Ein Fahrverbot wegen kleinerer Straftaten ist vom Tisch. Die Justizminister sprachen sich gegen den niedersächsischen Vorstoß aus.
Hamburg. Kleinere Straftaten werden auch weiterhin nicht mit einem Fahrverbot geahndet. Das Land Niedersachsen konnte sich am Mittwoch bei der Justizministerkonferenz in Hamburg nicht mit seinem Vorschlag durchsetzen, neben Geld- und Haftstrafen auch ein Fahrverbot als Hauptstrafe in den Ahndungskatalog aufzunehmen. Die Ressortchefs sprachen sich mit acht zu acht Stimmen gegen das Ansinnen aus Hannover aus, wie die Nachrichtenagentur dpa erfuhr.
Zuvor hatte sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) klar gegen ein Fahrverbot ausgesprochen. „Ichbin der Meinung, dass wir es bei der geltenden Rechtslage bewendenlassen sollten“, sagte sie vor Beginn des zweitägigen Treffens.
Deutlich offener zeigten sich die Minister nach dpa-Informationen beim Thema Frauenquoten in Spitzenpositionen der Wirtschaft. Danach haben sich die Ressortchefs nach einer dem Vernehmen nach ziemlich intensiven Diskussion darauf verständigt, das Thema weiter zu prüfen. Die Länder Hamburg und Bayern hatten den Vorschlag gemacht, dass große börsennotierte Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden sollen, zunächst 20, später dann mindestens 40 Prozent der Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Ebenfalls Thema des zweitägigen Treffens ist die umstrittene Sicherungsverwahrung. Kurz vor Beginn der Ministerrunde hatte sich die Bundesregierung auf Eckpunkte einer Reform verständigt, die auch elektronische Fußfesseln für rückfallgefährdete Gewalttäter in Betracht zieht.
Nach Informationen der Zeitung „WAZ“ haben Nordrhein-Westfalen, Berlin und Baden-Württemberg eine Gesetzesänderung hin zu einem Fahrverbot als Hauptstrafe abgelehnt. Zuvor hatten sich bereits Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz ablehnend geäußert. Damit ist auch der Vorstoß Hamburgs zunächst ad acta gelegt, der neben einem Fahrverbot auch gemeinnützige Arbeit vorsah. Polizeigewerkschaften hatten sich zuvor für ein Fahrverbot ausgesprochen. Nach Ansicht von Leutheusser-Schnarrenberger ist ein Fahrverbot für Delikte wie Körperverletzung oder Diebstahl jedoch nicht gerecht. So könnten Täter, die kein Auto besäßen, damit nicht belegt werden. Umgekehrt wäre ein Berufskraftfahrer von einem Fahrverbot besonders hart betroffen.
Zuversichtlich zeigte sich Leutheusser-Schnarrenberger bei der Reform der Sicherungsverwahrung. Die Schwerpunkte lägen auf der sogenannten primären oder vorbehaltenen Sicherungsverwahrung. Das heißt, die Gerichte sollten sich bereits im Hauptverfahren Gedanken machen, ob ein Straftäter nach Verbüßen seiner Haftstrafe in Sicherungsverwahrung genommen werden soll. Eine nachträgliche Anordnung soll es nicht mehr geben. Sie soll auch nur noch bei schweren Fällen, wie beispielsweise Gewalt- und Sexualstraftaten, erlassen werden können.
Ergänzend zur Sicherungsverwahrung will die Ministerin eine elektronische Aufenthaltsüberwachung für aus der Haft entlassene Gewalttäter ermöglichen. Dabei gehe es um jene Sicherungsverwahrten, die wegen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nun entlassen werden müssen. Ohne technische Hilfe müssten diese Entlassenen von Polizisten persönlich überwacht werden. „Das ist sehr aufwendig und kann auch an die Grenzen der Kapazität führen“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Sie warnte jedoch davor, eine elektronische Überwachung als das alleinige Heilmittel zu betrachten. Sie erhoffe sich aber gleichwohl eine präventive Wirkung, nämlich dass die Gefahr für den Täter, sofort entdeckt zu werden, auch abschreckend sei.
Die Justizminister von Bund und Ländern wollten sich auf ihrem Treffen in Hamburg auch über die Umsetzung von EU-Recht in das deutsche Strafrecht beraten. Außerdem wollten sich die Ressortchefs mit dem umstrittenen Google-Kartendienst Street View befassen. Vor allem Hamburg - dort sitzt die deutsche Zentrale des Internetgiganten - möchte den Datenschutz stärken und das Unternehmen per Gesetz bremsen. Leutheusser-Schnarrenberger zeigte sich grundsätzlich aufgeschlossen. Sie sagte jedoch, aus ihrer Sicht sollte nicht nur ein Unternehmen im Zentrum der Überlegungen stehen. „Wir sollten sehen, ob man nicht einen breiteren Zugang findet.“