Die Bundesanwaltschaft bewertete den Angriff als “völkerrechtlich zulässige Kampfhandlung“ und sprach Oberst Klein die Verantwortung ab.
Karlsruhe. Die Bundesanwaltschaft hat die Rechtsposition der in Afghanistan kämpfenden deutschen Soldaten gestärkt und die Ermittlungen gegen Oberst Georg Klein wegen des Luftangriffs von Kundus eingestellt. Der ISAF-Einsatz sei ein „nichtinternationaler bewaffneter Konflikt im Sinne des Völkerstrafrechts“, erklärte die Behörde am Montag. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) begrüßte die Entscheidung.
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe stellte die Ermittlungen gegen Klein und einen weiteren Offizier mit der Begründung ein, die Soldaten könnten wegen der Tötung von Zivilisten nicht strafrechtlich verfolgt werden, solange es zu den Opfern im Rahmen „völkerrechtlich zulässiger Kampfhandlungen“ kam. Strafbar seien solche Angriffe, wenn der Täter „mit sicherer Erwartung“ davon ausgehen könne, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilisten in einem Ausmaß verursache, das außer Verhältnis zum militärischen Nutzen des Angriffs stehe, erklärte die Bundesanwaltschaft.
Nach diesem Maßstab hätten sich Klein und sein Feuerleitoffizier mit dem Bombenabwurf auf zwei von den Taliban entführte Tanklastzüge im September 2009, bei dem auch zahlreiche Zivilisten getötet wurden, nicht strafbar gemacht. Die beiden Beschuldigten hatten laut Bundesanwaltschaft nach Ausschöpfung der ihnen zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten keine Hinweise auf die Anwesenheit von Zivilisten. Zudem habe sich Klein für einen „örtlich eng begrenzten Einsatz mit der kleinsten zur Verfügung stehenden Bombengröße und -anzahl entschieden“. Der Angriff sei insoweit „völkerrechtlich zulässig“ gewesen und bleibe damit straflos.
Zu Guttenberg zeigte sich erfreut über die Entscheidung. Diese schaffe auch für die Soldaten im Einsatz „größtmögliche Rechtssicherheit“, erklärte der Minister in Berlin. Die Bundesanwaltschaft habe sich der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen, nach der in Afghanistan ein „nicht-internationaler bewaffneter Konflikt“ herrsche und das Vorgehen der Soldaten nach dem Humanitären Völkerrecht beurteilt werden müsse. Die Bremer Anwälte einiger Opfer des Luftangriffs hingegen kündigten Beschwerde gegen die Einstellung der Ermittlungen an.
Bei dem Luftangriff in der Nähe des Bundeswehrlagers bei Kundus waren bis zu 142 Menschen getötet worden. Doch die genaue Zahl der Opfer war für die Bundesanwaltschaft „nicht entscheidungserheblich“. Nach den Videoaufzeichnungen der Kampfflugzeuge hätten sich zum Zeitpunkt des Bombenabwurfs 30 bis 50 Menschen auf der Sandbank um die Lastzüge aufgehalten, teilte die Behörde mit. Weitere Einzelheiten zu den militärischen Umständen des Luftangriffs gab sie nicht an, da die Unterlagen als „geheime Verschlusssache“ eingestuft seien.