröffentlicht werden, wenn die Betroffenen widersprochen haben", forderte die Justizministerin am Rande der Justizministerkonferenz von Bund und Ländern, die heute in Hamburg zu Ende gehen wird. Leutheusser-Schnarrenberger stellte eine rechtliche Neuregelung in Aussicht, wandte sich allerdings gegen ein Einzelfallgesetz.
Eine "Lex Google", die erkennbar auf einen einzigen Anbieter ausgerichtet sei, greife zu kurz. "Wir können nicht für jeden neuen Anbieter ein neues Gesetz machen", sagte sie. "Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung muss auch im Internet konsequent zur Geltung gebracht werden. Das Datenschutzrecht muss der digitalen Welt angepasst werden."
Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) hatte Ende April eine Bundesratsinitiative vorgelegt, die Eigentümern oder Mietern, die von Google oder anderen Unternehmen gefilmt werden, unter anderem ein Widerspruchsrecht garantiert. Steffen war zunächst vorgeworfen worden, sein Gesetz nur auf Google beziehen zu wollen. Auf der Justizministerkonferenz unter seiner Leitung zeichnete sich gestern aber eine breite Zustimmung zu einer Vorlage aus Niedersachsen zu dem Thema ab, die sich an den Hamburger Zielen orientiert. Leutheusser-Schnarrenberger kündigte an, sie werde die Überlegungen der Justizministerkonferenz gegenüber Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der in dieser Frage die Federführung hat, einbringen.
Für eine Initiative aus Niedersachsen, kleinere Straftaten mit einem Fahrverbot zu belegen, gab es in Hamburg gestern keine Mehrheit. Der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann (CDU) konnte sich mit seinem Vorschlag nicht durchsetzen, neben Geld- und Haftstrafen auch ein Fahrverbot als Hauptstrafe in den Ahndungskatalog aufzunehmen. Nach langer Diskussion gelang es nach Abendblatt-Informationen zwar Hamburg, die Vorlage noch zu verändern und neben einem Fahrverbot auch die Möglichkeit von gemeinnütziger Arbeit als Strafe für Erwachsene in den Vorschlag mit aufzunehmen. Dann hätten die Richter die Wahl gehabt zwischen Fahrverbot und gemeinnütziger Arbeit. Doch auch für das Gesamtpaket gab es keine Mehrheit. Die Ressortchefs sprachen sich mit acht zu acht Stimmen dagegen aus. Die Konferenz hätte den Vorstoß einstimmig beschließen müssen.
Leutheusser-Schnarrenberger hatte sich schon zu Beginn der Konferenz gegen ein Fahrverbot ausgesprochen. "Ich bin der Meinung, dass wir es bei der geltenden Rechtslage bewenden lassen sollten", sagte sie. Der Vorschlag sei nicht neu, aber "die guten Argumente dagegen ziehen auch heute noch". So wären Täter, die kein Auto besäßen, nicht betroffen. Umgekehrt wäre ein Berufskraftfahrer von einem Fahrverbot hart betroffen.
Wiederum einiger zeigten sich die Justizministerinnen und -minister in der Frage einer gesetzlich festgeschriebenen Frauenquote. Senator Steffen hatte zusammen mit seiner CSU-Kollegin Beate Merk aus Bayern eine sich steigernde Quote von bis zu 40 Prozent in den Führungsetagen börsennotierter Unternehmen vorgeschlagen. Die Konferenz wird nun prüfen, ob eine gesetzliche Regelung nötig ist. Leutheusser-Schnarrenberger setzt bisher noch auf Freiwilligkeit, hatte den Unternehmen aber auch mit einem Gesetz gedroht, sollten sich keine Fortschritte für den Frauenanteil abzeichnen.
Noch am Morgen vor Beginn der Konferenz hatte das Kabinett in Berlin Leutheusser-Schnarrenbergers Eckpunkte einer Reform der nachträglichen Sicherungsverwahrung beschlossen. Weil diese gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt, müssen bis zu 100 als gefährlich eingestufte Inhaftierte vermutlich entlassen werden. Neben einer gesetzlichen Neuordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung setzt das Kabinett auf elektronische Fußfesseln zur Überwachung der Entlassenen. Technisch sei es möglich, dass diese Alarm bei der Polizei auslösten, wenn sich ein Überwachter etwa einem Kindergarten nähere.