Winsen. Weil das Leben bezahlbarer ist, ziehen viele Hamburger Familien ins Umland. Kreisstadt will die Kosten für Eltern trotzdem erhöhen.

  • Günstigere Immobilien, weniger Steuern: Für Familien mit Kindern ist das Hamburger Umland inzwischen zur beliebten Alternative geworden.
  • Die Kommunen im Landkreis Harburg wissen um diese Entwicklung und richten sich entsprechend aus.
  • Die Stadt Winsen hat ungeachtet dessen eine unangenehme Entscheidung getroffen.

„Als Bürgermeister wird man fast depressiv, wenn man alle paar Tage über die schwierige finanzielle Lage berichten muss.“ Klare Worte fand André Wiese im Ausschuss für Schulen und Kindergärten der Stadt Winsen. In diesen Wochen ist der Haushaltsentwurf 2025 das beherrschende Thema.

„Aktuell ist der Entwurf nicht genehmigungsfähig, irgendwas muss noch passieren“, so Bürgermeister Wiese. „Wenn wir noch streichen müssen, würde es den Bereich Schulen und Kindergärten wohl besonders treffen. Rechtlich gesehen sind das freiwillige Leistungen.“

Erhöhung der Kita-Gebühren in Winsen: Was das konkret für Eltern bedeutet

Die Stadt Winsen unterhält 23 Kindertagesstätten und investiert Jahr für Jahr Millionenbeträge für Neubau, Ausbau und Unterhaltung. Für die Kinder-Betreuung sind verschiedene Träger verantwortlich, zum Beispiel DRK, Kirchenverband, Lebenshilfe, Elbkinder oder Vereine.

Die Stadtverwaltung möchte die Elternbeiträge für Kita-Betreuung erhöhen, um dem hohen Kostenaufwand etwas höhere Einnahmen entgegenstellen zu können. Zumal auch die Zuschüsse vom Land Niedersachsen nicht in dem Maße fließen wie zugesagt, hieß es.

Die Kita-Betreuung in Elementargruppen ist in Winsen kostenfrei. Beteiligt werden Eltern nur, wenn ihre Kinder länger als acht Stunden pro Tag in der Kita sind (Symbolbild).
Die Kita-Betreuung in Elementargruppen ist in Winsen kostenfrei. Beteiligt werden Eltern nur, wenn ihre Kinder länger als acht Stunden pro Tag in der Kita sind (Symbolbild). © Getty Images/iStockphoto | vgajic

Für Eltern in anderen Bundesländern mag die Erhebung von Elternbeiträgen ungewöhnlich klingen. In Niedersachsen allerdings – und damit auch im Landkreis Harburg – werden Gebühren für den Krippenbereich (erstes bis drittes Lebensjahr) erhoben. Wer sein Kind in Elementargruppen (drittes Lebensjahr bis Einschulung) betreuen lässt, zahlt nur dann, wenn die tägliche Betreuungszeit acht Stunden übertrifft. Horte sind vielerorts zugunsten von Ganztagsschulen weggefallen.

Stadt Winsen: Die letzte Anpassung der Kita-Gebühren liegt sechs Jahre zurück

Zuletzt 2018 hatte die Stadt Winsen ihre Entgelt- und Benutzungsordnung angepasst. Vor diesem Hintergrund bewegt sich die vorgeschlagene Erhöhung im moderaten Bereich. Sie soll Eltern nur beteiligen, nicht etwa die vollen Kosten umlegen. „Da eine solche Anpassung neben der haushalterischen Notwendigkeit auch die wirtschaftliche Situation sowie soziale Aspekte einbeziehen sollte, wird lediglich eine zehnprozentige Steigerung vorgesehen“, heißt es in der Vorlage.

Landkreis Harburg: So unterschiedlich sind die Elternbeiträge der Kommunen

Was bedeutet das nun konkret für Eltern? Wie viel müssten sie ab August 2025 pro Monat für die Betreuung ihrer ein- bis dreijährigen Kinder zahlen?

