Übergangsrat: Islamische Gebetszeremonie vor Bestattung - Zwei Cousins sollen an Zeremonie teilgenommen haben - Saif al-Islam offenbar auf der Flucht ins Ausland
Tripolis/Hamburg. Fünf Tage nach seiner Festnahme und Tötung ist der frühere libysche Machthaber Muammar Gaddafi am Dienstag an einer geheimgehaltenen Stelle in der Sahara beerdigt worden. Nach Angaben ranghoher Vertreter des Übergangsrates wurde am frühen Morgen zunächst eine kurze islamische Gebetszeremonie abgehalten. Daran teilgenommen hätten auch zwei gemeinsam mit dem langjährigen Machthaber gefangengenommene Cousins von Gaddafi. Anschließend seien die Leichen Gaddafis und seines Sohnes Motassim an zwei Mitglieder des Übergangsrates übergeben worden, die sie zur Beisetzung in ein entlegenes Gebiet tief in der Sahara-Wüste gebracht hätten. „Die Beisetzung findet sehr weit entfernt von medialer Aufmerksamkeit statt“, sagte ein Mitglied des Übergangsrates. Die Geheimhaltung des Grabes soll verhindern, dass es zu einer Pilgerstätte für Anhänger des alten Regimes wird.
Die Beisetzung Gaddafis beendet ein makaberes Spektakel. Der Leichnam des einstigen Revolutionsführers war tagelang in einer Fleisch-Kühlkammer zur Schau gestellt worden. Erst am Montag war der Zugang für die Öffentlichkeit wegen der fortgeschrittenen Verwesung der Leiche beendet worden. Der Übergangsrat hat auf internationalen Druck zudem zugesagt, die nach wie vor ungeklärten Todesumstände Gaddafis untersuchen zu lassen. Die offenbar gewaltsame Tötung von Gaddafi und die Zur-Schau-Stellung hatten Verstimmung auch in den Ländern ausgelöst, die den Umsturz massiv unterstützt hatten.
Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad warf dem Westen vor, Gaddafi ermordet zu haben. Zuerst hätten alle westlichen Staaten den Machthaber hofiert und dann, als er ihnen nicht mehr nützlich gewesen sei, hätten die Staaten ihn fallengelassen, sagte Ahmadinedschad in einer Rede. Die UN-Resolution zum Schutz der Zivilbevölkerung sei lediglich ein Vorwand gewesen, den Ölreichtum des Landes auszuplündern. Die Vereinten Nationen hatten als Grundlage für den Militäreinsatz eine Resolution verabschiedet, mit der Gewalt zum Schutz der Bevölkerung vor den Truppen Gaddafis legitimiert wurde. Mit dem Tod des mehr als 40 Jahre herrschenden Gaddafi endete auch der achtmonatige Kampf um die Macht in dem ölreichen Land.
Gaddafi war am Donnerstag gefasst und kurz darauf unter ungeklärten Umständen erschossen worden. Auf mit Mobiltelefonen gemachten Bildern sah man zunächst den Festgenommenen offenbar verletzt, aber lebend. Kurz darauf wurde er erschossen. Wer dafür verantwortlich ist, ist unklar. Auch sein Sohn Motassim, der die einflussreiche Position des Nationalen Sicherheitsberaters innehatte, starb mit seinem Vater unter ungeklärten Umständen.
Der weitere Weg des Landes ist ungewiss. Der Übergangsrat hatte angekündigt, die Scharia – das islamische Recht – zur Grundlage der Rechtsverfassung zu machen und damit Zweifel am Demokratiewillen heraufbeschworen. Zugleich wurde aber versichert, Libyen verfolge einen moderaten Islam.
Der Gaddafi-Sohn Saif al-Islam, der lange als Nachfolger Gaddafis aufgebaut worden war, befindet sich nach Angaben der Übergangsregierung in der Wüste nahe den Grenzen zu Niger und Algerien. Es sei fast unmöglich, die Flucht zu stoppen, sagte ein Funktionär der neuen Machthaber. Das Gebiet sei sehr entlegen und biete zahlreiche Schlupflöcher ins Ausland.
Am Dienstag nahm die spanische Ölfirma Repsol erstmals wieder den Betrieb auf. Zunächst würden rund 30.000 Barrel Öl täglich gefördert, erklärte das Unternehmen. Bei der Explosion von zwei Treibstofftanks in der Gaddafi-Heimatstadt Sirte kamen nach Angaben von Anwohnern am Montag mehr als 50 Menschen ums Leben. Ein Kurzschluss habe die Detonationen ausgelöst, berichteten Augenzeugen. Die Explosionen hätten sich bereits Montagmittag ereignet. Die beiden Tanks brannten noch in der Nacht zum Dienstag lichterloh. (rtr/abendblatt.de)