Das Krisentreffen im Justizministerium lässt die nachträgliche Sicherungsverwahrung für entlassene Verbrecher weiter ungeklärt.
Berlin. Im Streit über die nachträgliche Sicherungsverwahrung gehen die Meinungen zwischen Union und FDP auch nach einem Bund-Länder-Treffen am Freitag in Berlin weiterhin auseinander. Die Staatssekretäre der Justizministerien erzielten keine Einigung über die Frage, ob aus der Sicherungsverwahrung entlassene Gewalttäter in Spezialeinrichtungen untergebracht werden sollen. Das CDU-geführte Innenministerium hingegen strebt eine solche Sicherungsunterbringung an. "Wir bleiben bei dem Vorschlag. Wir finden ihn gut", sagte ein Sprecher.
Das Recht auf Freiheit gilt auch für Straftäter
Nach dem Treffen im Bundesjustizministerium erklärte dessen Staatssekretärin Birgit Grundmann jedoch, die "große Mehrheit der Länder" habe ihr Ministerium in der Auffassung bestätigt, dass der Bundesgesetzgeber dafür keinerlei zusätzliche Regelungsmöglichkeiten habe. Einer neuen bundesweiten Form der Unterbringung , die auch die Altfälle erfassen soll, würden die strikten Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention entgegenstehen, sagte Grundmann.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die nachträgliche Sicherungsverwahrung in Deutschland als Verstoß gegen die Menschenrechte gewertet. Bis zu 100 Gewalttäter müssen deswegen vermutlich aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden. Bundesweit sind bereits 15 auf freiem Fuß. Das Bundesinnenministerium wies die Darstellung des Justizministeriums scharf zurück. Thomas de Maizière hatte sich für eine "neue Form der Unterbringung" ausgesprochen. Nötig sei ein Ort, an dem diese Täter nach ihrer Haftentlassung leben könnten und "weggeschlossen" blieben.
Eigentlich sollten die Ergebnisse des Bund-Länder-Treffens wohl in einer gemeinsamen Erklärung von Innen- und Justizministerium münden. Dazu kam es aber nicht. Teilnehmer berichteten, bei dem Treffen sei es phasenweise zu heftigen Debatten gekommen. Grundmann sprach von einer "sachlichen und konstruktiven Atmosphäre". Es sei diskutiert worden, wie der Schutz der Bevölkerung bestmöglich gesichert werden könne. Dazu gehöre auch die Überwachung entlassener Sicherungsverwahrter mit einer elektronischen Fußfessel als zusätzliche Vorkehrung im Rahmen der Führungsaufsicht. Sie habe die Länder gebeten, ihrem Ministerium weitere Vorschläge zur Optimierung der Führungsaufsicht zu unterbreiten.
Nach Einschätzung der Deutschen Kinderhilfe und der Gewerkschaft der Polizei bietet eine elektronische Fußfessel keinen ausreichenden Schutz. Sie könne nur begrenzt der Überwachung dienen, verhindere aber beispielsweise bei Sexualtätern nicht die Kontaktaufnahme mit möglichen Opfern, erklärten die beiden Verbände. Für die Überwachung eines entlassenen Mannes sind etwa 20 Polizisten nötig.