Auf Deutschlands Flughäfen wird jetzt noch stärker kontrolliert. Bald könnten auch die sogenannten Nacktscanner zum Einsatz kommen.
Berlin. Nach dem vereitelten Anschlag auf ein US-Flugzeug wächst bei Union und FDP die Bereitschaft, an deutschen Flughäfen Körperscanner zur Passagierkontrolle zuzulassen. Voraussetzung sei aber, dass die Intimsphäre der Fluggäste gewahrt bleibe, erklärten Vertreter der Regierungsparteien und verwiesen auf Fortschritte bei den laufenden Tests mit den Geräten. Grüne und Linke lehnten den Einsatz von Scannern als Verstoß gegen die Menschenwürde strikt ab. An deutschen Flughäfen wurden die Sicherheitsmaßnahmen nochmals verschärft. Die Passagier- und Handgepäckkontrollen seien „zielgerichtet“ erhöht worden, erklärte das Bundesinnenministerium.
An Weihnachten hatte ein 23-jähriger Nigerianer versucht, ein Flugzeug aus Amsterdam kurz vor der Landung in Detroit (USA) zum Absturz zu bringen. Eine Untergruppe des Terrornetzes al-Qaida im Jemen übernahm die Verantwortung und drohte weitere Anschläge gegen US-Ziele an. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte laut Mitteilung:„Die Bundesregierung nimmt den Anschlagversuch in den USA sehr ernst.“ Es gebe aber keinen Anlass für unnötige Panik. Der Minister bat die Fluggäste um Verständnis für die intensiveren Kontrollen und riet ihnen, möglichst wenig Handgepäck mitzunehmen.
Zuvor war im Internet ein Bekennerschreiben des im Jemen ansässigen Regionalzweiges der Organisation „Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel“ aufgetaucht. De Maizière sagte, deutsche Sicherheitsbehörden stuften das Schreiben als authentisch ein.
Nach Ansicht von Experten wäre der Detroit-Attentäter mit einem Körperscanner wohl erwischt worden. Jedoch böten auch die neuartigen Ganzkörperscanner keine hundertprozentige Sicherheitsgarantie, erklärte der Betriebsdirektor des Amsterdamer Airports Schiphol, Ad Rutten, nach Angaben der Zeitung „de Volkskrant“. Die EU-Kommission wollte die Geräte generell für die Flugsicherheit zulassen. Wegen des Widerstands im Europaparlament wurde das Vorhaben aber Ende Oktober 2008 zurückgezogen.
Die Bundespolizei testet verschiedene Prototypen von Körperscannern seit einem Jahr unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Lübeck. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte, es gebe nun eine Software, die ein Oberflächenbild erzeuge, ohne intime Details zu zeigen. Jedoch reichten die Sprengstofferkennung der Geräte und die Geschwindigkeit ihrer Kontrollen noch nicht aus. Man sei aber zuversichtlich, 2010 erste Ergebnisse präsentieren zu können.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, sagte im Westdeutschen Rundfunk (WDR), wenn die Eingriffe in die Intimsphäre der Fluggäste erheblich minimiert würden, seien die Geräte für den einzelnen Bürger sogar von Vorteil. „Wenn man technisch durchsucht wird, etwa auf Sprengstoff, ist das immer angenehmer, als wenn man von anderen Personen angefasst wird“, meinte er. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger sagte dem „Hamburger Abendblatt“, die FDP sei gegen die erste Generation der Scanner gewesen, weil sie die Intimsphäre verletzt hätten. Inzwischen gebe es neue Entwicklungen.
Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hatte sich für den Einsatz der Scanner an Flughäfen ausgesprochen. Die Grünen und die Linkspartei lehnen die Geräte weiter ab. „Nacktscanner verletzen die intimste Privatsphäre und damit die Menschenwürde von Passagieren“, sagte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth der „Leipziger Volkszeitung“. „Der Staat kann nicht Menschen komplett durchleuchten und gleichzeitig ihre Persönlichkeitsrechte wahren.“ Auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, äußerte sich in der Zeitung „Die Welt“ skeptisch.
Das Bundesforschungsministerium teilte mit, dass es 95 Projekte zum Entdecken von Gefahrenstoffen, darunter auch Sprengstoff, fördere. Ziel sei es, Gefahrstoffe präzise zu erkennen, den Menschen aber nur schematisch darzustellen. Mit ersten Ergebnissen werde Mitte kommenden Jahres gerechnet.