Verteidigungsminister Guttenberg hat die Truppen in Afghanistan überraschend besucht. Dabei stärkte er ihnen demonstrativ den Rücken.
Es ist eine schwierige Mission für Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, auf der er sich zurzeit in Afghanistan befindet. Nach dem Tod von drei Bundeswehrsoldaten in Kundus ist er zu einem Truppenbesuch im Norden des Landes eingetroffen, während in Deutschland eine Debatte um den Einsatz tobt. Am Ehrenhain für die Gefallenen im Feldlager in Kundus enthüllte er die Tafeln mit den Namen der drei Toten vom Karfreitag. Er bedankte sich bei den Bundeswehr-Soldaten für ihren Einsatz. „Wir sind auf Ihre Kraft und Ihre Stärke hier angewiesen“, sagte Guttenberg.
Der deutsche Verteidigungsminister stärkte den deutschen Soldaten demonstrativ den Rücken. „Mir ist wichtig, den Soldatinnen und Soldaten vor Ort zum einen deutlich zu machen, dass die politische Spitze hinter ihnen steht“, sagte Guttenberg. Zum anderen gehe es darum, der deutschen Öffentlichkeit klar zu machen, was der Einsatz in Afghanistan bedeute. Wichtig sei, „dass man den Soldaten vor Ort nicht vergisst, sondern dass man ihm Unterstützung gibt“.
Bei seinem aus Sicherheitsgründen zuvor nicht angekündigten Besuch wollte Guttenberg sich an den Bundeswehrstandorten in Nordafghanistan über die Lage nach dem jüngsten schweren Angriff der Taliban auf die deutschen Truppen informieren. Der Minister sagte, man müsse auch prüfen, was es an Verbesserungsmöglichkeiten bei der Ausrüstung gebe. „Das muss man vor Ort erfahren.“
Die Kämpfe vom Karfreitag hatten eine hitzige Debatte über Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr ausgelöst. Die vom designierten Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus geforderte Entsendung von „Leopard 2“-Kampfpanzern lehnte Guttenberg bereits ab, weil die schweren Fahrzeuge für das Gelände um Kundus nicht geeignet seien. Die Stationierung von ein oder zwei „Panzerhaubitzen 2000“ scheint dagegen möglich. Guttenberg will sich bei der Entscheidung auf den Rat der Militärs verlassen. Die Panzerhaubitze ist ein schweres Artilleriegeschütz, das vom Feldlager aus Ziele in einem Umkreis von 40 Kilometern relativ genau treffen könnte.
Doch nicht nur die Ausrüstung, sondern der Einsatz insgesamt wird immer mehr in Frage gestellt. Nach dem Karfreitag-Angriff wünschen sich nach einer Umfrage immer mehr Bundesbürger einen Abzug der deutschen Truppen vom Hindukusch. 62 Prozent und damit so viele wie noch nie zuvor bei einer Forsa-Umfrage plädierten für den Rückzug.
SPD-Forderungen nach einem neuen Bundestags-Mandat für den Einsatz in Afghanistan wies Guttenberg zurück. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte in der „Frankfurter Rundschau“ (Dienstag) gefordert, wenn die Bundesregierung den Einsatz für einen „Krieg“ halte, müsse sie ein neues Mandat beantragen. „Das Mandat ist auf die Realitäten entsprechend ausgerichtet“, sagte Guttenberg. „Das weiß auch der Vorsitzende der SPD.“ Der Minister hatte nach den schweren Gefechten vom Karfreitag von einem Krieg gesprochen.
Zur Entsendung amerikanischer Soldaten in den deutschen Verantwortungsbereich in Nordafghanistan sagte der Minister:„Wir sind in einem Bündnis, und es ist etwas vollkommen Normales, dass in einem Bündnis unterschiedliche Bündnispartner Verantwortung übernehmen.“ Deutschland habe die Verantwortung für den Norden. „Das ist von den Amerikanern vollkommen akzeptiert.“
Die USA wollen nach Angaben der Internationalen Schutztruppe ISAF bis zu 4500 Soldaten nach Nordafghanistan entsenden, die unter Bundeswehr-Befehl stehen sollen. Guttenberg sagte: „Wir freuen uns, dass wir die Amerikaner an unserer Seite haben. Sie schließen auch Fähigkeitslücken, die wir hier oben haben.“ Der Minister spielte darauf an, dass die US-Truppen mehr als 20 Helikopter nach Nordafghanistan schicken wollen, darunter auch Kampfhubschrauber.
Der Kommandeur der Nato-geführten ISAF, US-General Stanley McChrystal, wird Anfang kommender Woche in Berlin erwartet. Er will bei seinem Deutschland-Besuch laut einem Zeitungsbericht für eine gezieltere Kampfausbildung der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan werben. McChrystal erwarte „einen wichtigen Beitrag“ der Bundeswehr-Truppen bei der für den Sommer anstehenden Großoffensive US-amerikanischer Einheiten zusammen mit Nato-Truppen und der afghanischen Armee gegen die Taliban, berichtet die „Leipziger Volkszeitung“ (Mittwochsausgabe) weiter. Dazu soll demnach auch eine minimale eigene Sprachfähigkeit der Soldaten gehören. Außerdem sollten die Truppführer über Barmittel zur Unterstützung lokaler Wiederaufbau-Projekte verfügen können.