Innenminister Thomas de Maizière will eine neuartige Unterbringung für rückfallgefährdete entlassene Straftäter schaffen.
Berlin. Im koalitionsinternen Streit um die Sicherungsverwahrung hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine „schnelle politische Entscheidung“ bis September angekündigt. Sein Vorschlag, für rückfallgefährdete entlassene Straftäter eine neuartige Unterbringung zu schaffen, sei ohne „großen Aufwand“ umzusetzen, sagte de Maizière den Zeitungen der WAZ-Gruppe vom Mittwoch. Die Einrichtungen, die sich von Gefängnis und Psychiatrie unterscheiden würden, könnten etwa an den Standorten bestehender Justizvollzugsanstalten geschaffen werden.
Zu der stattdessen von der FDP angestrebten elektronischen Aufenthaltsüberwachung sagte de Maizière: „Die Fußfessel ersetzt niemals den Schutz der Bevölkerung durch Unterbringung von gefährlichen Straftätern.“ Der CDU-Politiker äußerte Verständnis für die öffentliche Unruhe, die das Urteil aus Straßburg ausgelöst hat, wonach bestimmte Schwerstkriminelle auf freien Fuß gesetzt werden müssen: „Eine gehäufte und, was noch wichtiger ist, eine unvorbereitete Freilassung von Extrem-Straftätern, löst Besorgnis aus.“
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte es für menschenrechtswidrig erklärt, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung, die bis 1998 nur für die Dauer von zehn Jahren verhängt werden konnte, für einige Straftäter im Nachhinein verlängert worden war. FDP und Union streiten nun über eine Neuregelung der Sicherungsverwahrung insgesamt und über den Umgang mit den Tätern, die aufgrund des Urteils entlassen werden müssen. Berichten zufolge befinden sich infolge des Straßburger Urteils bereits 16 Schwerverbrecher auf freiem Fuß, 84 weitere müssten noch in diesem Jahr entlassen werden.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der Wochenzeitung „Die Zeit„: „Auch mir ist klar, dass die elektronische Fußfessel kein Allheilmittel ist.“ Dies sei lediglich eine Möglichkeit, „den Aufwand der Polizei bei der Überwachung Entlassener zu reduzieren“. Die FDP-Politikerin bekräftigte ihren Widerstand gegen eine nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung. Das habe sich in der Praxis als problematisch erwiesen. „Ich sehe sie auch rechtsstaatlich kritisch“, sagte sie.
Die FDP-Politikerin sieht Versäumnisse der Länder bei freigelassenen Tätern aus der Sicherungsverwahrung. Nach ihrem Eindruck seien die Vorbereitungen in vielen Bundesländern nicht „so koordiniert getroffen worden, wie das nötig gewesen wäre“, sagte sie. „Spätestens seit Mai war doch absehbar, was auf uns zukommt.“ Das sei ein Grund dafür, „dass die Länder jetzt mit zahlreichen Problemen in der Praxis zu kämpfen haben – es fehlt an Unterbringungsmöglichkeiten, da für die Entlassenen häufig keine Wohnung zu finden ist. Die Polizei wird teils sehr kurzfristig mit den Fällen konfrontiert, denn derzeit können die Entlassenen nicht einem bestimmten Ort zugewiesen werden“.