Die Dienstwagenaffäre von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt kommt den Steuerzahler richtig teuer. Das gestohlene Auto war nicht versichert.
Berlin. Der gestohlene Dienstwagen von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) war nicht gegen Diebstahl versichert. Es sei „gängige Praxis“, die Fahrzeuge weder Teil- noch Vollkasko zu versichern, sagte die Sprecherin der Minsiterin, Dagmar Kaiser, am Montag. Aufgrund der Vielzahl der Fahrzeuge sei das kostengünstiger. Sie bestätigte damit eine Meldung der „Aktuellen Stunde“ des WDR-Fernsehens. Der Mercedes S 420 CDI war während des Urlaubs der SPD-Politikerin an der spanischen Mittelmeerküste entwendet worden, der Wiederbeschaffungswert liege bei 100.000 Euro, meldete der Sender.
Schmidt zeigte unterdessen für die massive Kritik an der Nutzung ihres Dienstwagens im Urlaub keinerlei Verständnis – und erntet beißenden Spott. Die Ministerin habe wohl das Prinzip der Abwrackprämie für Altautos nicht richtig verstanden, lästerte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt am Montag. „Muss sie sich noch mal erklären lassen.“ Denn dass die SPD-Politikerin den Mercedes S-Klasse samt Fahrer für gerade einmal zwei dienstliche Termine nach Spanien beordert hatte, war am Wochenende nur deshalb bekanntgeworden, weil Diebe das Auto gestohlen hatten.
Ex-Kabinettskollege und CSU-Chef Horst Seehofer feixte: „Das ist schon ein Pech.“ Denn nicht nur für die Ministerin, auch für die SPD kommt diese Dienstwagenaffäre mitten im Bundestagswahlkampf denkbar ungelegen. Die in Umfragen unverändert hinter der Union herhinkenden Sozialdemokraten würden in dieser Woche gern mit einer Wahlkampf-Offensive ihres Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier die Schlagzeilen beherrschen. Die SPD-Spitze gab der Ministerin nach einer Debatte im Präsidium, zu der Schmidt per Telefon zugeschaltet war, Rückendeckung. Die Ministerin handele nach Recht und Gesetz, sagte Generalsekretär Hubertus Heil.
Vor der Bundespressekonferenz rechtfertigte Schmidts Sprecherin Dagmar Kaiser die Angelegenheit mit dem Dienstwagen-Privileg für Regierungsmitglieder. „Es ist alles korrekt, und es ist alles von den Richtlinien gedeckt. Es gibt überhaupt kein Wackeln“, sagte sie. Die Ministerin selbst meldete sich erstmals in der „Aachener Zeitung“ zu Wort. „Der Dienstwagen steht mir, auch aus Sicherheitsgründen, jederzeit zur Verfügung“, sagte sie laut Online-Ausgabe. Private Fahrten rechne sie ab. Es habe in ihren acht Jahren als Ministerin nie Beanstandungen gegeben. Die ganze Debatte jetzt sei Theater im Sommerloch.
Sprecher der anderen Ministerien sahen sich in der Bundespressekonferenz genötigt klarzustellen, dass die Dienstwagen dort gar nicht oder nur äußerst selten im Urlaub genutzt würden. Es sei denn, das Fahrzeug sei aus Sicherheitsgründen wie bei Kanzlerin, Außen-, Innen- und Verteidigungsminister vorgeschrieben. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm gab sich betont zurückhaltend. Jedes Ministerium entscheide im Rahmen der Richtlinien eigenverantwortlich, wie Dienstwagen genutzt würden.
Erstaunen löste das Gesundheitsministerium mit der Rechnung aus, es sei günstiger, den Wagen samt Fahrer von Berlin ins 2500 Kilometer entfernte Denia bei Alicante zu holen, als dort einen Leihwagen zu mieten. Wenn man für Hin- und Rückfahrt bei einem Verbrauch von 7,7 Litern pro 100 Kilometer 500 Euro für Sprit veranschlage, entspreche dies bereits der Miete für einen vergleichbaren Leihwagen pro Tag, rechnete Kaiser vor. Allerdings seien darin die Kosten für die Unterbringung des Fahrers noch nicht eingerechnet, räumte sie ein.
Freilich treibt die Gesundheitsministerin auch das Ansehen der Bundesregierung um. Es sei selbstverständlich, dass sie bei offiziellen Terminen im Urlaub mit Dienstwagen vorfahre. Schließlich repräsentiere sie „die Regierung unseres Landes“, sagte sie der „Aachener Zeitung“.
Zum Einsatz kam der ungepanzerte Mercedes nur für die Fahrt zum örtlichen Bürgermeister. Für den Vortrag zur Gesundheitsversorgung vor deutschen Residenten am Montagabend wurde nun nach dem Diebstahl ein Leihwagen beschafft. Auf ein Ersatzfahrzeug aus Berlin sei kurzfristig verzichtet worden, sagte die Sprecherin. Im übrigen wolle Schmidt dem Bundestag alles offenlegen. FDP-Chef Guido Westerwelle mahnte, das sei dringend geboten. Die Erklärungsversuche des Ministeriums würden die Fragezeichen eher noch größer machen.
Autovermieter nutzten Schmidts Malheur prompt zur Eigenwerbung. Repräsentative Mercedes-Modelle gebe es schon ab 500 Euro die Woche, warben sie. Kleinwagen seien noch günstiger.