Deutsche Schiffe sollen Flüchtlinge transportieren. Neue Enthüllungen um den Gaddafi-Clan – und ein Vermittlungsversuch von Hugo Chávez.
Washington/Berlin/Caracas. Seine Flugzeugträger hat er bereits näher an die libysche Küste beordert. Die US-Truppen im Mittelmeer zeigen rege Aktivität. Denn US-Präsident Barack Obama hat angesichts der Lage in Libyen einen weitergehenden Einsatz der US-Streitkräfte nicht ausgeschlossen. Im Umgang mit dem Konflikt behalte sich sein Land „die ganze Palette an Optionen“ vor, sagte Obama. Der US-Präsident kündigte eine Luftbrücke an, um aus Libyen geflohene Ägypter in ihre Heimat zu bringen. Die USA würden sich in ihren Entscheidungen „nicht fesseln lassen“, sagte Obama. Die weiteren Schritte würden in Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft getroffen. Dabei lasse sich sein Land davon leiten, „was für das libysche Volk das Beste ist“.
Obama forderte erneut den Machtverzicht von Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi. „Gaddafi hat jegliche Legitimation zur Führung des Landes verloren und muss weichen“, sagte Obama. „Die USA und die gesamte Welt sind weiterhin empört über die abstoßende Gewalt gegen das libysche Volk.“ Für die Luftbrücke habe er den Einsatz der US-Luftwaffe in Tunesiens Grenzgebiet zu Libyen angeordnet, wo viele ägyptische Gastarbeiter nach ihrer Flucht gestrandet sind, sagte Obama. Zudem habe er die Anmietung von Zivilflugzeugen genehmigt, um andere geflohene Ausländer aus der Grenzregion in ihre Heimat zurückzubringen. In den vergangenen Tagen waren Zehntausende ausländische Arbeiter aus Libyen geflohen. Viele sitzen völlig mittellos in der Grenzregion zu Tunesien fest.
Gaddafis Sohn Saif sagte dem britischen Fernsehsender Sky News, die Luftangriffe auf Brega vom Donnerstag hätten die Rebellen nur „erschrecken“ sollen. Die eigentliche Stadt sei weit von den Zielen der libyschen Luftwaffe entfernt gewesen. Nach Uno-Schätzungen kamen seit Beginn der Unruhen mindestens 1000 Menschen ums Leben; mehr als 100.000 Menschen hätten das Land verlassen.
Unterdessen räumte ein Sprecher des Schweizer Außenministeriums ein, mehr als eine Million Euro an Gaddafi-Sohn Hannibal gezahlt zu haben. Nach der Freilassung eines Schweizer Geschäftsmannes sei die Summe Mitte vergangenen Jahres unter deutscher Vermittlung transferiert worden. Es sei verabredet gewesen, dass das Geld für „humanitäre Zwecke“ eingesetzt werde. Hannibal Gaddafi war 2008 gemeinsam mit seiner schwangeren Frau in Genf vorübergehend festgenommen worden, weil sie Hausangestellte misshandelt haben sollen. Zwei Schweizer Geschäftsleute wurden daraufhin in Libyen lange Zeit festgehalten. In Großbritannien zog sich der Direktor der angesehenen London School of Economics von seinem Posten zurück, weil er 350.000 Euro von Gaddafi-Sohn Saif angenommen hatte. Wegen der Spende und seiner eigenen Reise nach Libyen habe der Ruf der Universität gelitten, erklärte Howard Davies.
Die Bundeswehr beteiligt sich von diesem Freitag an mit drei Schiffen an einem internationalen Hilfseinsatz für in Tunesien festsitzende Libyen-Flüchtlinge. Mit diesen Schiffen sollen nach Angaben von Bundesaußenminister Guido Westerwelle innerhalb der nächsten Tage etwa 4000 Ägypter über das Mittelmeer in ihre Heimat zurückgebracht werden. „Das ist für uns ein Gebot der Menschlichkeit“, sagte Westerwelle. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag nahm Ermittlungen gegen das Gaddafi-Regime auf. Auch die Söhne des libyschen Staatschefs sind dabei im Visier der Ermittler. Gaddafi und sein Umfeld trügen mutmaßlich „die größte Verantwortung für die schwersten Verbrechen“, die seit dem 15. Februar gegen friedliche Demonstranten begangen wurden, teilte Chefankläger Luis Moreno-Ocampo in Den Haag mit.
Nach Angaben des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez hat Gaddafi der Entsendung einer internationale Vermittlungskommission nach Libyen zugestimmt. In einem Telefonat habe der libysche Staatschef sich ferner dafür ausgesprochen, dass der Kommission auch Uno-Vertreter angehören sollten, sagte er. Chávez selbst hatte die Vermittlungsmission Anfang der Woche vorgeschlagen. Die Aufständischen in Libyen haben Gespräche unter Beteiligung Gaddafis bislang jedoch abgelehnt.
Mit Material von dpa/AFP/rtr