Sabine Leutheusser- Schnarrenberger will eine elektronische Aufenthaltsüberwachung für aus der Haft entlassene Gewalttäter ermöglichen.
Hamburg. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist gegen ein Fahrverbot als Hauptstrafe für kleinere Delikte. „Ich bin der Meinung, dass wir es bei der geltenden Rechtslage bewenden lassen sollten“, sagte sie am Rande der Justizministerkonferenz in Hamburg über den Vorschlag Niedersachsens, neben Geld- und Haftstrafen auch ein Fahrverbot als Ahndungsmöglichkeit zu etablieren. Ebenfalls Thema des zweitägigen Treffens ist die umstrittene Sicherungsverwahrung. Kurz vor Beginn der Ministerrunde hatte sich die Bundesregierung auf Eckpunkte einer Reform verständigt, die auch elektronische Fußfesseln für rückfallgefährdete Gewalttäter in Betracht zieht.
Die Debatte um ein Fahrverbot als Hauptstrafe sei nicht neu, sagte die Ministerin. „Ich denke, die guten Argumente dagegen ziehen auch heute noch“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. So könnten Täter, die kein Auto besäßen, damit nicht belegt werden. Umgekehrt jedoch wäre ein Berufskraftfahrer von einem Fahrverbot besonders hart betroffen. Ihrer Meinung nach reiche es aus, das Fahrverbot wie bisher als Nebenstrafe zu Geld- oder Haftstrafen zu verhängen.
Auch der Vorsitzende der Justizministerkonferenz, Hamburgs Justizsenator Till Steffen (GAL), zeigte sich zurückhaltend. Seiner Meinung nach sollte nicht nur ein Fahrverbot, sondern auch gemeinnützige Arbeit in den Strafkatalog aufgenommen werden. Vor Beginn der Konferenz hatten sich Politiker aus Union und SPD für ein Fahrverbot als Hauptstrafe stark gemacht. Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sprachen sich dafür aus. Kritik äußerten dagegen unter anderem Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, der Verkehrsclub Deutschland und die Linken.
Zuversichtlich zeigte sich Leutheusser-Schnarrenberger bei der Reform der Sicherungsverwahrung. Die Schwerpunkte lägen auf der sogenannten primären oder vorbehaltenen Sicherungsverwahrung. Das heißt die Gerichte sollten sich bereits im Hauptverfahren Gedanken machen, ob ein Straftäter nach Verbüßen seiner Haftstrafe in Sicherungsverwahrung genommen werden soll. Eine nachträgliche Anordnung soll es nicht mehr geben. Sie soll auch nur noch bei schweren Fällen, wie beispielsweise Gewalt- und Sexualstraftaten, erlassen werden können.
Ergänzend zur Sicherungsverwahrung will die Ministerin eine elektronische Aufenthaltsüberwachung für aus der Haft entlassene Gewalttäter ermöglichen. Dabei gehe es um jene Sicherungsverwahrten, die wegen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nun entlassen werden müssen. Ohne elektronische Möglichkeiten müssten diese Entlassenen von Polizisten persönlich überwacht werden. „Das ist sehr aufwendig und kann auch an die Grenzen der Kapazität führen“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.
Die Ministerin warnte jedoch davor, eine elektronische Überwachung als das alleinige Heilmittel zu betrachten. Es sei nur ein Hilfsmittel unter vielen. Gleichwohl erhoffe sie sich aber auch eine präventive Wirkung, nämlich dass die Gefahr für den Täter, sofort entdeckt zu werden, auch abschreckend sei. Die Justizminister von Bund und Ländern wollten sich auf ihrem Treffen in Hamburg unter anderem auch über eine gesetzliche Frauenquote für Führungspositionen in der Wirtschaft und über die Umsetzung von EU-Recht in das deutsche Strafrecht beraten. Außerdem wollten sich die Ressortchefs mit dem umstrittenen Google-Kartendienst Street View befassen. Vor allem Hamburg – dort sitzt die deutsche Zentrale des Internetgiganten – möchte den Datenschutz stärken und das Unternehmen per Gesetz einbremsen. Leutheusser-Schnarrenberger zeigte sich grundsätzlich aufgeschlossen. Sie sagte jedoch, aus ihrer Sicht sollte nicht nur ein Unternehmen im Zentrum der Überlegungen stehen. „Wir sollten sehen, ob man nicht einen breiteren Zugang findet.“