Nach dem fehlgeschlagenen Terroranschlag von Detroit hat die Lufthansa ihre Sicherheitsvorkehrungen deutlich erhöht.
Washington/Berlin/Brüssel. Nach dem vereitelten Terroranschlag von Detroit verschärft die Lufthansa ihre Sicherheitskontrollen für US-Reisende. Zugleich kommt in Berlin erneut der Einsatz sogenannter Nackt-Scannern ins Gespräch, mit denen bekleidete Fluggäste bis auf die Haut durchleuchtet werden. Die EU ordnet eine Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen auf Flughäfen an. In den USA mehrte sich derweil Kritik an offenbar gravierenden Sicherheitslücken.
Präsident Barack Obama wollte sich noch im Laufe des Tages von seinem Urlaub in Hawaii erstmals persönlich äußern. Teilweise geriet er in die Kritik, weil er tagelang mit einer öffentlichen Äußerung zu dem Vorfall gezögert habe. Der mutmaßliche Attentäter, der 23 Jahre alte Umar Faruk Abdulmutallab, wurde unterdessen aus dem Krankenhaus entlassen und in ein Gefängnis im Bundesstaat Michigan gebracht. Dort soll er am 8. Januar vor Gericht erscheinen.
Ein Lufthansasprecher rief US-Reisende auf, früher als sonst zum Einchecken zu kommen und möglichst wenig Handgepäck mitzunehmen. Einzelheiten der verschärften Kontrollen nannte er nicht. „Vor und hinter den Kulissen gibt es ein paar Änderungen.“ Allerdings mussten in Frankfurt - dem größten deutschen Flughafen - am Montag US-Passagiere keine längeren Wartezeiten hinnehmen. Bei British Airways und Air Canada müssen Reisende in der letzten Stunde vor der Landung sitzenbleiben und dürfen nicht ans Handgepäck.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält die Einführung von Nackt-Scannern nur für vertretbar, wenn diese einen „echten Sicherheitsgewinn“ brächten und nicht unzumutbar in die Intimsphäre der Passagiere eingegriffen werde. Dann könne man über eine Einführung neu nachdenken, erklärte er. Gesetzesverschärfungen seien aber „überhaupt nicht angezeigt“. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte der „Bild“-Zeitung: “Ich gehe davon aus, dass wir noch in 2010 die ersten Probeläufe mit Scannern machen können, die in der Lage sind, flüssige oder feste Sprengstoffe zu erkennen, ohne dabei die Intimsphäre der Passagiere zu verletzen.“
Bereits vor einem Jahr - damals waren sie schon teilweise in den USA im Einsatz - hatten die Nackt-Scanner für eine Kontroverse in Berlin und Europa gesorgt. Die EU-Kommission wollte sie generell zulassen. Wegen des Widerstands im Europaparlament wurde das Vorhaben aber im Oktober 2008 abgeblasen.
Abdulmutallab, der angeblich Kontakte zu al-Qaida im Jemen unterhielt, hatte am ersten Weihnachtstag Sprengstoff an Bord eines mit fast 300 Menschen besetzten Airbus der US-Gesellschaft Delta geschmuggelt und vor der Landung in Detroit zünden wollen. Eine Katastrophe wurde vor allem durch das beherzte Eingreifen von Passagieren verhindert.
Bei dem Sprengstoff soll es sich um 80 Gramm des hochexplosiven PETN handeln, das laut US-Medien in seiner Unterwäsche eingenäht gewesen sein soll. Wäre der Sprengsatz explodiert, hätte dies „ein Loch in die Außenwand der Maschine reißen können“, berichtete der TV-Sender CNN unter Berufung auf Experten.
In den USA konzentriert sich die Kritik auf die Frage, wie es geschehen konnte, dass der Vater die US-Behörden vor der möglichen Gefahr durch seinen Sohn gewarnt habe, dies aber nicht ernst genommen wurde. Wie die US-Medien berichteten, wurde die Warnung als Routine behandelt. Dem jungen Nigerianer wurde weder die Einreise verweigert, noch kam er auf die „No-Fly-Liste“.
Obama ordnete bereits eine Überprüfung an. An US-Flughäfen wurden die Kontrolle verstärkt. Passagiere werden am Gate abgetastet, ihr Handgepäck wird häufiger überprüft. Oppositionspolitiker wie der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, meinte mit Blick auf Sicherheitslücken: „Es gibt viel zu untersuchen.“
Die „Washington Post“ berichtete, bei eingehender Überprüfung hätte der Nigerianer den Sicherheitskräften ins Netz gehen müssen. Dies hätten etwa sogenannte „Puffer“ erreicht, bei denen ein starker Luftstrom auf die Passagiere gerichtet wird, der dann auf Bestandteile von Sprengstoff untersucht wird. Auch Hunde hätten den PETN-Sprengstoff entdeckt.
Mit Blick auf angebliche Verbindungen des Attentäters in den Jemen berichtete die „New York Times“, die USA hätten dort eine neue Front im Anti-Terror-Kampf eröffnet. In aller Stille würden verdeckte Operation gegen al-Qaida im Jemen durchgeführt. Einige im Anti-Terrorkampf geschulte CIA-Agenten seien schon seit einem Jahr im Jemen tätig. Als eine der Schlüsselfiguren des Terrorismus gilt der im Jemen lebende fanatische Prediger Anwar al-Awlaki, der Kontakte zu dem Attentäter von Detroit gehabt haben soll. Abdulmutallab hatte nach eigenen Aussagen Kontakte zu al-Qaida im Jemen. Laut US-Medien stammt die Bombe ebenfalls von dort. Im Jemen sei er auch auf die Selbstmordmission vorbereitet worden.
EU-Kommissionssprecher Mark English sagte in Brüssel, ein Expertenkomitee für Sicherheit im Luftverkehr werde sich mit Details der anstehenden Sicherheitsüberprüfungen befassen. „Das ist ganz eindeutig ein sehr schwerwiegender Vorfall“, sagte Englisch. „Sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind, werden wir unsere eigenen Schlüsse ziehen und entsprechend handeln.“