Uno und EU schicken Erkundungsteams. Gaddafis Anhänger beschimpfen westliche Diplomaten. Neuer Streit um Flugverbotszone.
Tripolis/Brüssel/Washington. Libysche Rebellen haben bei Kämpfen gegen die Truppen von Staatschef Muammar al-Gaddafi im Westen des Landes nach eigenen Angaben mehr als ein Dutzend Soldaten gefangen genommen. Ein Sprecher der Aufständischen sagte dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira am Montag, von den 14 Soldaten der Chamies-Brigade seien vier verletzt in ein Krankenhaus gebracht worden. Bei den Kämpfen um die Städte Misurata und al-Sawija habe es auf beiden Seiten Tote gegeben. Am Frontverlauf habe sich jedoch weder dort noch im Osten an der Küste etwas geändert. Dort sei die Schlacht um die Stadt Bin Dschawad noch nicht entschieden. In Misurata, 210 Kilometer östlich von Tripolis, lieferten sich Gaddafis Truppen Häuserkämpfe mit den Rebellen. Dschumaa Ibrahim, ein Staatssekretär im libyschen Außenministerium, nannte es „nicht akzeptabel und illegal“, dass französische und britische Diplomaten Kontakte zu den Rebellen im Osten des Landes aufgenommen hätten. Der einzige Ansprechpartner für die Regierungen dieser beiden europäischen Länder müsse die libysche Regierung sein, sagte er am Sonntagabend.
Die Uno und die EU schicken angesichts der bürgerkriegsähnlichen Kämpfen Erkundungsteams nach Libyen. Der libysche Außenminister Mussa Kussa habe in einem Telefonat mit Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon der sofortigen Entsendung eines Uno-Teams nach Tripolis zugestimmt, teilte ein Uno-Sprecher mit. Ein Team der Europäischen Union ist nach Mitteilung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton bereits auf dem Weg nach Libyen.
Unterdessen halten die Kämpfe in dem nordafrikanischen Land an. Vor allem entlang der Küstenlinie versuchen die Gaddafi-Truppen, an die Rebellen verlorene Städte zurückzuerobern. Mit Hubschraubern, Kampfflugzeugen und Panzern griffen die Regierungstruppen nach Berichten des arabischen Senders al-Dschasira am Sonntag mehrere von Aufständischen kontrollierte Städte an. Erneut forderten die Rebellen die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen. In der US-Regierung mehren sich unterdessen die skeptischen Stimmen zu einer solchen Flugverbotszone. Nach Verteidigungsminister Robert Gates äußerte sich auch der neue Stabschef im Weißen Haus, Bill Daley, zurückhaltend. „Eine Menge Leute reden über eine Flugverbotszone, als wäre es (...) ein Videospiel oder so etwas“, sagte er dem US-Sender NBC. „Wer darüber auf diese Weise redet, hat keine Ahnung, wovon er spricht.“
Der Uno-Generalsekretär Ban forderte von der Führung in Tripolis erneut die sofortige Einstellung der „unverhältnismäßigen Gewalt und wahllosen Angriffe auf Zivilisten“. Auch müsse die Sicherheit der Ausländer in Libyen garantiert und Hilfsorganisationen Zugang zu den Bedürftigen gewährt werden. Zum neuen Sondergesandten für Libyen ernannte Ban den früheren jordanischen Außenminister Abdul Ilah Chatib. Er werde schon in Kürze Beratungen mit den Behörden in Tripolis und den Regierungen in der Region aufnehmen. Die Entsendung des EU-Teams unter Leitung des italienischen Krisenhilfeexperten Agostino Miozzo dient vor allem der Vorbereitung des Libyen-Sondergipfels am kommenden Freitag. Die Gruppe soll in den nächsten Tagen prüfen, wie die 27 EU-Staaten weitere Unterstützung für die Menschen im Land leisten können.
Ein von Aufständischen im Osten Libyens festgehaltenes britisches Diplomatenteam ist am Sonntagabend wieder freigelassen worden. Die Gruppe, darunter angeblich sechs Elitesoldaten der Kommandotruppe SAS, sollte britischen Medienberichten zufolge Gespräche mit den Gaddafi-Gegnern aufnehmen. Kurz nach ihrer Ankunft am Freitag waren die Männer jedoch festgenommen worden. Der britische Verteidigungsminister Liam Fox bestätigte, dass britische Diplomaten in Bengasi mit Rebellen gesprochen hätten. „Aber ich werde dazu keinen weiteren Kommentar abgeben“, sagte er.
Mit Material von dpa/rtr/AFP