Die Kosten für den Einsatz in Afghanistan sind explodiert. Die Nato will nun sparen, fordert aber auch mehr Geld von ihren Mitgliedern.
Hamburg/ Istanbul. Das stärkste Militärbündnis der Geschichte steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Der teure Afghanistan-Einsatz hat eine Lücke von 720 Millionen Euro in den Etat der Nato gerissen. Ferner fehlt in einem gesonderten Fonds eine Milliarde Euro allein in diesem Jahr für die laufenden Kosten der afghanischen Armee. Von den dafür vorgesehenen 1,3 Milliarden Euro sind bislang erst 266 Millionen gesichert.
Beim Treffen der Verteidigungsminister der Atlantischen Allianz in Istanbul drängte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in einem Vier-Punkte-Plan auf ein umfassendes Sparpaket, aber auch auf erhebliche Finanzspritzen der 28 Mitgliedstaaten, um den Einsatz am Hindukusch nicht zu gefährden.
Damit kommen wohl auch auf Deutschland neue Kosten zu. Die Bundesrepublik leistet mit einem Anteil von 16 Prozent den zweitgrößten Beitrag zum Nato-Haushalt nach den USA mit 23 Prozent. Allein der Afghanistan-Einsatz kostet die Deutschen pro Jahr 1,3 Milliarden Euro an militärischen Mitteln und Entwicklungshilfe. Nato-Sprecher James Appathurai sagte in Istanbul, die Mitgliedstaaten wollten der Forderung nach zusätzlichen Mitteln zumindest teilweise nachkommen.
Doch auf die genaue Höhe habe man sich noch nicht geeinigt. Dies soll im März nach ausführlichen Expertenberatungen geschehen. Zugleich wird geprüft, ob man die Zahl der Hauptquartiere verringern könne. Außerdem gaben die Minister eine grundlegende Reform des Finanzierungssystems der Allianz in Auftrag. "Wir müssen eine Einigung finden - aber das ist ein harter und steiniger Weg", sagte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg über die "Kostenexplosion" und fügte hinzu: "Es wurde deutlich, dass wir nicht sehr viel Zeit verstreichen lassen dürfen, damit uns dieses Thema nicht um die Ohren fliegt." Ohne Tabus müsse man Einsparmöglichkeiten prüfen: "Wir werden sehr genau die Dinge betrachten müssen, die tatsächlich notwendig oder die nur wünschenswert sind."
Der Haushaltsentwurf der Allianz für 2010 ist mit rund 2,5 Milliarden Euro rund 40 Prozent höher als im Vorjahr. Die Nato hatte kürzlich beschlossen, die Zahl der Soldaten der Afghanistan-Schutztruppe Isaf von derzeit 110 000 auf rund 150 000 zu erhöhen. Rasmussen betonte, die Sicherheit der Soldaten müsse trotz der Sparzwänge oberste Priorität behalten.
Auch die notwendigen Investitionen für strategische Projekte wie die Raketenabwehr sollen unbedingt gesichert werden. Grundsätzlich kommen die Nato-Staaten zwar selber für die Kosten ihrer Operationen auf. Doch vor allem aufgrund des Afghanistan-Krieges ist dieser Grundsatz aufgeweicht worden. Infrastrukturkosten etwa bei Kommunikation oder Flugplätzen werden inzwischen von der Allianz bezahlt.
Rasmussen stimmte die Truppensteller unter den Nato-Staaten in Istanbul auf steigende Opferzahlen bei ihrem Einsatz am Hindukusch ein. Hintergrund ist die Offensive der Nato gegen Taliban und al-Qaida im Süden Afghanistans. "Es wird mehr Kämpfe geben. Aufständische und Terroristen werden versuchen, Isaf-Soldaten und unschuldige Afghanen zu töten", sagte der Däne auf der Konferenz.
Die 44 Isaf-Truppensteller berieten in der Türkei ferner über die Umsetzung des neuen strategischen Konzepts für Afghanistan. US-Verteidigungsminister Robert Gates forderte "Tausende zusätzliche Ausbilder und Mentoren für die afghanische Armee und Polizei". Bis Ende 2011 will die Nato insgesamt mehr als 300 000 afghanische Polizisten und Soldaten ausbilden.
Guttenberg sagte, die Bundeswehr werde ab dem Sommer beginnen, die neue Strategie am Hindukusch umzusetzen.
"Wir müssen eine Einigung finden - aber das ist ein harter und steiniger Weg." Die Nato muss den Rotstift ansetzen. Der Afghanistan-Einsatz hat tiefe Löcher in das Budget des Bündnisses gerissen. Die Verteidigungsminister der 28 Bündnisstaaten einigten sich bei einer Konferenz im türkischen Istanbul auf ein umfassendes Sparpaket, aber auch auf erhöhte Militärbeiträge, wie Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mitteilte.