Nach Verteidigungsminister Guttenberg will die Vorsitzende des Ausschusses, Susanne Kastner (SPD), noch weitere Zeugen befragen.
Hamburg/Berlin. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Oberst Georg Klein eingestellt, die Union will den Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestages am liebsten sofort beenden - doch die SPD bleibt hart. Die Ausschussvorsitzende Susanne Kastner (SPD) sagte dem Abendblatt: "An unserem Untersuchungsauftrag, die Informationspolitik der Bundesregierung aufzuklären, ändert sich nichts." Die Entscheidung der Bundesanwaltschaft zu Oberst Klein habe ihren Auftrag nicht erledigt.
Kastner kündigte an, nach Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) morgen noch weitere Zeugen befragen zu wollen. Dabei schloss sie auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ein, der Außenminister war, als Obert Klein am 4. September 2009 das Bombardement der beiden entführten Tanklaster in der Nähe von Kundus anordnete: "Von den Aussagen des Bundesverteidigungsministers zu Guttenberg wird abhängen, wen man noch aus dem Umfeld vom Verteidigungsministerium, Kanzleramt und auch vom damaligen Auswärtigen Amt als Zeugen befragen muss."
Kastner sagte, Guttenberg müsse zudem entscheiden, ob Oberst Klein disziplinarrechtlich belangt werde: "Es liegt in der Hand des Verteidigungsministers zu prüfen, ob gegen Oberst Klein ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, weil er möglicherweise Isaf-Einsatzregeln verletzt hat."
Auch Grünen-Chef Cem Özdemir plädierte für eine Fortsetzung der Ausschussarbeit, auch um die Rolle des Bundeskanzleramtes zu hinterfragen: "Der Ausschuss hat ja nicht nur das Verhalten von Oberst Klein zum Inhalt. Es geht vor allem auch um die Rolle des Verteidigungsministers und um das, was er wann gesagt und getan hat", sagte Özdemir dem Abendblatt. "Offen ist etwa die Frage, welche Informationen das Kanzleramt wann hatte. Insofern ist der Ausschuss noch lange nicht am Ende seiner Arbeit angelangt."
Für die Union sagte dagegen der CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich: "Ich sehe inzwischen keine Notwendigkeit, dass man diesen Untersuchungsausschuss weiter fortsetzt."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will morgen, wenn Guttenberg sich dem Ausschuss stellt, eine Regierungserklärung zu Afghanistan abgeben. Für die SPD soll Parteichef Sigmar Gabriel antworten - nicht Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. CSU-Landesgruppenchef Friedrich nannte Steinmeier deshalb eine "lame duck" (lahme Ente), einen Amtsinhaber ohne Macht und Perspektive.
Die SPD demontiere ihren Fraktionsvorsitzenden offen, so Friedrich. Der Grund liege darin, dass Steinmeier in der Afghanistan-Debatte eine größere Verantwortung spüre als seine Genossen.
Heute will Verteidigungsminister zu Guttenberg den Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal in Berlin empfangen. Der Besuch des Generals war mehrfach verschoben worden. Im Abendblatt hatte der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels dafür geworben, dass McChrystal sich auch dem Verteidigungsausschuss des Bundestages für Fragen zur Verfügung stellt.
Die Trauerfeier für die vier zuletzt in Afghanistan getöteten Soldaten findet voraussichtlich am Sonnabend im Liebfrauenmünster in Ingolstadt statt. Die Überführung der Särge hatte sich wegen der Aschewolke über Europa verzögert.
Der deutsche Nato-General Karl-Heinz Lather hat die Deutschen auf neue und vielleicht noch mehr Opfer beim Einsatz in Afghanistan vorbreitet: "Die Möglichkeit ist sicherlich gegeben, dass wir auch künftig Opfer zu beklagen haben", sagte Lather im militärischen Hauptquartier der Nato im belgischen Mons. Er begründete seine Einschätzung damit, dass es vermehrt gemeinsame Patrouillen mit afghanischen Einheiten gebe. "Das birgt immer die Gefahr, dass es Opfer gibt, weil man natürlich nicht unter Panzerschutz oder in einem gesicherten Lager ist."