Die Aktien der Waffenhersteller zogen an. WikiLeaks veröffentlicht brisante Dokumente über das wahre Ausmaß der chinesischen Hochrüstung.
Washington/Sydney. Aufsehenerregende Nachrichten von den Supermächten: Die USA streichen ihren Militärhaushalt drastisch zusammen. Grund sind die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise und das gigantische Haushaltsdefizit, das Präsident Barack Obamas Land vor sich herschiebt. Gleichzeitig wird durch neue Dokumente von WikiLeaks bekannt, dass China den wahren Umfang seiner Bewaffnung verheimlicht.
In den kommenden fünf Jahren will das Pentagon 78 Milliarden Dollar einsparen, wie Verteidigungsminister Robert Gates ankündigte. Erreicht werden soll das Sparziel mit einer Verringerung der Zahl der Bodentruppen, höheren eigenen Krankenkassenbeiträgen der Soldaten im Ruhestand und deren Familien sowie anderen politisch unpopulären Maßnahmen. Gates’ Plan sieht darüber hinaus weitere Einsparungen in Höhe von 100 Milliarden Dollar vor. So soll das Projekt eines 14 Milliarden Dollar teuren Amphibienfahrzeugs der Marine nicht weiter verfolgt werden.
Dieses Geld dürfe aber in andere Projekte wie ein neues Waffensystem oder Programme zugunsten der Truppen reinvestiert werden. Auch die Streitkräfte seien von den allgemeinen Sparanstrengungen nicht ausgenommen und müssten überlegen, wie sie mit weniger Geld auskämen, erklärte Gates vor Reportern. Er bezeichnete die Sparpläne dennoch als gemäßigt und realistisch. Seit den Anschlägen vom 11. September 2011 haben sich die Militärausgaben der USA verdoppelt. Insgesamt haben die USA etwa 1,43 Millionen Männer und Frauen unter Waffen, darunter 570.000 im Heer und 203.000 Marine-Infanteristen.
Die Aktien der großen Rüstungskonzerne stiegen nach Gates’ Ankündigung, da die Anleger noch tiefere Einschnitte befürchtet hatten. Von den Einsparungen sind zwar sowohl Projekte des Rüstungskonzerns Lockheed Martin als auch von General Dynamics betroffen, jedoch nicht so stark wie erwartet. Einige Gelder aus dem Verteidigungshaushalt werden lediglich umgeschichtet: Investiert werden soll unter anderem in einen atomaren Langstreckenbomber, mehr Schiffe für die Marine und eine verbesserte Raketenabwehr. Der US-Flugzeugbauer Boeing dürfte einen Vertrag über den Bau von 41 weiteren „Hornet“-Kampfflugzeugen für über zwei Milliarden Dollar erhalten.
Teile des geplanten Sparprogramms dürften jedoch im Kongress auf heftigen Widerstand stoßen. Bereits in der Vergangenheit haben sich Abgeordnete Bestrebungen widersetzt, Versicherungsprämien anzuheben oder Waffenprogramme zu kürzen, die in ihren jeweiligen Heimatstaaten Arbeitsplätze schaffen. Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses, der Republikaner Buck McKeon, äußerte umgehend Bedenken. „Dies ist ein dramatischer Wandel für eine Nation im Krieg und ein gefährliches Signal vom Oberbefehlshaber“, sagte McKeon.
Dem Plan zufolge sollen 2012 insgesamt 553 Milliarden Dollar zur Verfügung stehen – 13 Milliarden weniger, als das Pentagon ursprünglich gefordert hatte. Real bedeutet die Summe aber ein Wachstum von drei Prozent. Das Gros der Kürzungen soll erst 2015 erfolgen, wenn der US-Einsatz in Afghanistan nach bisheriger Planung weitgehend beendet sein soll. Dann sollen 27.000 Soldaten des Heeres und bis zu 20.000 Marineinfanteristen aus dem Dienst entlassen werden, um bis zu sechs Milliarden Dollar einzusparen. Außerdem soll das Militärhauptquartier in Norfolk (Virginia) geschlossen werden. Dort sind 6000 Menschen beschäftigt.
Generalstabschef Michael Mullen erklärte, er und die Chefs der Teilstreitkräfte unterstützten das Vorhaben. „Sicherlich besteht ein Risiko, aber wir halten es für ein akzeptables Risiko.“ Die Kosten für den Einsatz in Afghanistan würden voraussichtlich zurückgehen, wenn die USA und ihre Verbündeten wie geplant 2014 die Kontrolle über die Sicherheit an die Regierung in Kabul übergeben.
Derweil wurde bekannt, dass China offenbar das Ausmaß seiner Hochrüstung verschleiert. Die Internet-Plattform WikiLeaks veröffentlichte einen australischen Geheimdienstbericht, nach dem die chinesischen Militärausgaben im Jahr 2006 schon 70 Milliarden Dollar erreicht hätten – doppelt so hoch wie offiziell angegeben, zitierte die australische Zeitung „Sydney Morning Herald“. China sei „bereits jetzt eine glaubwürdige Bedrohung“ für die Streitkräfte in der Region. Die militärische Stärke gehe dabei über das hinaus, was China zur Selbstverteidigung benötige.
China hat die vergangenen zwei Jahrzehnte seinen Verteidigungshaushalt nahezu stetig im zweistelligen Prozentbereich erhöht. Für 2010 wurde der Wehretat nach amtlichen Angaben um 7,5 Prozent auf umgerechnet 78,6 Milliarden Dollar erhöht. Das US-Militär geht davon aus, dass die wahren Ausgaben 2009 aber schon 150 Milliarden Dollar betrugen. Mit 2,3 Millionen Soldaten ist die Volksbefreiungsarmee das größte Heer der Welt. China plant aber, seine Armee kleiner und schlagkräftiger zu machen.