„Wir sollten in Hamburg jetzt mit gutem Beispiel vorangehen und Flüchtlinge aus Libyen aufnehmen“, sagte Annegrethe Stoltenberg.

Hamburg. Die Hamburger Diakoniechefin Annegrethe Stoltenberg hat die Stadt Hamburg aufgefordert, Flüchtlingen aus Libyen Schutz zu gewähren. „Niemand kann mehr bezweifeln, dass die Menschen vor Gewalt fliehen“, sagte sie am Freitag in der Hansestadt. Ganz Europa müsse Solidarität mit den Flüchtlingen zeigen, die einen Anspruch auf ein faires Asylverfahren und auf humanitäre Hilfe hätten. „Wir sollten in Hamburg jetzt mit gutem Beispiel vorangehen und uns bereiterklären, gegebenenfalls Flüchtlinge aus Libyen aufzunehmen – zum Beispiel im Rahmen eines Kontingentverfahrens“, fügte Stoltenberg hinzu.

Nach Ansicht der Hilfswerke „Brot für die Welt“ und „Diakonie-Katastrophenhilfe“ ist es Aufgabe aller EU-Staaten, Flüchtlingen sichere Zuflucht zu bieten und Sorge dafür zu tragen, dass sie nicht unrechtmäßig abgeschoben werden. Die Verantwortung dafür liege nicht allein bei Italien. Die Zuständigkeitsverteilung in der EU für Asylverfahren müsse dringend verändert werden. Libyens Nachbarstaaten wie Ägypten und Tunesien sollten Hilfe erhalten, weil die meisten Menschen dorthin fliehen würden.

Nach Stoltenbergs Worten haben Flüchtlinge aus Libyen genauso einen völkerrechtlichen Anspruch auf ein faires Asylverfahren wie Flüchtlinge aus anderen Krisenregionen, zum Beispiel Somalia, Sudan oder Eritrea. Diese seien in der Vergangenheit durch das Gaddafi-Regime und teilweise sogar in Absprache mit der EU an der Weiterreise nach Europa gehindert und unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern festgehalten worden.

Die angebliche Bedrohung Europas durch überwältigende Flüchtlingsbewegungen aus Nordafrika hat nach Einschätzung der Hilfswerke keinen Bestand. Die Entwicklungen in Ägypten und Tunesien würden belegen, dass der Massenexodus nach Europa ausgeblieben ist. Die EU sollte demnach neben akuten Maßnahmen vor allem ihre Beziehungen zu den mediterranen Nachbarn einer kritischen Prüfung unterziehen und zeigen, dass Demokratie und Menschenrechte keine Lippenbekenntnisse sind.