Hessens Ministerpräsident Roland Koch glaubt, dass die SPD in Nordrhein-Westfalen trotz aller Dementis auch mit der Linkspartei regieren würde.
Düsseldorf/Wiesbaden. Drei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) hat sich der Streit über eine mögliche Regierungsbeteiligung der Linkspartei zugespitzt.
Der Ministerpräsident von Hessen und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Roland Koch verglich die nordrhein-westfälische SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft mit der gescheiterten hessischen SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti. "Frau Kraft verspricht genauso oft und inzwischen fast wortgleich wie Ypsilanti vor der Hessen-Wahl 2008, nicht mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten", sagte Koch dem Hamburger Abendblatt. "Und wie Ypsilanti würde sie, wenn es rechnerisch reichen sollte, alles über Bord werfen, um Ministerpräsidentin werden zu können." Nach den Erfahrungen in Hessen könne er nur davor warnen, Kraft "ihre Versprechen abzunehmen". Ähnlich warf NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) der SPD-Kandidatin "Wählertäuschung" vor.
Kraft hatte zuvor ihre Absage an ein Bündnis mit der Linken bekräftigt. Ihr Ziel sei Rot-Grün. "Die Linkspartei ist nicht koalitionsfähig", sagte sie am Wochenende im Abendblatt-Interview. Mit ihr sei Nordrhein-Westfalen nicht verlässlich zu regieren. "Wir wollen die Linkspartei aus dem Landtag heraushalten." Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) fahre eine "ganz perfide Strategie": Er habe nur eine Chance, mit der FDP weiterzuregieren, wenn die Linke in den Landtag komme. Daher rede er ständig über sie. SPD-Chef Sigmar Gabriel griff die Linkspartei scharf an. Sie sei in Nordrhein-Westfalen weder regierungsfähig noch regierungswillig, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Die wollen alles verstaatlichen, was größer ist als eine Currywurst-Bude."
Ypsilanti hatte vor der Hessen-Wahl eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausgeschlossen, später allerdings versucht, eine von der Linken tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung zu bilden. Das Manöver scheiterte an Widerstand abtrünniger SPD-Landtagsabgeordneter, und Ypsilanti trat als Partei- und Fraktionschefin zurück. CDU-Vize Koch betonte, in Nordrhein-Westfalen könne Kraft nach allen Umfragen nur Ministerpräsidentin werden, "wenn sich Rot-Rot-Grün zusammentun5". Für Hessen sei die einjährige Hängepartie mit Ypsilantis Wortbruch "eine sehr schwierige Zeit" gewesen, fügte der Ministerpräsident hinzu. "In der jetzigen Wirtschafts- und Finanzkrise wäre es für das große Industrieland NRW verheerend, wenn das Land nach fünf erfolgreichen Jahren unter Jürgen Rüttgers in eine politische Krise taumeln würde."
Der jüngsten Umfrage des Forsa-Instituts zufolge liegt die CDU in Nordrhein-Westfalen bei 39 Prozent, fast fünf Punkte hinter dem Ergebnis bei der Wahl 2005. Die Sozialdemokraten kämen auf 34, die Grünen auf elf, die FDP auf sechs und die Linkspartei auf fünf Prozent. Schafft die Linke den Einzug in den Düsseldorfer Landtag, dürfte es am 9. Mai weder für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün reichen. Rechnerisch möglich erscheinen Schwarz-Grün, eine Große Koalition und eben Rot-Rot-Grün.
Der Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, schloss eine Koalition mit der Linken ausdrücklich nicht aus und wies zugleich Spekulationen über ein Bündnis mit der CDU zurück. "Die Gemeinsamkeiten der Grünen mit der SPD sind einfach höher als mit den Neoliberalen und der Union", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
FDP-Chef Guido Westerwelle gab als Ziel die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition aus. "Wir wollen in Nordrhein-Westfalen zehn Prozent plus X erreichen und damit die Mehrheit für eine bürgerliche Regierung sichern", sagte Westerwelle.