Kämpfe zwischen Anhängern des getöteten Despoten und der neuen Machthaber wieder aufgeflammt. Stadt galt vor dem Sturz als Gaddafi-Hochburg.
Kairo/Tripolis. Gaddafis Getreue im Aufwind: Anhänger des gestürzten und getöteten libyschen Despoten haben die Wüstenstadt Bani Walid zurückerobert. Am Montag hissten die neuen Rebellen die grüne Fahne des ehemaligen Regimes in der ehemaligen Bastion der Gaddafi-Anhänger. Der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, entsandte daraufhin Einheiten des Verteidigungsministeriums, um die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. Die Gefechte zwischen Getreuen des langjährigen Diktators und der neuen Machthaber sind drei Monate nach der offiziellen Befreiung Libyens wieder aufgeflammt.
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Es sei nicht ihr erster Versuch gewesen, das Büro der Übergangsregierung einzunehmen, sagte ein Sprecher der Revolutionskämpfer am Montag. Bei den Kämpfen um die Stadt seien fünf Menschen getötet und 20 weitere verletzt worden, berichtete der arabische Fernsehsender Al-Arabija. Die Kämpfer beider Seiten hätten den ganzen Tag über gekämpft und dabei auch schwere Waffen eingesetzt. Anwohner und Vertreter der Regierungstruppen berichteten von schweren Zusammenstößen. Es seien auch schwere Panzerabwehrwaffen zum Einsatz gekommen. Auslöser war offenbar die Festnahme mehrerer Gaddafi-Anhänger durch Mitglieder des Nationalen Übergangsrates. „Sie kontrollieren jetzt die Stadt. Sie fahren in der Stadt umher“, sagte ein Kämpfer der Regierungstruppen. Ein Vertreter der Luftwaffe in Tripolis erklärte, es würden Kampfflugzeuge in Richtung Bani Walid entsandt. In der Hauptstadt selbst verstärkten die Sicherheitskräfte ihre Präsenz in den Straßen.
Bani Walid ist eine strategisch wichtige Stadt rund 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Tripolis. Die meisten der rund 80.000 Einwohner gehören zu den Warfalla, dem größten Stamm Libyens. Mit knapp einer Million Menschen stellt er ein Sechstel der libyschen Bevölkerung. Der Ort mehr als 140 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Tripolis hat nur regionale Bedeutung. 2007 verlor Bani Walid den Sitz einer Provinzverwaltung und wurde mit der Region Misrata zu einem neuen Verwaltungsgebiet zusammengelegt. Die Stadt war am 17. Oktober vergangenen Jahres als vorletzte Bastion Gaddafis gefallen. Milizionäre des Übergangsrates hatten Bani Walid zuvor sechs Wochen lang belagert. Zwischen den Bewohnern und den Milizen des Übergangsrates herrschte seit Langem böses Blut. Im November hatten Gaddafi-Getreue bereits 15 Milizionäre getötet. Das libysche Innenministerium räumte ein, dass es Probleme in der Stadt gegeben habe, die zum Ausbruch der Gewalt geführt hätten. Zeitweise wurden dort Verstecke des untergetauchten Diktators Muammar al-Gaddafi und seines ebenfalls mit internationalem Haftbefehl gesuchten Sohnes Saif al-Islam vermutet.
Unterdessen teilte der Internationale Strafgerichtshof mit, dass noch keine Entscheidung über den Prozess gegen Saif al-Islam getroffen wurde. Es sei noch nicht beschlossen worden, ob das Verfahren in Libyen stattfinden könne. Damit trat es Aussagen des libyschen Justizministers Ali Chalifa Schur entgegen. Dieser hatte erklärt, das Gericht in Den Haag habe dem Antrag Libyens auf einen Prozess in der Heimat des Angeklagten zugestimmt. Dem bekanntesten Sohn Gaddafis werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Saif al-Islam wurde im November - etwa einen Monat nach dem gewaltsamen Tod des Vaters – in der Wüste festgenommen. Saif al-Islam selbst galt noch vor einem Jahr als designierter Nachfolger Muammar Gaddafis an der Spitze des nordafrikanischen Landes. Das Verfahren gegen ihn gilt als Test für Libyen. In dem Land droht dem Mann die Todesstrafe. Der Internationale Strafgerichtshof hatte bis Montag weitere Informationen über seinen Zustand angefordert.
Mit Material von dpa/dapd/rtr