Beispiel 1: Eine alleinerziehende Person mit einem Kind und einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2000 Euro würde in Winsen für achtstündige Krippen-Betreuung 139 Euro monatlich zahlen. Beim Blick auf andere Kommunen im Landkreis Harburg ist nur Rosengarten (100 Euro) günstiger. Im aktuellen Beispiel wäre Kita-Betreuung in Salzhausen (305 Euro), Tostedt (288 Euro) und Hollenstedt (263 Euro) am teuersten.

Beispiel 2: Eine Einkommensgemeinschaft mit zwei Personen, einem Kind und einem monatlichen Bruttoeinkommen von 4000 Euro würde in Winsen für achtstündige Krippen-Betreuung 274 Euro monatlich zahlen. Erneut ist nur Rosengarten (248 Euro) günstiger als Winsen. Im aktuellen Beispiel wäre Kita-Betreuung in Salzhausen (479 Euro), Tostedt (460 Euro) und Buchholz (400 Euro) am teuersten.

Beispiel 3: Eine Einkommensgemeinschaft mit zwei Personen, zwei Kindern und einem monatlichen Bruttoeinkommen von 7000 Euro würde in Winsen für achtstündige Krippen-Betreuung 409 Euro monatlich zahlen. In dieser Konstellation sind Neu Wulmstorf (396 Euro) und Seevetal (324 Euro) günstiger als Winsen. Am teuersten wäre Kita-Betreuung in Buchholz (680 Euro), Salzhausen (654 Euro) und Tostedt (576 Euro).

Im niedrigen Einkommensbereich gewährt der Landkreis Harburg Zuschüsse

Alle Beispiele zeigen, dass die Stadt Winsen trotz der geplanten Erhöhung beim Vergleich mit anderen Landkreis-Kommunen im unteren Viertel liegt. Im niedrigen Einkommensbereich gewährt der Landkreis Harburg auch Zuschüsse an betroffene Eltern. Diese decken offenbar ein großes Spektrum ab, sodass die Härtefallregelung der Stadt Winsen selten zur Anwendung kommt.

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Weitere wichtige Änderung ist die Erhöhung der Einkommensgrenzen. Die bisherige Entgeltordnung sah ein Höchsteinkommen von mehr als 6800 Euro brutto in der höchsten Stufe vor. Wie die Stadtverwaltung bei einer stichprobenartigen Überprüfung festgestellt hat, sei ein sehr hoher Anteil der Entgeltzahler in dieser Höchststufe eingruppiert. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Einkommenssteigerung ist in der neuen Entgeltordnung ein Höchsteinkommen von mindestens 8800 Euro brutto in der höchsten Stufe vorgesehen.

Belastung für Eltern in Winsen steigt: Wie viel Mehreinnahmen das für die Stadt ergibt

Abgesehen vom Prüfauftrag an die Verwaltung, die eine alternative Variante mit kleineren Änderungen durchrechnen möge, konnten sich die Ausschussmitglieder einstimmig mit der Neugestaltung anfreunden. Auch aus der Elternschaft war in der Sitzung kein Gegenwind zu vernehmen. Nächste Station ist der Finanzausschuss (28. November), die endgültige Entscheidung fällt im Verwaltungsausschuss (5. Dezember).

Gibt es überall grünes Licht, ergäben sich für den städtischen Haushalt Mehreinnahmen von 130.000 bis 150.000 Euro pro Jahr. „Weil die Einführung zum 1. Januar einen zu kurzen Vorlauf bedeuten würde, schlagen wir den 1. August 2025 vor“, sagte Bürgermeister André Wiese. Mit der späteren Gebührenerhöhung reduzieren sich die Mehreinnahmen für den Stadt-Haushalt im kommenden Jahr auf voraussichtlich etwa 62.500 Euro.