115 Millionen Euro waren an Bord. Gaddafi will sich die Rebellen kaufen. Deutschland ist weiter gegen eine Flugverbotszone.
London/Tripolis. War es Gaddafis Schweigegeld für die libyschen Rebellen? Die britischen Behörden haben ein Schiff mit Kisten voller libyscher Banknoten im Wert von umgerechnet rund 115 Millionen Euro an Bord beschlagnahmt. Das Geld sei „an einen sicheren Ort“ gebracht worden, sagte eine Regierungsmitarbeiterin am Freitag. Das Schiff sei in Begleitung der Küstenwache freiwillig in den Hafen von Harwich zurückgekehrt, nachdem es zuvor die libysche Hauptstadt Tripolis angesteuert habe. Zur genauen Herkunft des Geldes wurden keine Angaben gemacht. Gemäß der von den Vereinten Nationen verhängten Sanktionen ist die Ausfuhr von libyschem Geld aus Großbritannien verboten. Das britische Privatunternehmen De La Rue produziert Banknoten in mehr als 150 nationalen Währungen. London hatte Muammar al-Gaddafis Vermögenswerte von umgerechnet gut einer Milliarde Euro eingefroren. In Tripolis und an anderen Orten versuchten Gaddafis Helfer, Rebellen mit Bargeld auf die Seite des Staatschefs zu ziehen.
Derweil ist es in der Hauptstadt zu Zusammenstößen zwischen Gegnern und Anhängern Gaddafis gekommen. Es gab Schlägereien, die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Wegen der angekündigten Proteste nach dem Freitagsgebet hatte die Regierung Journalisten mit Festnahme gedroht, falls sie ohne offizielle Erlaubnis auf die Straße gehen sollten.
Das libysche Staatsfernsehen hat am Freitag Bilder der drei am Sonntag in Libyen gefangen genommenen niederländischen Soldaten gezeigt. Demnach ist offenbar mindestens eine Frau unter den Festgenommenen. Die niederländische Regierung verweigert allerdings Informationen zur Identität oder dem Geschlecht der Soldaten. Derzeit seien intensive diplomatische Bemühungen im Gange, um die niederländischen Staatsbürger wieder freizubekommen. Die Drei waren bei einer Evakuierungs-Mission samt ihrem Hubschrauber in die Hände von Gaddafi-treuen Bewaffneten gefallen.
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„Terroristen wollen Gewalt heraufbeschwören und die Anwesenheit von Journalisten würde die Situation nur verschlimmern“, sagte Regierungssprecher Mussa Ibrahim. Die Türen des Hotels Rixos, in dem die meisten ausländischen Journalisten untergebracht waren, blieben geschlossen. Zuvor hatte die libysche Luftwaffe zum wiederholten Mal eine Kaserne in der Nähe der Stadt Adschdabija angegriffen, verletzt wurde jedoch niemand. Die Oppositionellen drangen unterdessen weiter in Richtung Westen vor und versuchten zudem, die Kontrolle über die logistisch wichtige Öl-Stadt al-Brega im Osten des Landes zu behalten. Al-Brega ist seit Mittwoch Schauplatz einer Gegenoffensive der Truppen von Gaddafi.
Die Bundeswehr steht mit drei Schiffen bereit, die in Tunesien gestrandeten ägyptischen Flüchtlinge aus Libyen in ihre Heimat zurückzubringen. Die humanitäre Aktion steht unter der Hoheit des Uno-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR, teilte das Auswärtige Amt mit. „Mehrere Hundert“ Menschen sollen auf dem Seewege nach Ägypten gebracht werden. Zudem habe die Bundesregierung dem UNHCR eine Million Euro für die Rückführung bereitgestellt. Hinzu komme die Unterstützung für Charterflüge von zivilen Fluggesellschaften, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Insgesamt sollen so rund 6000 Menschen mit direkter deutscher Hilfe oder deutschen Geldern nach Ägypten zurückkommen. Grundlage ist eine Bitte der ägyptischen Regierung nach internationaler Unterstützung für die Flüchtlinge.
Deutschland steht der Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen äußerst zurückhaltend gegenüber. Ein „robuster Einsatz“ in dem nordafrikanischen Land sei nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen denkbar, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Daher müsse man das Thema „mit aller gebotenen Umsicht“ diskutieren. Mit der Flugverbotszone sollen Aufständische gegen Angriffe der libyschen Luftwaffe geschützt werden. Zugleich trat das Auswärtige Amt Spekulationen entgegen, Deutschland habe sich in der Nato gegen eine Flugverbotszone gestemmt. „Wir haben den Planungsprozess in der Nato nicht gestoppt“, sagte der Sprecher. Das Verteidigungsministerium widersprach Darstellungen, dass die deutschen Vorbehalte mit den Militärjets zu tun haben könnten, die zur Durchsetzung eines solchen Flugverbotes nötig sind. In ersten Medienberichten hatte es geheißen, dass außer den USA insbesondere die Bundeswehr mit den speziellen ECR-„Tornados“ über Kampfflugzeuge verfüge, die hoch spezialisiert die gegnerische Luftverteidigung ausschalten könnten. Auch andere Länder verfügten über notwendige Waffensysteme, sagte ein Ministeriumssprecher.
Mit Material von dapd/dpa/epd