Die Opfer waren drei Jugendliche und ein Polizist. Ein deutscher Nato-General befürchtet höheres Risiko durch neue Afghanistan-Strategie.
Chost/Mons. Nato-Soldaten haben am Dienstag nach Angaben des Bündnisses im Südosten Afghanistans ein Fahrzeug beschossen und vier unbewaffnete Afghanen getötet. Der Vater zweier Opfer sagte, drei der Toten seien Jugendliche, der vierte ein Polizist. Sie seien auf dem Heimweg von einem Volleyball-Spiel gewesen, ergänzte der Richter am Provinzgericht von Chost.
Die Nato hatte zunächst erklärt, zwei der Getöteten seien „bekannte Aufständische“, sie seien in der umfangreichen biometrischen Datenbank des Militärs geführt worden. Später räumte das Militärbündnis ein, es habe sich möglicherweise doch bei allen vier Opfern um Zivilisten gehandelt. Das Fahrzeug sei auf einen Nato-Konvoi zugefahren, habe beschleunigt und Lichtsignale und Warnschüsse ignoriert. Dann hätten die Soldaten auf das Auto selbst geschossen.
Der afghanische Präsident Hamid Karsai verurteilte den Vorfall und erklärte, die vier Toten seien Zivilisten gewesen.
Deutscher Nato-General warnt vor neuen Opfern bei Bundeswehr-Einsatz
Unterdessen hat der deutsche Nato-General Karl-Heinz Lather die Bevölkerung auf neue Opfer beim Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan eingestimmt. „Die Möglichkeit ist sicherlich gegeben, dass wir auch künftig Opfer zu beklagen haben“, sagte Lather am Dienstag im militärischen Hauptquartier der Nato (SHAPE) im belgischen Mons.
Der deutsche General begründete dies mit der neuen Strategie in Afghanistan, vermehrt auf gemeinsamen Patrouillen mit afghanischen Einheiten in das Gelände zu fahren: „Das birgt immer die Gefahr, dass es Opfer gibt, weil man natürlich nicht unter Panzerschutz oder in einem gesicherten Lager ist.“
Seit April sind in Afghanistan sieben deutsche Soldaten gefallen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte für Donnerstag eine Regierungserklärung zum Einsatz in Afghanistan an. Damit will die Regierung nach eigenen Angaben deutlich machen, dass sie hinter den Soldaten und dem Konzept für den Einsatz steht. Am Einsatz der Nato-Truppe ISAF in Afghanistan beteiligen sich derzeit rund 4400 deutsche Soldaten.
Lather, einer der ranghöchsten deutschen Generäle, dämpfte Hoffnungen auf einen schnellen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. „Sicherlich wird die ISAF nicht 2011 das Land verlassen haben“, sagte der Stabschef im Nato-Hauptquartier. Der Prozess der Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte werde erst im kommenden Jahr beginnen.