EU-Gerichtshof für Menschenrechte begrenzt die Sicherungsverwahrung. Innensenator Ahlhaus fordert eine verlässliche Rechtsgrundlage.

Hamburg/Kiel. In Hamburg und Schleswig-Holstein sitzen derzeit 42 Straftäter in Sicherungsverwahrung. 23 von ihnen könnten von einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) profitieren – sie müssen möglicherweise aus der Haft entlassen werden, obwohl sie nach Einschätzung der Gerichte noch gefährlich sind. Der EGMR hatte die rückwirkende Verlängerung der Sicherungsverwahrung als Verstoß gegen die Menschenrechte eingestuft. Bis 1998 war die Sicherungsverwahrung auf maximal zehn Jahre begrenzt.

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In der Hansestadt seien 16 der insgesamt 30 Straftäter in Sicherungsverwahrung von dem Urteil betroffen, berichtete eine Sprecherin der Justizbehörde am Freitag. Derzeit prüfe eine Arbeitsgemeinschaft „alle Maßnahmen, um die Menschen bestmöglich zu schützen und das Risiko so gering wie möglich zu halten“. In der Runde sind Vertreter von Justizvollzugsanstalten und Sozialtherapie dabei, außerdem externe Experten des Universitätsklinikums Hamburg- Eppendorf (UKE) und die Führungsaufsicht. Überwachung und Therapieangebote seien „mögliche Maßnahmen“, betonte die Sprecherin - es müsse aber über jeden Einzelfall entschieden werden.

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Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) forderte eine verlässliche Rechtsgrundlage für die Anordnung der Sicherungsverwahrung durch das Bundesjustizministerium. Von Entwarnung könne auch durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass Straftäter in nachträglicher Sicherungsverwahrung nicht sofort auf freien Fuß gesetzt werden müssen, nicht die Rede sein. „Jetzt ist die Bundesregierung am Zug. Sie muss dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit gegenüber Freiheitsrechten von hoch gefährlichen Kriminellen eindeutig Vorrang geben“, sagte der Senator.

In Schleswig-Holstein könnten sieben der insgesamt zwölf Menschen in Sicherungsverwahrung von der Gerichtsentscheidung profitieren. Diese Zahlen nannte ein Sprecher des Justizministeriums in Kiel. Dazu gehören drei nach Medienberichten in Lübeck einsitzende Schwerkriminelle.